IMI-Analyse 2006/023 - in: AUSDRUCK (Oktober 2006)

Am Congo gibt’s Alles!

Wie über Wahlen ein Land an die "internationale Gemeinschaft" verscherbelt wird.

von: Christoph Marischka | Veröffentlicht am: 13. Oktober 2006

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Wenn es um die Rohstoffe in der DRC geht, kommt EU-Entwicklungskommissar Louis Michel ins Schwärmen: Das Land sei sehr reich, kreditwürdig sozusagen, dort gäbe es, so Michel: alles! Das Problem der DRC seien nicht die wirtschaftlichen Interessen Europas. Das Problem sei eben das fehlende Interesse ausländischer Investoren. Die Plünderung der Ressourcen würde mittlerweile nur noch durch die inneren Kräfte des Landes erfolgen: „Ich wünsche mir, dass europäische Unternehmen in Ländern wie der DRC investieren, sie haben es nötig.“
Ein solcher Investor ist George Forrest, dessen Vater noch zu Zeiten der belgischen Kolonialherrschaft mit der Ausbeutung kongolesischer Kupferminen ein Firmenimperium schuf, er baue dort Schulen, Krankenhäuser und brächte Arbeit. George Forrest hat 400 Millionen US Dollar in eine Kupfermine in Kamato investiert und – wohl um sicherzugehen, dass sich dieses Geld auch auszahlt – Kabilas Wahlkampf unterstützt. Außerdem wollte er kürzlich im benachbarten Tansania eine Munitionsfabrik bauen, weshalb Michel schnell hinzufügt, er wolle seinen Landsmann damit nicht verteidigen und überhaupt habe er ihn nur drei mal in seinem Leben getroffen.
Dennoch sei es völlig legitim, wirtschaftliche Partnerschaften mit der DRC anzustreben meinte Michel, als er sich im Europäischen Parlament gegen Vorwürfe von Tobias Pflüger verteidigen musste, er habe im Interesse belgischer Unternehmer einseitig Kabila als Kandidaten im Wahlprozess unterstützt. Dafür sei es nötig, den Staat am Congo neu zu gründen, selbst von einer Wiedergeburt ist die Rede. Louis Michel ist stolz, bei dieser Wiedergeburt eine Rolle gespielt zu haben.[1]

Staaten bauen: Wahlen

1999 bis 2004 war der EU-Entwicklungskommissar belgischer Außen und- Außenhandelsminister und hat bereits zu dieser Zeit so gute Kontakte mit Kabila gepflegt, dass ihm der Spitzname „Kabilou“ gegeben wurde.[2] Als Außenminister der ehemaligen Kolonialmacht war er an Kabilas Machtübernahme nach dem Mord an dessen Vater ebenso beteiligt wie an der Ausgestaltung des so genannten „Friedensprozesses“ in der DRC, der Kabila zum Präsidenten einer Übergangsregierung machte und die mächtigsten Warlords als Vizepräsidenten nach Kinshasa holte. Aufgabe der Übergangsregierung war die Vorbereitung der ersten freien Wahlen seit 1960, eigentlich bis 30. Juni 2005. Faktisch diente die Übergangsregierung den Warlords und Eliten als Raum, um die Pfründe untereinander zu verteilen. In Kinshasa, ganz im Westen der DRC, wurde jedoch weiterhin über die Machtverhältnisse im rohstoffreichen Osten verhandelt, wo der Konflikt mit niederer Intensität und die systematische Plünderung der Bodenschätze weitergingen. Diese Regierung hatte verständlicherweise wenig Interesse an der Vorbereitung der Wahlen, die weitgehend aus dem Ausland organisiert wurden. Kabila, der nach dem Tod seines Vaters ohnehin nur mit Unterstützung des Auslands ohne jede rechtliche Grundlage Präsident wurde, konnte seine Beziehungen zu den europäischen Staaten und den USA in dieser Zeit weiter ausbauen, indem er per Dekret, aber wiederum ohne rechtliche Grundlage, Bergbaukonzessionen und Anteile an Staatsbetrieben an ausländische Firmen verscherbelte.[3] Innerhalb der DRC brachte ihm das den Ruf ein, vom Ausland eingesetzt und gesteuert zu sein, was sein Gegenkandidat, Jean-Pierre Bemba, in einer widerlich-nationalistischen Wahlkampagne gegen ihn nutzen konnte.

