Seit einiger Zeit verschlechtern sich die deutsch-französischen Beziehungen zunehmend. Was man sich hier gegenseitig zutraut, zeigt zum Beispiel die Episode um eine Thales-Klage gegen die Vergabe von Funkgeräten an Elbit Systems (Ulm) und Rohde & Schwarz (München). Diese Vergabe ist im Zusammenhang mit der deutschen Zusage zu sehen, der NATO bis 2025 eine voll ausgestattete Division zur Verfügung zu stellen, was auch beinhaltet sie digital auf den neuesten NATO-Stand zu bringen (siehe IMI-Analyse 2020/13). Diesem Zweck dient das Programm Digitalisierung landbasierter Operationen, dessen Finanzierung einen guten Teil der Gelder des Sondervermögens der Bundeswehr verschlingen soll. Ein wichtiger Teil davon besteht in der Anschaffung abhörsicherer und datentransferfähiger Funkgeräte, für die der Bundestag im Dezember einen milliardenschweren Auftrag bewilligte. Nun kommt es aber zu Problemen, die die deutsche, was unter anderem an einer Klage des Mitbewerbers Thales liegt, wie bereits vor einigen Tagen berichtet wurde (siehe IMI-Aktuell 2023/406).
Wirklich „interessant“ wird es nun, wenn in der Europäischen Sicherheit & Technik (ESUT) über die Motivation hinter der Klage spekuliert wird. Die Klage habe so gut wie keine Aussicht auf Erfolg und schädige das Unternehmen sogar, so die Einschätzung. Deshalb sei davon auszugehen, dass sie mit dem Mutterkonzern und, weil das Unternehmen unter „quasi unter Staatskontrolle“ befinde, mit der französischen Regierung abgestimmt sei. Der Grund: Frankreich sei derart erbost über diverse als unfreundlich empfundene Initiativen der deutschen Seite, vor allem über die ohne Absprache von Berlin lancierte European Sky Shield Initiative (ESSI), weshalb nun Gegenmaßnahmen wie die besagte Klage ergriffen würden: „Wie mehrere Insider übereinstimmend berichten, plant Frankreich überdies, wichtige Flugzeugbestellungen bei Airbus Defence and Space zu stornieren, was diese Division des Flugzeugherstellers, die unter deutscher Führung steht und den Großteil der Wertschöpfung in Deutschland aufweist, hart treffen würde. Für ein strategisches Kalkül bei der Klage vor dem OLG spricht überdies, dass sich Thales Deutschland damit Geschäftschancen verbauen dürfte.“ (jw)