Der 30 Jahre dauernde Konflikt um die hauptsächlich von Armeniern bewohnte, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunionweit jedoch Aserbaidschan zugesprochenen Region Bergkarabach scheint im Interesse Aserbaidschans beendet worden zu sein. Die aserbaidschanische Armee konnte die Selbstverteidigungskräfte der separatistischen Autonomieregierung wohl innerhalb der letzten Tage zur Kapitulation bewegen. 2020 war der Konflikt zum letzten Mal richtig eskaliert. Über 7000 Menschen starben damals. Letzte Woche flammte der Konflikt wieder auf und war nach nur knapp zwei Tagen entschieden. Rund 200 Menschen starben wohl in dem Finale, darunter auch Kinder.
Russland gilt als Schutzmacht Armeniens und entsandte im Rahmen des Waffenstillstandsvertrags von 2020, nachdem Aserbaidschan große Teile des Gebiets unter seine Kontrolle brachte, Friedenstruppen in der Gegend. Diese zeigten sich jedoch weder bei der Sicherung des Warenverkehrs auf dem Latschin-Korridor zwischen Armenien und Bergkarabach, noch bei der Einhaltung des Waffenstillstandsvertrags in den letzten zwei Jahren und der letzten Woche viel Engagement ihren Aufgaben gerecht zu werden. Öffentlich forderte Russland während der Offensive nur äquidistant verlauten es rufe „die Konfliktparteien auf, das Blutvergießen und die Feindseligkeiten sofort einzustellen und zivile Opfer zu vermeiden“, und dies sogar nachdem wohl russische Beobachter von aserbaidschanischen Angreifern getötet wurden.
Bleibenden Rückhalt erfuhr derweil Aserbaidschan durch seinen mächtigsten Unterstützer, der Türkei, die sich in den Vereinten Nationen hinter Aserbaidschans Zielsetzung stellte.
Viele Kommentatoren sehen Russlands Untätigkeit als Rache für Armeniens Anerkennung über die Aserbaidschans Hoheit, Armeniens Beitritt zum Rom Statut und dem Internationalen Gerichtshof (der Putin für seine Völkerrechtsverbrechen sucht) und zu Armeniens jüngstem Manöver mit US-Truppen, die am Tag des Kriegs durchgeführt wurde. Die EU beschloss am Wochenende eine zivile Beobachtermission an die Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan zu entsenden.