Die Vorbereitung der Wahlen wurde der „Unabhängigen Wahlkommission“ (CEI), einer Anstalt öffentlichen Rechts übertragen, die außer von der Übergangsregierung v.a. von den UN, USAID, verschiedenen Einzelstaaten und mit 165 Mio. Euro von der EU finanziert wird. Außerdem wurde mit dem Friedensabkommen von 2002 noch ein Internationales Komitee zur Begleitung der Transition (CIAT, gelegentlich auch als „Gebergruppe“ bezeichnet) eingerichtet, das sich aus diplomatischen Vertretern der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, Südafrikas, Belgiens, Kanadas, Sambias, Mosambiks, Angolas und der jeweiligen Präsidentschaft der Europäischen Union zusammensetzt. Es stellt nicht nur eine Autorität gegenüber den internationalen Medien zur Bewertung und Schönfärbung der politischen Entwicklungen in der DRC dar, sondern übt kontinuierlich Druck auf die Präsidentschaftskandidaten und den kongolesischen Senat aus. Eines der größten Anliegen des CIAT war die Verabschiedung einer weiteren Übergangsverfassung im Frühjahr 2006, die sowohl eine weitere Verschiebung der Wahlen als auch durch eine Ausnahmeregelung die Kandidatur des erst 33-jährigen Kabilas ermöglichte.[4] Zur Überwachung des Urnengangs entsandte die EU knapp 800 Soldaten nach Kinshasa und 1200 weitere zur Unterstützung ins benachbarte Gabun – ehemals französische Kolonie. Dass Louis Michel als europäischer Repräsentant gegenüber dem belgischen Sender RTL-TVI inmitten des Wahlkampfes Kabila als „Hoffnung für den Kongo“ bezeichnete, drang auch schnell in die DRC vor. Die Bevölkerung, die sich durch die Gegenwart ausländischer Truppen in der Hauptstadt ohnehin an Zeiten des finstersten Kolonialismus erinnert fühlt, reagierte darauf empört und hat vermutlich nicht zuletzt deshalb in der Hauptstadt ihre Stimmen in überwiegender Mehrheit dessen schärfsten Konkurrenten Bemba geschenkt. In Verteidigung seiner Parteinahme für Kabila bezeichnete Michel zwar auch diesen als Hoffnungsträger für den Kongo, nur um gleich darauf jedoch seine Wahlkampagne als populistisch und rassistisch zu bezeichnen. Darüber hinaus stehe er mit beiden übrig gebliebenen Kandidaten – Kabila und Bemba – in regelmäßigen persönlichen Kontakt und ermahne sie, den Wahlkampf um politische Fragen zu führen. Außerdem, so Michel, würde auch der Unterlegene der wahrscheinlich am 29. Oktober stattfindenden Stichwahl weiter eine politische Rolle spielen. In der DRC werden solche Äußerungen schon länger so interpretiert, dass Bemba als Vize-Präsident vorgesehen wäre.

Unabhängig davon ist jetzt schon abzusehen, dass die nationalen Wahlen mit ungeheurem Aufwand die vorangegangenen politischen Verhältnisse lediglich reproduzieren werden, von einer Neugeburt also keine Rede sein kann. Stärkster Mann wird vermutlich Kabila bleiben, dessen Macht auf internationalen Kontakten, seiner Präsidentengarde und Loyalitäten in der nationalen Armee beruht, zweitstärkster ist und bleibt Bemba, ein Erbe der Mobutu-Diktatur, dessen Macht darüber hinaus auf einer markig-rassistischen Rhetorik und seinen Milizen beruht. Beide verfügten bereits zuvor über eigene Radio- und TV-Stationen sowie ausreichende finanzielle Mittel, um einen landesweiten Wahlkampf zu führen. Eben dies war selbst denjenigen der anderen Präsidentschaftskandidaten nicht möglich, die aus dem Ausland kamen. Gänzlich chancenlos blieb die zivile Opposition aus der DRC. Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, der UDPS, rief deshalb auch zum Boykott der Wahlen auf, nachdem er sich ebenfalls aufstellen lassen wollte, vom CIAT aber nicht hinreichend unterstützt fühlte. Auch die sehr einflussreichen katholischen Bischöfe riefen vorübergehend wegen offensichtlicher Manipulationen im Vorfeld dazu auf, nicht zu wählen und die Ergebnisse nicht anzuerkennen. Beide Organisationen zogen jedoch später ihren Boykottaufruf mehr oder weniger offiziell zurück und riefen zur Wahl Bembas auf, da deutlich wurde, dass die „internationale Gemeinschaft“ das Ergebnis ganz klar durchsetzen würde, auch wenn die Mehrheit für Kabila knapp und der Boykott noch so erfolgreich wäre. Zwar sind die in Bemba gesetzten Hoffnungen nicht groß, es wird aber angenommen, dass er die Reichtümer der DRC eher einer nationalen, Kabila hingegen einer internationalen Elite zugänglich machen würde.

