IMI-Aktuell 2023/638

Tunesien: doch kein Deal?

von: 4. Oktober 2023

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Der Deal, in wessen Rahmen die EU dem nahezu bankrotten Tunesien im Gegenzug für eine verstärkte Migrationsabwehr finanziell unter die Arme greifen würde, droht zu scheitern. Letzte Woche verschob die Regierung des amtierenden Populisten Kais Saied kurzfristig ein Treffen mit einer Delegation der Europäischen Kommission und verweigerte der Delegation defacto die Einreise.

Mitte September lehnte er schon eine Delegation des EU-Parlaments ab, die sich über die Verhältnisse im Land bezüglich der Rechtsstaatlichkeit informieren wollte. Saied wird nachgesagt immer autoritärer zu werden. Erst gestern verhaftete er eine seiner größten politischen Konkurrentinnen. Insgesamt sitzen wohl 20 rivalisierende Spitzenpolitiker*innen wegen fadenscheinigen Gründen ein. Saied setzte zuerst 2021 die Verfassung außer Kraft, löste das Parlament auf und regierte im Ausnahmezustand, bis er dann die Verfassung änderte, und seiner Position als Präsident mehr Rechte einräumte. Grund zur Sorge bezüglich Autoritarismus gibt es also allemal. Kein Grund für die EU, ihre Interesse, die Reise der Migrant*innen nach Europa zu erschweren, nicht vorne an zu stellen.

Doch Saied stellt sich erstmal quer, bzw. will wahrscheinlich mehr aushandeln. Kürzlich stellte die EU die ersten 127 Millionen Euro die für die Migrationsbekämpfung gedacht sind frei. Insgesamt soll eine Milliarde zur Verfügung gestellt werden (wohl größtenteils als Kredite und Sicherheiten) um die Liquidität des Nachbarlands zu erhalten, das sich nicht an die Liberalisierungsvorschriften des Internationalen Währungsfonds halten will.

Wie die Zeit schreibt, geschehe die Ablehnung des Geldes „’nicht wegen des lächerlichen Betrags‘, sondern weil der Vorschlag der EU-Kommission nicht dem in Tunis unterzeichneten Abkommen und ‚dem Geist‘ des Migrationsgipfels in Rom entspreche.“ Welche inhaltlichen Divergenzen vom ursprünglichen Plan existieren, wurde jedoch nicht spezifiziert.