IMI-Analyse 2023/11

Die Opfer der Anderen

Auswirkungen des Ukrainekrieges auf den Globalen Süden

von: Pablo Flock | Veröffentlicht am: 14. März 2023

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Mit schätzungsweise jeweils 100.000 getöteten Soldaten auf Seiten der russischen und ukrainischen Armee und rund 15.000 getöteten Zivilist*innen leidet die Bevölkerung der Ukraine und der russischen Gebiete und Minderheiten, aus denen rekrutiert wird, sicher am meisten unter diesem schrecklichen Krieg. Es ist jedoch mittlerweile ein offenes und trotzdem zu wenig beachtetes Faktum, dass Menschen weltweit an den Folgen des Krieges in der Ukraine leiden – an der Verknappung und Verteuerung lebenswichtiger Ressourcen, dem Handelskrieg und der Umleitung finanzieller Ressourcen in die Ukraine – und dass der Krieg somit Einbußen im Lebensstandard von Milliarden von Menschen und durchaus auch Todesopfer auf der ganzen Welt fordert.

Während die Preisschocks und Abgabebegrenzungen bei gewissen Lebensmitteln und Energie auch hierzulande für alle spürbar waren – und manche zum zurückstecken zwangen –, trafen sie am härtesten die Ärmsten in der Welt und den verschiedenen Gesellschaften, die den größten Teil ihres Einkommens für solche grundlegenden Produkte aufwenden. Zudem sind Menschen in Regionen und Situationen mit großer Importabhängigkeit von bestimmten Energieträgern und Lebensmitteln besonders stark betroffen. Dass die Mehrheit dieser Populationen und oft auch ihre Regierungen sich deshalb kaum für Waffenlieferungen und andere kriegsverlängernde Maßnahmen begeistern lassen und auch für die befürwortenden Argumentationen nur schwer zu gewinnen sind, sorgte hierzulande für allerlei Unmut und kolonialistisch anmutende Rügen – sollte jedoch kaum überraschen.

Energiemogul vs. Kornkammer

Russland war zu Beginn des Kriegs der größte Exporteur von Ölprodukten in die Welt und mit 39% der Importe auch der größte Exporteur in die EU. Ebenso ist es der größte Exporteur von Gas und war mit 45% der gesamten Gasimporte der EU auch hier Spitzenreiter.1

Ähnlich dominante Positionen haben die Ukraine und Russland in einigen Märkten von Grundnahrungsmitteln. Zusammen kamen sie 2021 auf knapp 30% der Weizenexporte, 25% der Gerstenexporte und 15% der Maisexporte der gesamten Welt, so die Hochrechnungen der Food and Agriculure Organisation (FAO).2 Noch gewichtiger ist die Dominanz dieser beiden Länder im Markt für Sonnenblumenöl, den die Ukraine als Top-Exporteur gefolgt von Russland anführt, wo beide zusammengerechnet 2021 einen Marktanteil von über 60% hatten. Deshalb war der enorme Preisanstieg bei Sonnenblumen- und Speiseölen auch die erste für alle im Supermarkt sichtbare Konsequenz des Kriegs.

Lange kaum auf dem medialen Radar, wenn nicht gar teilweise bewusst ausgeblendet, war jedoch die Bedeutung der russischen Düngemittelexporte für die Ernährungssicherheit der Welt. Denn Russland ist der größte Exporteur von Düngemitteln weltweit. Wer dies sehr wohl immer wieder ansprach, war António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), und UN-Organisationen wie die FAO. Seit Beginn des Krieges mahnten diese mehrfach, sowohl die ukrainischen Lebensmittel als auch die russischen Nahrungs- und Düngemittel müssten zurück auf den Weltmarkt, um ein Desaster zu verhindern. Guterres brach es so herunter: „Bei der diesjährigen Nahrungsmittelkrise geht es um mangelnden Zugang. Nächstes Jahr könnte es um den Mangel an Nahrungsmitteln gehen.“3

Verteilungsprobleme

Mit der russischen Invasion in ukrainisches Gebiet und der Eskalation der Kämpfe kam es zu einer russischen Seeblockade der ukrainischen Häfen im Schwarzmeer. Die ukrainische Regierung hatte diese zuvor schon mit Seeminen abgesichert. Somit waren Getreide- und Sonnenblumenexporte in den ersten Monaten nicht möglich. Zusätzlich wurden Anbaugebiete und benötigte Infrastruktur durch die russischen Angriffe zerstört und menschliche Arbeitskraft wird in den Kämpfen gebunden, was die Erträge und den Export beträchtlich schmälert. Doch durch die sogenannte Schwarzmeerinitiative, das Ergebnis der durch Guterres angeschobenen Verhandlungen (die zeigen, dass man sehr wohl auch erfolgreich mit Russland verhandeln kann), konnte zumindest der Zugang zu den schon produzierten Lebensmitteln aus der Ukraine wiederhergestellt werden.