Im ersten Wahlgang erreichte Kabila über vierzig Prozent, Bemba knapp zwanzig, selbst unter denjenigen, die sich für die Wahl haben registrieren lassen, gingen mehr Menschen gar nicht wählen als für Kabila stimmten. Problematisch ist jedoch die Mehrheit für Bemba in einigen großen Städten und v.a. in Kinshasa. Hier ist es die Bevölkerung gewohnt, sich mit Protesten auf der Straße politisch Gehör zu verschaffen. In der verhältnismäßig friedlichen Hauptstadt könnte es also zu großen Unruhen gegen das Ergebnis der Wahlen kommen, die von der Bevölkerung mit Fug und Recht als unfair eingestuft wird.

Mit der Bekanntgabe der Wahlergebnisse kam es zu einer ersten Eskalation. Zwei Radio- und Fernsehsender Bembas wurden von der Polizei geschlossen, nach offiziellen Angaben aufgrund von „Hasspropaganda“. Dabei kam es zu Gefechten zwischen den Truppen Kabilas und Bembas, wobei die eine Seite einen Jeep eroberte und die andere zwei Geiseln nahm. Am nächsten Tag griffen Kabilas Soldaten Bembas Residenz an, in der sich gerade 14 Diplomaten des CIAT versammelt hatten (darunter nach Angaben der FAZ auch der deutsche Botschafter).[5] Dies bot Anlass, ein erstes Mal die EU-Mission zur Absicherung der Wahlen (EUFOR DRC) zum Einsatz zu bringen, um die Diplomaten zu evakuieren, was allerdings nur unter dem Schutz der UN-Mission MONUC möglich war. Die Gefechte zwischen den Anhängern Kabilas und Bembas flauten nach drei Tagen ab und sollen nun von einer Kommission untersucht werden, der beide Parteien angehören.

Staaten bauen: Sicherheitssektor

Lange bevor die Vorbereitungen der Wahlen konkret wurden, begann die so genannte Sicherheitssektorreform in der DRC. An vorderster Front ist hier die UN-Mission MONUC beteiligt, die, mit robustem Mandat ausgerüstet, zunächst den Waffenstillstand von 1999 überwachen sollte und seitdem Entwaffnungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen vornimmt. Es geht dabei darum, einerseits gegen Milizen vorzugehen und andererseits in Entwaffnungscamps Milizionäre gegen die Abgabe ihrer Waffen in die neue integrierte nationale Armee FARDC einzugliedern, die der künftigen Regierung unterstehen soll. Die MONUC besteht aus fast 17.000 Soldaten, die v.a. aus Indien, Pakistan, Uruguay, Südafrika, Bangladesh und Nepal stammen. Obwohl ihr nur drei Soldaten aus Frankreich angehören, untersteht sie französischer Leitung, seit Deutschland die Führung der jüngsten EU-Mission in der DRC übernommen hat, spricht für sie auch ein „politischer Direktor“ aus dem Auswärtigen Amt, Albrecht Conze. Trotz der zunächst beeindruckenden Zahl von Soldaten ist der Wirkungsgrad der MONUC in einem Land von der Größe Westeuropas gering. Die Entwaffnung der Milizionäre stellt sich oft als eine Wiederbewaffnung der Milizen dar, da sich oft ganze Truppenteile wieder aus der Armee ausgliedern, mit den neuen Waffen fortan auf eigene Rechnung Krieg führen oder sich wieder ihren Milizen anschließen. Die neue integrierte Armee ist zudem weitgehend führungslos, untersteht also an verschiedenen Orten eher alten Loyalitäten gegenüber Kabila oder lokalen Machthabern, als der bislang abstrakten Regierung. Bei der Jagd auf Milizen ist die MONUC auf Unterstützung der FARDC angewiesen und musste bisweilen tatenlos zusehen, wie diese nach getaner Arbeit zur Plünderung der umliegenden Dörfer überging und die Hütten mutmaßlicher Unterstützer in Brand steckte.[6] Was die MONUC rein praktisch leistet, ist, in einem Land, das nur einige hundert Kilometer asphaltierter Straßen vorweisen kann, eine Infrastruktur von Flughäfen und Hubschrauberlandeplätzen für die „internationale Gemeinschaft“ zur Verfügung zu stellen sowie die Aktionsräume einiger europäischer Unternehmer abzusichern.[7]

