IMI-Analyse 2008/015

Agrotreibstoffe: Der ultimative Angriff auf die Ernährungssicherheit


von: Klaus Petersen | Veröffentlicht am: 6. Mai 2008

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„Hungerrevolten“ heißt das neue Schreckgespenst, das führende Politiker der Nordhalbkugel in Atem hält – Hungerrevolten in 20 Ländern[1] aufgrund explodierender Grundnahrungsmittelpreise. Das hat soziale Instabilität mit den von der offiziellen Politik gefürchteten Auswirkungen zur Folge: Unsicherheit für Direktinvestitionen in den krisengeschüttelten Ländern, Zulauf für al-Qaida, erhöhter Migrationsdruck. „Wenn es zu einem Klassenkampf kommt, dann unterminiert das die Stabilität der Gesellschaft“, zitiert Bernd Musch-Borowska in einer ARD-Korrespondenz Ifzal Ali, den Chef-Ökonomen der Asiatischen Entwicklungsbank. In Ägypten, Indonesien und Pakistan wurde Militär eingesetzt, um Mehltransporte zu bewachen. Die bange Frage bei den hiesigen Politikern schließt sich an: Wird die „Festung Europa“ standhalten? Die Explosion der Preise bei den Grundnahrungsmitteln ist zwar multifaktoriell bedingt, aber die Agrotreibstoff-Bonanza hat einen signifikanten Anteil daran. Dies ist umso problematischer, da zudem auch die Agrotreibstoffe, entgegen der offiziellen Propaganda, kaum einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten.

Auch wenn der derzeitige Protest gegen den Zustand von „vollen Tanks und leeren Tellern“ Anlass zur Hoffnung gibt, dass die Richtlinien zur Agrotreibstoffpolitik korrigiert werden – sicher ist dies angesichts des Investitionsvolumens und der dahinter stehenden Interessengruppen nicht. So ist George Soros einer der größten ausländischen Investoren in Brasilien für Zuckerrohr-Ethanol. Vor kurzem kündigte er an, dass er weitere $900 Millionen in das Zucker-Ethanolgeschäft stecken will. Soros kontrolliert mehrere Investmentfonds, die mit Aktien von brasilianischen Ethanolraffinerien handeln. Ferner hat er $300 Millionen in die Agrotreibstoffentwicklung, vor allem Ethanol aus Mais, in Argentinien investiert.

Zudem ergibt sich die Frage, welchen Umfang eine eventuelle Kurskorrektur haben wird. Und schließlich lohnt es sich nachzuschauen, was die Langzeitwirkungen der jetzt verstärkt propagierten „Biotreibstoffe“ (so die euphemistische Bezeichnung) der zweiten Generation sein werden. Diese werden mit der Abkürzung „BtL“ („Biomass to Liquid“) propagiert. Ihre Protagonisten verkünden, dass in 10-15 Jahren, wenn diese Technologie marktreif ist, die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion der Vergangenheit angehören wird.

Agrotreibstoffe als wichtige Ursache für die explodierenden Nahrungsmittelpreise

In den Ländern des Südens gibt die Mehrheit der dort lebenden Menschen 50-60% ihres Einkommens für den Kauf von Lebensmitteln aus. Das verdeutlicht die Dramatik, die sich hinter dem derzeitigen Anstieg der Lebensmittelpreise verbirgt. Die Preise für Weizen, Reis und Soja haben sich seit dem Frühjahr 2007 etwa verdoppelt. Auch der International Food Price Index, ein integratives Maß für die globalen Lebensmittelpreise, stieg von Januar 2007 bis März 2008 um 90 Prozent, also fast eine Verdopplung.[2] Als Ursache für diese Entwicklung werden gern die veränderten Ernährungsgewohnheiten (vermehrter Fleischkonsum) einer im Entstehen begriffenen sozialen Mittelschicht in China ins Feld geführt. Dies mag für einen mittelfristigen Trend Bedeutung haben. Als Erklärung dafür, warum sich Grundnahrungsmittelpreise in Jahresfrist verdoppeln, taugt es nicht.

Vielmehr sind es die Agrotreibstoffe, die maßgeblich zur derzeitigen Kostenexplosion beitragen, auch wenn ihr genauer Beitrag schwer zu beziffern ist. So schätzt ihn ein Vertreter des International Food Policy Research Institute (IFPRI) am 21. April auf einer Pressekonferenz auf 25 Prozent, Oliver Müller vom Caritas-Verband vermutet sogar, dass er zwischen 30 und 70 Prozent liegt.[3] In jedem Fall haben die Agrotreibstoffe also einen wichtigen Anteil an den steigenden Nahrungsmittelpreisen.

