Vorbemerkung: Heute wurde von zwei Organisationen bei der Tübinger Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen einen leitenden Mitarbeiter und deutschen Staatsangehörigen des deutsch-schweizerischen Holzhandelsunternehmens Danzer Group wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen im Kongo eingereicht.
Wir dokumentieren im Folgenden die Pressemitteilung und wollen darauf hinweisen, dass heue Abend, Donnerstag den 25. April, um 20h im Tübinger Schlatterhaus (Österbergstr. 2) eine Podiumsdiskussion u.a. mit Vertretern der beiden Gruppen, die nun Strafanzeige eingereicht haben, zu diesem Thema stattfinden wird.
PRESSEMITTEILUNG
Strafanzeige gegen leitenden Mitarbeiter der Danzer Group wegen Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo
25. April 2013 – Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat heute gemeinsam mit der britischen Menschenrechtsorganisation Global Witness Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Tübingen gegen einen leitenden Mitarbeiter und deutschen Staatsangehörigen des deutsch-schweizerischen Holzhandelsunternehmens Danzer Group wegen Beihilfe zur Vergewaltigung, gefährlichen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Brandstiftung, jeweils durch Unterlassen, eingereicht. Dem Angezeigten wird vorgeworfen, es pflichtwidrig unterlassen zu haben, Verbrechen durch kongolesische Sicherheitskräfte am 2. Mai 2011 in der Demokratischen Republik zu verhindern.
Am frühen Morgen des 2. Mai 2011 überfiel ein Einsatzkommando von Sicherheitskräften ein Dorf im Norden der Demokratischen Republik Kongo. Die Polizei- und Militärkräfte misshandelten und vergewaltigten Bewohner und Bewohnerinnen des Dorfes und nahmen 16 Personen fest. Dabei nutzen die Sicherheitskräfte Fahrzeuge des Holzunternehmens Siforco S.A.R.L. – eines Tochterunternehmens der deutsch-schweizerischen Danzer Group. Das Unternehmen stellte nicht nur Fahrzeuge und Fahrer zur Verfügung, sondern bezahlte Einsatzkräfte für ihren Einsatz. Dem Vorfall war ein Konflikt zwischen den Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern und Siforco vorausgegangen, weil das Unternehmen nach Ansicht der Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner, seinen vertraglichen Verpflichtungen, Sozialprojekte in den Regionen zu realisieren, nicht nachgekommen war.
„Der Fall ist schockierend, aber kein Einzelfall. Holzunternehmen, die in Regionen wie der Demokratischen Republik Kongo agieren, ziehen oft lokale Sicherheitskräfte zur Lösung von Konflikten hinzu. Das Risiko, dass hierbei schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten begangen werden ist bekannt. Unternehmen müssen dieses Risiko in Betracht ziehen und alles dafür tun, die Zivilbevölkerung vor solchen Übergriffen zu schützen, so Reiner Tegtmeyer von Global Witness.
In Deutschland gibt es kein Unternehmensstrafrecht, jedoch können Mitarbeitern von Unternehmen sich durch Tun oder Unterlassen strafbar machen. Das deutsche Strafrecht sieht eine Pflicht für hochrangige Manager zur Verhinderung von betriebsbezogenen Straftaten nachgeordneter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Dem Angezeigten wird vorgeworfen, dass er seine betrieblichen Sorgfaltspflichten verletzt hat. Er hätte als Mitglied des Verwaltungsrates und Verantwortlicher für das Afrika-Geschäft der Danzer Group konkrete Anweisungen an die Mitarbeiter der Siforco in Konfliktfällen geben müssen.
„Es ist unerlässlich, dass die Rolle des Managements des europäischen Mutterunternehmens Danzer Group ebenfalls strafrechtlich ermittelt wird.“, so Dr. Miriam Saage-Maaß vom ECCHR. „Die Leitung europäischer Konzerne hat eine rechtliche Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass internationale Standards auch in Staaten wie der DR Kongo eingehalten werden. Dazu gehört auch die Vermeidung sexualisierter Gewalt durch Angehörige der Sicherheitskräfte.“
In einer Stellungnahme vom 9. November 2011 auf der Website der Danzer Group bestreitet Danzer Group und Siforco, Gewalttaten gegen die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner unterstützt zu haben. Die Ereignisse am 2. Mai 2011 seien außerhalb ihrer Kontrolle und ihres Verantwortungsbereiches geschehen. Siforco behauptet, dass sie der Nutzung ihrer Fahrzeuge nicht zugestimmt hätten, wenn sie die Konsequenzen dessen gewusst hätten.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Deutschland:
Dr. Miriam Saage-Maaß, European Center for Constitutional and Human Rights e.V.
Tel: +49 (0)30 – 40 04 85 90; Email: info@ECCHR.eu
Reiner Tegtmeyer, Global Witness
Tel: +44 7503 504 436; Email: rtegtmeyer@globalwitness.org
UK:
Oliver Courtney, Global Witness
Tel: + 44 7912 571 146; Email: ocourtney@globalwitness.org