Kofi Annan forderte von der EU mehrfach auch personelle Unterstützung der MONUC. Diese wurde jedoch stets abgelehnt und Annan lernte, dass er mehr Erfolg haben würde, wenn er der EU eigene Missionen entsprechend ihrer neu entwickelten Fähigkeiten anbot. Die erste solche Mission war Artemis im Sommer 2003, als für drei Monate die Stadt Bunia durch die erste operationell komplett eigenständige EU-Mission gesichert wurde. 2005 gingen zwei weitere Anfragen an die EU, die Reform des Sicherheitssektors der DRC durch eigene Einsätze voranzutreiben. EUPOL Kinshasa hatte zum Ziel, spezielle Polizeieinheiten zum Schutz der Übergangsregierung durch EU-Kräfte auszubilden. Dies geschah nur wenige Monate bevor diese eigentlich durch Wahlen abgelöst werden sollte und die Verschiebung dieser Wahlen zu Protesten führte, bei denen die Polizei mehrere Demonstranten erschoss.[8] Die Polizei stellt in der DRC als weitere bewaffnete Gruppe grundsätzlich eine Bedrohung gegenüber der Bevölkerung dar, wenn ihre Aufgabe der Schutz der zerstrittenen Übergangsregierung ist, so heißt dies im Wesentlichen, dass sie – wenn überhaupt – dem Präsidenten Kabila oder der „internationalen Gemeinschaft“ untersteht.

Wenige Wochen nach EUPOL Kinshasa begann die dritte ESVP-Mission in der DRC, EUSEC DR CONGO. Deren 12-monatiges Mandat wurde Juni 2006 verlängert, ohne dass es auch nur einen offiziellen Zwischenbericht gegeben hätte. Klar ist nur, dass sie die Aufgabe hat, den Sicherheitssektor zu reformieren und insgesamt 31 Einsatzkräfte umfasst, von denen acht als hochrangige Militärs den Kommandostrukturen der FARDC beratend und unterstützend zur Seite stehen sollen.[9] Im unmittelbaren Vorfeld der Wahlen startete im Juni 2006 die vierte Mission der EU in der DRC, diesmal unter deutscher Leitung. Offizieller Auftrag von EUFOR RD CONGO ist es, mit professionellen Einheiten in der Hauptstadt eventuelle Störer des Wahlprozesses einzuschüchtern sowie notfalls Evakuierungen vorzunehmen. Tatsächlich sind es v.a. Elitetruppen, die mit immensem Aufwand in der Hauptstadt stationiert wurden. Gerade im dicht bevölkerten Kinshasa können sie aber nicht viel ausrichten. Die immer wieder proklamierte Unterstützung der MONUC, die schon viel länger im Land ist und die Verhältnisse kennt, ist absurd. Tatsächlich ist es schwer, sich einen Einsatz vorzustellen, den die EU-Truppe ohne Hilfe der MONUC durchführen könnte, für den die MONUC aber auf die Hilfe der EU-Soldaten angewiesen wäre. Die Regionen im Osten, in denen tatsächlich Milizen die Zivilbevölkerung terrorisieren und ausplündern, sind explizit nicht Einsatzgebiet der EUFOR. Für die EU erfüllt diese Mission einerseits den Zweck, ihr Einsatzspektrum experimentell auszuweiten, andererseits, den politischen Zugriff auf die DRC durch eine eher symbolische Präsenz weiter zu verbessern. Für die DRC und deren Zivilbevölkerung erfüllt sie keinen Zweck, im Gegenteil läuft sie Gefahr, im Laufe des Einsatzes gegen Demonstrationen zum Einsatz zu kommen.