Werner Eckert kommt der Sache in seinem ARD-Kommentar vom 22.04.2008 schon näher, auch wenn er etwas nebulös vom „Börsenhebel“ spricht und zugleich fordert, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, denn „bestimmte Formen von Biosprit können helfen, die Umwelt zu schützen und weltweit Einkommensquellen für arme Bauern zu schaffen.“ Was davon zu halten ist, werden wir weiter unten betrachten. Der „Börsenhebel“ ist jedoch nicht nur ein Mix aus schrumpfendem Angebot und wachsender Nachfrage, wie Herr Eckert meint. Es ist zugleich auch Folge eines Überangebots, nämlich eines Überangebots an Kapital, das nach „sicheren“ Anlagemöglichkeiten sucht. Angesichts der globalen Finanzkrise wird der Kauf „Sachwerten“ wie Getreide oder Soja, die sich wahlweise auf zwei Märkten, dem Nahrungsmittelmarkt oder dem Treibstoffmarkt, weiterverkaufen lassen, plötzlich besonders attraktiv.

Klimaschutz?

Vor den Folgen des Agrosprit-Booms wurde seit Längerem gewarnt. In linken Monatszeitschriften erschienen im ersten Halbjahr 2007 mehrere Sonderausgaben bzw. Monographien.[4] Schließlich wurden von wissenschaftlichen Beiräten bzw. Expertengremien zwischen September 2007 und Januar 2008 fünf umfangreiche Gutachten zu Agrotreibstoffen vorgelegt, die sich überwiegend oder zumindest teilweise kritisch äußern.[5] Der Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums (BMU) vom 4.4.2008 ist zu entnehmen, dass dies nicht den Ausschlag dafür gab, dass Minister Gabriel die „Biosprit-Verordnung“ gestoppt hat.[6] Vielmehr erklärte Gabriel: „Die Umweltpolitik wird nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass Millionen von Autofahrern an die teuren Super-Plus-Zapfsäulen getrieben werden“.[7] Es war also nicht die Vorstellung, dass sich wegen des Agrokraftstoff-Hypes die Zahl der chronisch Hungernden bis zum Jahr 2025 von derzeit 820 Millionen auf 1,2 Milliarden erhöhen könnte[8], die zu der Entscheidung führte, die Beimischungsverordnung für „Bio“sprit einzufrieren. Nein, es war die erschreckende Vorstellung, dass dreieinhalb Millionen Autofahrer im Wahljahr 2009 das teure SuperPlus tanken müssten, die den zum Bundesumweltminister avancierten ehemaligen Popmusikbeauftragten der SPD-Fraktion zu diesem Schritt bewog. Das war wenige Tage bevor die oben beschriebenen Hungersnöte es endlich in die Schlagzeilen schafften.

Doch auch in einer zweiten Hinsicht ist die genannte Pressemitteilung aufschlussreich. Wir werden dort offiziell über etwas informiert, was den Agrotreibstoff-Kritikern schon länger klar war: „Gabriel verwies darauf, dass die Diskussion um die Erhöhung der Beimischungsobergrenzen nur begrenzt etwas mit dem Erreichen von Klimaschutzzielen zu tun gehabt habe. ‚Vielmehr ging es sowohl um Interessen der Landwirtschaft an der Stabilisierung und dem Ausbau des Biokraftstoffmarktes und einem ganz speziellen Interesse der Automobilindustrie.'“[9] Dieses Eingeständnis passt erstaunlich gut in das von kritischen Stimmen gezeichnete Bild. So wird in der am 1. Juli 2007 von Indigena- und Bauernorganisationen verabschiedeten „Erklärung von Quito“ das Problem folgendermaßen beschrieben: „Aus unserer Perspektive, als Agrarexport-Länder des Südens, durch die Logik der Außenschulden und unserer kolonialen Geschichte diesem Zustand unterworfen, vertiefen die Agrotreibstoffe das Modell des Agribusiness und der industriellen Landwirtschaft, verstanden als die Verbindung aus Monokulturen, Biotechnologie, Agrargiften, Finanzkapital und Exportwirtschaft. … Die Unterwerfung lokaler landwirtschaftlicher Systeme unter das industrielle Modell und einer Energienachfrage von außen, ist eine politische Angelegenheit, welche Machtverhältnisse über Ökosysteme und Völker impliziert. … Die Geopolitik der Agrotreibstoffe erzwingt eine territoriale Neuordnung auf globaler Ebene.“

