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Kamikazedrohnen: Tests
(3. November 2025)Kürzlich wurde berichtet, das Verteidigungsministerium plane die Beschaffung von 12.000 Kamikazedrohnen im Wert von 900 Mio. Euro, die in gleichen Teilen an die Firmen Stark (Virtus), Helsing (HX-2) und Rheinmetall (FV-014) gehen sollten (siehe IMI-Aktuell 2025/597). Nun meldete sich Verteidigungsminister Boris Pistorius zu Wort und betonte, entschieden sei noch nichts, es sollten „nur“ bis Ende des Jahres Kamikazedrohnen der drei Unternehmen getestet werden, wie Augengeradeaus berichtet. Womöglich wurde hier auch noch einmal die Notbremse kurz vor dem nächsten peinlichen Beschaffungsprojekt gezogen, von denen es derzeit ja mehr als genug gibt (siehe IMI-Analyse 2025/31). Denn die Financial Times, die zuvor als erstes über die Beschaffungspläne berichtet hatte, veröffentlichte dann einen Beitrag, demzufolge die Stark-Drohne Virtus bei Tests extrem schlecht abgeschnitten habe: „Attack drones produced by Berlin-based Stark failed to hit a single target during four attempts at two separate exercises this month with the British army in Kenya and the German army near the town of Munster, in Lower Saxony, according to four people familiar with the trials.“ (jw)
Konversionsstop vs. Wohnraum
(31. Oktober 2025)Der SWR nennt in einem Bericht einige Beispiele aus Baden-Württemberg, wo der Konversionsstop den Bau dringen benötigter neuer Wohnungen bedroht:
„In der Stadt Heidelberg sorgt diese Entscheidung für wenig Begeisterung. ‚Die Nachricht hat uns natürlich hart erwischt‘, erklärte Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) dem SWR. Eigentlich will die Stadt auf dem rund 100 Hektar großen Patrick-Henry-Village (PHV) Wohnraum für über 10.000 Menschen schaffen… Der Umwandlungsstopp könnte auch für Ellwangen (Ostalbkreis) Folgen haben. Die Stadt plant auf dem Gelände der ehemaligen Reinhardt-Kaserne die Entwicklung eines neuen Stadtteils. Dort soll in den kommenden Jahren Wohnraum für bis zu 1.800 Menschen entstehen.“
Es wird auch darauf eingegangen, dass für militärische Bauvorhaben jegliche landesrechtliche Regulierung aufgehoben würde – und die Forderung zitiert, das auch für den Wohnungsbau so handzuhaben:
„‚Was bei der Bundeswehr geht, muss auch im Wohnungsbau gehen‘, fordert dazu der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag, Friedrich Haag. Gerade in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt sei es richtig, Bauprojekte, die dringend benötigten Wohnraum schaffen, ‚von überzogenen landesrechtlichen Vorschriften zu befreien‘, so Haag.“
Marshal Power: Eigenbericht
(31. Oktober 2025)Während der Übung Marshal Power kam es zu einem Schusswechsel zwischen der Polizei, die von Anwohner*innen alarmiert wurde, und der Bundeswehr, die dort die Auseinandersetzung mit irregulären, feindlichen Kräften beübt hat. Angeblich dient das unserer Sicherheit. Die Süddeutsche Zeitung vom 24.10.2025 dokumentierte allerdings im Regionalteil was das für Verunsicherung unter den Anwohnenden angerichtet hat:
„Sie habe gerade im Garten gearbeitet, als sie mehrere Schüsse hörte, wie sie erzählt. Dann seien auf einmal Polizisten ‚im Laufschritt’“‘ vorbeigekommen. Ihr wurde zugerufen: ‚Geht’s rein, geht’s rein!‘ Da habe sie schnell ihre beiden Kinder, acht und zehn Jahre alt, ins Haus gebracht… ‚Die Kinder waren sehr aufgeregt‘ … Nur ein paar Meter von Kutschkas Haus entfernt befinden sich die Semptsporthalle mit dem Fußballtrainingsplatz der Spielvereinigung Altenerding und das Jugendzentrum Altenerding. ‚Mein Sohn war im Jugendzentrum und hat die Schüsse gehört. Er ist sofort heimgeradelt’… Da alle Zufahrten abgesperrt waren, konnten die Eltern auch ihre Kinder nicht abholen…. ‚Da standen sie: mit Westen, Langwaffen und Helmen.'“
Vor diesem Hintergrund wirkt der Eigenbericht der Bundeswehr über einen anderen Teil der Übung geradezu skurril – Titel: „Hand in Hand: Feldjäger, Feuerwehr und Rettungsdienst bei Marshal Power 2025“. Beübt wurde ein Unglück mit einem Bus, der Zivilisten von der Front wegbringen sollte – die Feldjäger sind als erstes vor Ort, sichern die Unfallstelle ab und Koordinieren die Versorgung. Laut Eigenbericht war die Übung wichtig und ein voller Erfolg – beim Training für den Bundeswehreinsatz im Innern:
„Gewahrsamsaufgaben, Tatortarbeit, Erhebung und Ermittlung wurden ebenfalls beübt, denn im Falle der Landes- und Bündnisverteidigung übernehmen die Kameradinnen und Kameraden ihre polizeilichen Aufgaben und leisten damit einen elementaren Beitrag zum Schutz der Funktions- und Durchhaltefähigkeit der Streitkräfte.“
BW: 12.000 Kamikazedrohnen
(31. Oktober 2025)Die Bundeswehr will für etwa 900 Mio Euro 12.000 Kamikazedrohnen beschaffen, meldet die Financial Times. Im einzelnen werden für je 300 Mio. Euro Drohnen (aka Loitering Ammunition) der Startups Stark (Virtus) und Helsing (HX-2) sowie des etablierten Rüstungsgiganten Rheinmetall (FV-014) angeschafft. Zuerst soll die Bundeswehr-Briagde in Litauen mit den neuen Waffensystemen ausgestattet werden. Darüber hinaus soll ein großer Teil der gekauften Waffen zunächst bei den Herstellern verbleiben, um ständig auf dem neuesten technischen Stand gehalten zu werden. Das kann denen ganz recht sein, weil man so beständig das Überwinden bestehender Unzulänglichkeiten in Aussicht stellen kann – was die KI-gestützten Waffensysteme tatsächlich können, ist nämlich weitgehend unklar bzw. umstritten.
Das ZDF, das zuletzt geradezu Kampagnenartig für den Aufbau eines Drohnenwalls und die Anschaffung von Kamikazedrohnen geworben hatte (s. IMI-Aktuell 2025/527), hatte im September eine sehr grobe „Infografik“ zur generellen Funktionsweise solcher Kamikazedrohnen veröffentlicht. Eigentlich schockierend, wie beiläufig hier darüber berichtet wird, dass eine KI wohl die Entscheidung über den Einsatz von Waffengewalt übernimmt bzw. übernehmen kann: „Dieser Waffentyp kreist länger über einem vorgegebenen Gebiet und kann dort selbstständig oder nach Anweisung Ziele auswählen und zerstören“.
Russland: Stückpreise
(31. Oktober 2025)Eine „interessante“ Auflistung findet sich beim Fachportal hartpunkt.de. Dort werden unter Verweis auf die ukrainische Militärfachportal „Militarnyi“, das sich wiederum auf vorliegende Beschaffungsdokumente beruft, aktuelle Stückpreise für russische Marschflugkörper angegeben: 9M728 Iskander-K ($1,5 Mio.); 9M729 ($1,4 bis 1,8 Mio.); 3M14 Kalibr ($2 Mio.); 3M-14S ($2 bis 2,3 Mio.); Kh-101 ($2 bis 2,4 Mio.); 9M723 Iskander-M ($2,4 bis 3 Mio.); 9-S-7760 Kinzhal ($4,5 Mio. US-Dollar); 3M22 Zircon ($5,2 bis 5,6 Mio.).