Wiedergeburt?

All diese Missionen wurden von der Übergangsregierung in Person von Kabila offiziell genehmigt. Er übertrug also in ungewohntem Maße seine Souveränitätsrechte an ausländische Akteure wie die EU. Diese konnte auf vier Ebenen Einfluss gewinnen:

1. Durch einen konkreten und unmittelbaren Zugriff auf die polizeilich-militärischen Strukturen, die sie im Rahmen einer Sicherheitssektorreform für die bislang abstrakte Regierung der DRC aufbaute und die direkte militärische Präsenz in der Hauptstadt;
2. Durch Institutionen, welche die politische Herrschaft im Kontext eines Wahlprozesses re-organisierten;
3. Durch wirtschaftliche Verflechtungen, die sie im Rahmen von 1. und 2. herstellen konnte;
4. Durch das Signalisieren von Handlungsfähigkeit und -bereitschaft innerhalb und gegenüber der „internationalen Gemeinschaft.“

Im Ergebnis reproduzieren Sicherheitssektorreform und Wahlprozess innenpolitisch die vorangegangene Situation, außenpolitisch führen sie zu einer stärkeren Bindung der alten und neuen politischen Eliten an Europa und Wettbewerbsvorteile der EU gegenüber den Staaten, die sich auf eine rein wirtschaftliche Ausbeutung der DRC konzentriert haben. Der Preis für diese Neugeburt ist die Gefahr eines weiteren Bürgerkrieges, da mit den Wahlen die Karten innerhalb der alten politisch-militärischen Eliten neu gemischt und unter der Bevölkerung die Hoffnungen auf einen Wandel geweckt wurden. Das Letztere ist vielleicht noch folgenreicher, denn die „Demokratie“, die durch die „internationale Gemeinschaft“ errichtet wird, ist für die Betroffenen nichts anderes als die Kleptokratie und der Despotismus vergangener Tage, den viele von ihnen schon immer als Folge des Kolonialismus angesehen haben. Deshalb kann Bemba mit seiner nationalistischen Rhetorik gegen Fremdherrschaft so erfolgreich agitieren. Einem Land von den Ausmaßen der DRC kann Demokratie nicht von außen aufgesetzt und niemals durch Soldaten und Gebergruppen importiert werden. Nationale Wahlen machen – wenn überhaupt – erst Sinn, wenn sich im Kleinen und unabhängig demokratische Strukturen entwickeln konnten, wenn die Bevölkerung am gesellschaftlichen Wohlstand und politischen Leben partizipieren kann und es Kandidaten gibt, die ohne ausländische Unterstützung und eigene Milizen einen landesweiten Wahlkampf führen können.

Anmerkungen
[1] Debatte im Europäischen Parlament vom 05.09.2006; vgl. auch Pflüger, Tobias: Kongo: Kaum Hoffnung auf neutrale Rolle der EU, IMI-Standpunkt 2006/069.
[2] Eintragung zu Louis Michel bei fr.wikipedia.org.
[3] Pelda, Kurt: Wie Kongo-Kinshasa seine Bodenschätze verschleudert – Undurchsichtige Verfahren bei der Erteilung von Bergbaukonzessionen, in NZZ, 19.08.2006.
[4] Hanns-Seidel-Stiftung e.V. (IBZ): Demokratische Republik Kongo – Monatsbericht März 2005, http://www.hss.de/downloads/DemRepKongoMaerz2005.pdf
[5] FAZ.NET (22.08.2006): Schießereien in Kinshasa – Flughafen besetzt.
[6] Vgl.: Veit, Alex: Massenflucht im Osten des Kongo, taz, 24.11.2005.
[7] Vgl.: Marischka, Christoph: Den Kopf hinhalten, in: AUSDRUCK (Juni 2006).
[8] Vgl.: Marischka, Christoph: Manöver am Congo – IMI-Analyse 2005/016, https://www.imi-online.de/2005.php3?id=1190, und Marischka, Christoph/ Wagner, Jürgen: Europas Platz an Afrikas Sonne, in: Pflueger/Wagner (2006): Welt-Macht Europa, VSA-Verlag.
[9] Rat der EU: Council Joint Action 2005/355/CFSP, http://www.eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/en/oj/2005/l_112/l_11220050503en00200023.pdf