Entgegen den jahrelangen Verlautbarungen der einschlägigen Public-Relations-Maschine handelt es sich bei den Agrotreibstoffen also nicht um ein Projekt zur Reduzierung von CO2-Emissionen, sondern um ein Business- und Hegemonie-Modell des agroindustriellen Komplexes. Dies wird durch eine Anfang April 2008 publizierte Stellungnahme des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) deutlich, in der die wahre Interessenlage bei den Agrotreibstoffen klar umrissen wird: „Es entsteht ein neuer stark wachsender Wirtschaftszweig um die Wertschöpfungskette Agrokraftstoffe. Die Zulieferer, so insbesondere die Landwirtschaft, profitieren von den höheren Preisen. Die Automobilindustrie wird im Rahmen des so genannten ‚Integrierten Ansatzes‘ von Anpassungs-, Innovations- und Investitionskosten für leichtere und effizientere Fahrzeuge entlastet.“[10]

Dass es – von Ausnahmen abgesehen – klimapolitischer Unsinn ist, mit Agrotreibstoffen den CO2-Ausstoß reduzieren zu wollen, wurde inzwischen von unterschiedlichen Stellen nachgewiesen. Zuvor wurden die EU-Mitgliedsstaaten jedoch verpflichtet, bis zum 31.12.2004 die im Mai 2003 (!) verabschiedete EU-Richtlinie „Zur Förderung und Verwendung von Biokraftstoffen“ in nationales Recht umzusetzen. Es dauerte vier Jahre von der Verabschiedung der Richtlinie bis zur Veröffentlichung des oben erwähnten und verschiedener weiterer Gutachten zu den sozialen und ökologischen Folgen des Agrotreibstoffbooms.[11] In der Zeit dazwischen wurden vollendete Tatsachen in Form von Investitionen und der Etablierung von Märkten geschaffen. So hat sich der Umsatz von Agrotreibstoffen in Deutschland von 2004 bis 2006 auf knapp 40.000 GWh mehr als verdreifacht.[12] Doch trotz der täglichen Hungerschlagzeilen beharrte Barbara Helfferich, Sprecherin des EU-Umweltkommissars Stavros Dimas, am 14. April 2008: „Eine Aufhebung des vereinbarten Ziels für Biokraftstoffe steht nicht zur Debatte.“

Pacala und Socolow[13] veröffentlichten im Jahr 2004 ein vermeintliches Modell zur Verringerung des CO2-Ausstoßes, das von den Experten der Arbeitsgruppe 3 des zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) dankbar aufgegriffen wurde. Dieses technokratische Szenario beinhaltet unter anderem folgende Punkte[14]:

* Zwei Milliarden 5-Liter-Autos fahren mit 100% „Bio“treibstoff, der auf 250 Millionen Hektar ertragstarken Ackerlandes angebaut wird (ein Sechstel der globalen Ackerfläche).
* Es werden 250 Millionen Hektar Wald in den Tropen und 400 Millionen Hektar in der gemäßigten Zone aufgeforstet.

Zu letzterem Punkt fragt sich Almuth Ernsting von der britischen Organisation Biofuelwatch, wo diese Aufforstungen angesichts der zuvor genannten 250 Millionen Hektar ertragstarken Ackerlandes sowie in Anbetracht sinkender Weizenerträgen und schrumpfender Agrarflächen (Desertifikation) herkommen sollen. Ernsting kommt zu dem Schluss, dass das nur bedeuten kann, Abermillionen Hektar Land für monokulturellen Energieanbau zu nutzen und die Landwirtschaft quer durch die Entwicklungsländer zu intensivieren.

Wie sieht es nun konkret mit der CO2-Bilanz von Agrotreibstoffen aus? Modellrechnungen, die in renommierten Fachzeitschriften publiziert wurden, geben dazu Auskunft. So unter anderem von der Forschergruppe um den Ökologen David Tilman von der Universität Minnesota.12 Unter Berücksichtigung der Inputs an fossiler Energie für Düngung, Pestizide und Transport errechneten sie einen CO2-Einsparungseffekt von kläglichen 12% bei Ethanol aus Mais und immer noch weniger als der Hälfte (41%) bei Diesel aus Soja. In einer Zusammenstellung des Sachverständigenrats für Umweltfragen[15] weisen wichtige Agrokraftstoffe (Raps, Sojaöl und Ethanol aus Mais bzw. Roggen) einen CO2-Einsparungseffekt unter 50% auf.