Schwer zu sagen, wie verlässlich diese Zahlen sind, wie auch hartpunkt.de einräumt. Treffen sie zu zeigen sie jedoch, dass auch Russland seine Rüstungsgüter trotz der Versuche, durch Berechnungen unter Berücksichtigung militärischer Kaufkraftparität den Verteidigungshaushalt hochzurechnen, seine Rüstungsgüter auch nicht nachgeschmissen bekommt.
Politico: Beschaffungshighlights
(30. Oktober 2025)Kürzlich berichtete Politico über eine „Beschaffungsliste“ mit anvisierten Projekten im Umfang von 377 Mrd. Euro, aus der u.a. die Absicht hervorgeht 400 Tomahawk-Marschflugkörper zu bestellen (siehe IMI-Aktuell 2025/593). Weitere „interessante“ Vorhaben sind u.a. die geplante Anschaffung von 14 Luftverteidigungssystemen IRIS-T nebst Munition, mit Gesamtkosten von rund 4,2 Mrd. Euro. Besonders heikel ist die geplante Anschaffung von 687 Puma, der sich bislang primär als spektakulärer Pannenpanzer einen Namen gemacht hat (siehe IMI-Analyse 2023/02). Dennoch soll jetzt der Bestand von aktuell 400 auf deutlich über 1.000 erhöht werden. Kostenpunkt: 14 Mrd. Euro! Bemerkenswert an der Politico-Liste ist zudem der hohe Anteil, den sich Rheinmetall einstreicht sowie der mit unter 5 Prozent geringe Anteil an Geldern, die in die USA fließen sollen. (jw)
D-LBO: In Geld gegossenes Scheitern
(29. Oktober 2025)Schon Ende September wurden neue Probleme bei der Digitalisierung der Bundeswehr („Digitalisierung Landbasierter Operationen“, D-LBO) bekannt, deren Herzstück neue Funkgeräte sind (siehe IMI-Aktuell 2025/543). Beschwichtigungsversuche des Verteidigungsministeriums kritisiert nun ein neuer Beitrag in der Welt: „WELT AM SONNTAG liegen jetzt rund ein Dutzend bislang unter Verschluss gehaltene Akten aus dem Ministerium und der Truppe vor, die belegen: Die Pistorius-Leute verschleiern die Lage. Das Projekt läuft nicht planmäßig, Verzögerungen sind bereits eingetreten, die ohnehin katastrophal geringe Einsatzbereitschaft der Landstreitkräfte wird weiter eingeschränkt. Die vom Minister angeblich im September angewiesenen Maßnahmen wurden bereits im Mai entwickelt. […] Damit, so sagt es ein Beamter, werde die Zeitenwende mit ihren unbegrenzten Finanzmitteln für die Aufrüstung der Bundeswehr auch ein klares Ergebnis produzieren: „In Geld gegossenes Scheitern.“ (jw)
Liegenschaften: Rückabwicklung (III)
(29. Oktober 2025)Die ARD hat inzwischen die Liste mit den 187 Liegenschaften, die wieder für eine exklusive Nutzung durch die Bundeswehr zurückgewidmet werden sollen, veröffentlicht. Einen Überblick über die wichtigsten Standorte in Baden-Württemberg findet sich beim SWR. (jw)
Russland: Verluste vs. Produktion
(29. Oktober 2025)Vielfach wurde darauf hingewiesen, dass selbst die europäischen NATO-Staaten Russland bereits heute deutlich überlegen sind (siehe IMI-Studie 2025/1b). Hinzu kommt, dass Russland einem Artikel der Europäischen Sicherheit und Technik zufolge, seine materiellen Verluste in der Ukraine kaum ausgleichen zu können scheint. Bemerkenswert ist zudem noch, dass die Produktionsraten perspektivisch durch das Aufbrauchen der aufbereiteten früheren Sowjetbestände deutlich sinken dürften. Nichts deutet also darauf hin, dass die derzeitige erdrückende westliche militärische Überlegenheit abnehmen könnte, eine