Hinzu kommen weitere Negativeffekte, die nicht in diese Bilanzrechnungen eingegangen sind. Der Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) weist in seinem Gutachten vom November 2007 darauf hin, dass „bei knappen Ackerflächen eine großflächige Ausdehnung der Bioenergie zwangsläufig dazu (führt), dass bisher nicht ackerbaulich genutzte Flächen in Kultur genommen werden (Grünlandumbruch, Waldrodung) bzw. die Bewirtschaftung der Flächen intensiviert wird. Das verursacht erhöhte CO2- und N2O-Emissionen mit der Folge, dass die Ausdehnung der Bioenergieerzeugung auf Ackerflächen im Endeffekt sogar kontraproduktiv für den Klimaschutz sein kann.“[16] Diese Risiken seien mit den von der Politik geplanten Zertifizierungssystemen nicht in den Griff zu bekommen.

Ein weiterer Aspekt wurde von der Arbeitsgruppe des Mainzer Nobelpreisträgers Paul J. Crutzen aufgedeckt. Die Klimabilanz der kunstdüngerintensiven Agrostreibstoffe wie Mais und Raps wird durch die Freisetzung von Lachgas (N2O) zusätzlich belastet. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass das im Vergleich zu CO2 rund 300-fach klimaschädlichere Lachgas sowohl aus dem eingesetzten Dünger als auch aus dem Stickstoff der Pflanzen selbst freigesetzt wird.[17] Bestimmte Details in der globalen Lachgas-Bilanz der Arbeitsgruppe Crutzen werden in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Doch laut SRU ist es unstrittig, dass durch die Aufbringung von Dünger 1,25% des darin enthaltenen Stickstoffs direkt über Lachgas und später weitere 10% des im Dünger enthaltenen Stickstoffs über Lachgas, Ammoniak und andere Stickoxide freigesetzt werden. Im Ergebnis liegt die Gesamtemission bei Raps „nur knapp unter den Emissionen fossiler Treibstoffe“.[18]

Trojanisches Pferd für die Gentechnik

Je heftiger die Agrotreibstoffe der ersten Generation in die öffentliche Kritik geraten, desto inbrünstiger beziehen sich die Agrotreibstoff-Protagonisten auf jene der so genannten „zweiten Generation“. Dabei handelt es sich bei den BtL-Kraftstoffen laut Georg Gruber vom Bundesverband Pflanzenöle bislang mehr „um eine Art Marketingbegriff“. Und Kurt Döhmel, Deutschland-Chef von Shell, räumte in einer öffentlichen Veranstaltung Anfang Februar ein, dass frühestens in 15 Jahren mit einer breiten Markteinführung von BtL-Kraftstoffen zu rechnen sei. Diese Aussage ist bedeutsam, denn Shell gehört zu den „strategischen Partnern“ der Firma Choren International in Freiberg, Sachsen, jener Firma, bei der am 17.04.2008 im Beisein von Frau Merkel „die weltweit erste kommerzielle Anlage“ für BtL fertig gestellt wurde. Interessanterweise wurde diese weltweit erste „kommerzielle“ Anlage noch wenige Wochen zuvor als „Demonstrationsanlage“ bezeichnet.

Abgesehen davon, dass der Beweis für die tatsächliche Klimaeffizienz der BtL-Kraftstoffe unter Praxisbedingungen noch in weiter Ferne liegt, werden sie von zahlreichen Basisorganisationen als Trojanisches Pferd der Gentechnik-Industrie betrachtet. Nachdem die Gentechnik bei Nahrungsmittelpflanzen insbesondere in Europa und in vielen Ländern des Südens auf breite Ablehnung stößt, sehen Monsanto und andere Konzerne die Möglichkeit, sich über „Bio“kraftstoffe ein grünes Image zu verleihen. Zugleich sind Zellulose- wie Agrokraftstoffindustrie heftig an einer Rohstoffbasis interessiert, die auf schnellwüchsigen Bäumen basiert, die durch gentechnische Modifikation (GM) einen möglichst geringen Lignin-Gehalt haben. Schon jetzt wird bei den für diese Industriezweige attraktiven Arten Weide und Pappel mit Hochleistungsklonen auf extrem eingeengter genetischer Basis gearbeitet. Der Schritt zu GM-Bäumen, um das Wachstum weiter zu beschleunigen und schließlich den Ligningehalt zu reduzieren, erscheint in diesem Denkschema logisch. Freilandversuche mit GM-Bäumen sind inzwischen aus Bangladesh, Brasilien, Chile, China, Finnland, Indien, Indonesien, Kanada, Malaysia, Südafrika und Thailand bekannt. Getestet werden vor allem Eukalyptus und Ölpalmen, aber auch Pappel, Kiefer und Birke. Aufgrund der Langlebigkeit von Bäumen und der Pollenverdriftung über hunderte von Kilometern, haben GM-Bäume ein sehr großes Gefahrenpotenzial – ein willkommener Anlass für die Gentechnik-Lobby, die nach wie vor verbotene Terminator-Technologie[19] wieder ins Gespräch zu bringen. Dieses Szenario liest sich, als wolle man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, was auch insgesamt für den Komplex der Agrotreibstoffe gilt. Gleichzeitig werden die hieraus resultierenden Hungeraufstände im Westen immer stärker als Sicherheitsrisiko interpretiert und hiermit Interventionen in den Ländern des Südens legitimiert.

Anmerkungen

[1] Demonstrationen und Aufstände gab es unter anderem in Ägypten, Bangladesh, Elfenbeinküste, Haiti, Indonesien, Jemen, Kamerun, Mauretanien, Mocambique, Pakistan und Senegal.

[2] Braun, J.v. (2008): High and rising food prices. Presentation at a U.S. Agency for International Development (USAID) conference, Washington, D.C. 11. April 2008.

[3] Petersen, K.: Volle Tanks – leere Teller, Junge Welt, 28.04.2008.

[4] ila Nr. 304 (April 2007): Agrotreibstoffe, Seedling (Juli 2007): Agrofuels Special Issue, Fritz, T., FDCL (Juli 2007): Das Grüne Gold. Welthandel mit Bioenergie – Märkte, Macht und Monopole.

[5] Gutachten u.a. von der Europäischen Umweltbehörde EEA, dem „Runden Tisch für Nachhaltige Entwicklung der OECD, dem Sachverständigenrat für Umweltfragen und dem Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik der jeweiligen Bundesministerien.

[6] Die Bundesergierung hatte damit geplant, den Bioethanolanteil im Benzin ab dem kommenden Jahr von fünf auf zehn Prozent zu erhöhen. Viele ältere Autos sind hierfür aber nicht geeignet und hätten deshalb auf teures Super plus umsteigen müssen.

[7] Pressemitteilung des BMU (2008): Bundesumweltminister stoppt Biosprit-Verordnung, http://tinyurl.com/6jow6p

[8] Runge, C.F. und Senauer, B.: How Biofuels could starve the poor. Foreign Affairs, Ausgabe Mai/Juni 2007.
[9] Bundesumweltminister stoppt Biosprit-Verordnung, BMU-Pressemitteilung Nr. 052/08.

[10] SRU (2008): Schriftliche Stellungnahme vom 4.4.08, http://tinyurl.com/5779tn

[11] Siehe Fußnote 5.

[12] Nutzung von Biomasse zur Energiegewinnung. Gutachten, Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)

[13] Pacala, S. und Socolow, R. (2004): Stabilization wedges: solving the climate problem for the next 50 years with current technologies. Science 305: S. 968-972.

[14] Ernsting, A. (2007): The global blueprint for a biomass economy. Bericht vom 20.01.2007, aktualisiert im Juli 2007, 7 S. http://www.biofuelwatch.org.uk/background.php, auf deutsch: (http://www.regenwald.org/news.php?id=592) (27.10.2007).

[15] Schriftliche Stellungnahme des Sachverständigenrates für Umweltfragen zur Bundestagsdrucksache 16/8150 vom 09.04.2008.

[16] Siehe Fußnote 12.

[17] Crutzen et al. (2007): Atmospheric Chemistry and Physics Discussions 7. S. 11191-11205.

[18] Siehe Fußnote 10.

[19] Pedersen, K. (2005) Freie Saat statt tote Ernte, Junge Welt 28.10.2005.