Behauptung, die ja als Rechtfertigung für die massiven Erhöhungen der Militärhaushalte herhalten muss: „Laut Oryx verloren [sic] Russland bis August 2025 3.740 Kampfpanzer, 5.459 Schützenpanzer, 615 gepanzerte Mannschaftstransportwagen und 2.300 Artilleriesysteme. […] Diese Zahlen erfassen nur verifizierte Ausfälle, die tatsächlichen Werten liegen wahrscheinlich höher. […] Materialverluste werden zu etwa 80 Prozent mit aufbereitetem Altgerät aus sowjetischen Depotbeständen und zu etwa 20 Prozent durch Neuproduktionen ersetzt. Die jährliche Fertigung umfasst etwa 1.500 Kampfpanzer und 3.000 gepanzerte Gefechtsfahrzeuge unterschiedlicher Typen. […] Mit dem Aufbrauchen der alten Sowjetbestände an Großgerät werden auch die jährlichen Produktionsraten sinken. Schätzungen zufolge auf nur noch 200 Kampfpanzer jährlich. […] Nach derzeitiger Bewertung wird Russland mittelfristig nicht in der Lage sein einen groß angelegten Angriff gegen die NATO zu führen.“
Bemerkenswerterweise gelangt der Beitrag im Anschluss daran dennoch zu der Einschätzung, Russland könne sich trotzdem zu einem Angriff auf ein NATO-Land entschließen: „Das erwartbare Fähigkeitsprofil schließt aber regional begrenzte militärische Handlungen gegen ein oder mehrere NATO-Länder auch in der näheren Zukunft nicht aus. […] Um sein strategisches Ziel, eine Veränderung der Sicherheitsordnung in Europa zu erreichen, wird Russland jedes „Fenster der Möglichkeit“ nutzen militärisch zuzuschlagen.“ (jw)
Bundeswehr zeigt Schüler wegen Meme an!
(28. Oktober 2025)Wie der Nachrichtenblog jugend.info berichtet, wurde ein Schüler des Angell-Gymnasiums in Freiburg von der Bundeswehr wegen „Beleidigung“ angezeigt. Gegen den Schüler Namens Bentik, wird wegen des Posten eines Memes über den Jugendoffiziersbesuch an seiner Schule ermittelt. Das auf Instagram gepostete Meme stellt einen Jugendoffizier dar, der mit einem Gewehr vor einer Schulklasse steht, im Hintergrund befindet sich auf einem Bildschirm das Motto des Vortrags, welchen der Jugendoffizier vor der Klasse gehalten hat („Demokratie verteidigen – aber wie?“), sowie eine Pointe im Sinne eines vermeintlichen Zitats des Offiziers, welches heißt: „Also Kinder, wer von euch würde gerne an der Ostfront sterben?“. Vor dem Besuch des Offiziers gründete Bentik eine Zeitung, in welcher zum Protest gegen den Besuch aufgerufen wurde. Die Unterstützer*innengruppe (kein_verfahren_fuer_bentik) schreibt auf ihrem Instagramkanal folgendes: Nach dem Besuch des Jugendoffiziers, sowie dem Posten des Memes drohte die Schulleitung mit einem Schulverweis und versuchte ihn durch unangekündigte Gespräche einzuschüchtern. Schließlich folgten die Vorladung bei der Polizei und die Einleitung eines Strafverfahrens wegen „Beleidigung“. Durch Akteneinsicht konnte in Erfahrung gebracht werden, dass der Schuldirektor personenbezogene Daten an die Bundeswehr weitergeleitet hat und die Eltern des betroffenen Schülers zu Zeug*innenaussagen geladen wurden. Ebenfalls wurde ersichtlich, dass die Bundeswehr bereits Wochen im Vorraus die Abteilung für „Militärische Sicherheit“ eingeschaltet hat, um besser einschätzen zu können wie mit derartigen Störaktionen umgegangen werden solle und ob sich ein Besuch an dieser Schule überhaupt noch lohne. (rs)