Umstrittener war anscheinend der Grund für das Fehlen russischer Nahrungs- und Düngemittel auf dem Weltmarkt. Während russische Offizielle und auch viele Vertreter aus dem globalen Süden sowie mutige Stimmen im Westen eindeutig die westlichen Sanktionen gegen den Transport- und den Finanzsektor dafür verantwortlich machten, konterten die westlichen Regierungen dagegen mit dem Mantra, Nahrungs- und Düngemittel seien von den Sanktionen ausgenommen. Dass sie sich erst vor kurzem letztendlich eingestehen mussten, für das tödliche Debakel mitverantwortlich zu sein, sieht man an dem Zurückrudern und Lockern einiger Sanktionen gegenüber russischen Banken und Oligarchen im Düngemittelsektor.4 Zusätzlich wurde die energieintensive Düngemittelproduktion auch andernorts teurer, da hierfür viel Gas verwendet wird, dessen Preis zuletzt Rekordzahlen erklomm.

Die Sanktionen zwangen Russland, seine Energieträger stark verbilligt an die verbleibenden Länder und Händler zu verkaufen, die sich dem Sanktionsregime widersetzten. Im Gegenzug stieg der Preis anderer Exporteure, auf die Großverbraucher wie Westeuropa nun begrenzt waren. Da die europäischen Länder sich von dem ohne Energieaufwand die Pipelines herabfließenden russischen Gas trennen wollten, und spätestens mit der Sabotage der Nordstream-Pipelines auch die transportierbare Menge extrem reduziert wurde, stiegen Nachfrage und Preis von Flüssiggas (LNG) steil. Da dieses Gas zuerst unter Energieaufwand verflüssigt werden muss und dann (unter Energieaufwand) auf Tankern transportiert werden muss, ist es nicht nur teurer und umweltschädlicher, sondern durch die Verfügbarkeit von Verflüssigungsanlagen und Tanker-Terminals auch in der Menge sehr limitiert. Dies traf besonders ärmere Länder, die stark auf Flüssiggas gesetzt hatten, da es keine Pipelines in ihre Gebiete gibt, und sie preislich nicht mit den EU-Ländern mithalten konnten. Dies traf besonders auf Südasien zu. Der pakistanische Erdölminister beklagte damals: „jedes einzelne Molekül Flüssiggas, das in unserer Region erhältlich war, wurde von den Staaten Europas gekauft.“5

Hunger

Wie eingangs erwähnt, treffen die Preissteigerungen lebenswichtiger Ressourcen alle armen Menschen auf der Welt und sorgen für großes Leid und zerstörte Existenzen (z.B. weil der Bus zur Arbeit mehr kostet als das Gehalt). Doch Länder mit großen wirtschaftlichen Abhängigkeiten, wie Südasien mit Flüssiggas, oder Länder, die besonders von ukrainischen und russischen Getreideimporten abhängig waren, traf es besonders hart.Neben direkten Nachbarn Russlands, die weniger Schwierigkeiten gehabt haben werden, befinden sich diese Länder größtenteils in Afrika. Einige davon, wie Eritrea, Somalia, der Kongo oder Libyen, gehören zu den kriegsgeplagtesten Ländern der Welt, wo kaum staatliche Autorität oder Sozialwesen existieren, die Hilfe effektiv und gerecht verteilen könnten. Hinzu kommt, dass das gesamte östliche Afrika seit mehreren Jahren von einer historischen Dürre geplagt wird, was die Abhängigkeit von Importen und internationaler Hilfe vergrößert. Verschlimmert wird dies noch durch den vor kurzem beendeten Krieg in Äthiopien, eigentlich die Kornkammer der Region. Doch da private Geldgeber und internationale (Nichtregierungs-)Organisationen einen großen Teil der Hilfsgelder in die Ukraine umleiteten, gehen viele andere Krisenherde leer aus. So wurden beispielsweise bei den Geberkonferenzen für die durch Kriege zerstörten und an Hunger leidenden Länder Jemen und Afghanistan nur ein Drittel bzw. die Hälfte der je rund 4 Milliarden Dollar benötigter Mittel zugesagt. Von Hilfen für die in die hunderte Millionen gehenden Hungernden in Ostafrika und im Sahel ganz zu schweigen. Weil auch Hilfsorganisationen die Nahrungsmittel kaufen müssen, kündigten einige an, bei gleichbleibendem Budget signifikant weniger Menschen versorgen zu können.

Armut, Aufruhr, Instabilität

Die steigenden Preise destabilisierten in großem Ausmaß auch bis dahin recht stabile Länder außerhalb der Dauerkrisenherde – auch wenn die zwei anderen weltumspannenden Krisen, die Covid-19 Pandemie und der Klimawandel, das ihrige zuvor beitrugen. Mehrere ärmere Volkswirtschaften konnten ihre Schulden im letzten Jahr nicht mehr bezahlen, was auch mit den steigenden Preisen zusammenhing – auf lebenswichtige Ressourcen kann man eben nicht verzichten. Zuerst traf es Tansania, kurz darauf Sri Lanka. Im kleinen südasiatischen, ebenso Flüssiggas-abhängigen Inselstaat Sri Lanka führte dies zum Sturz der Regierung, die gerade eine Umstrukturierung der Schulden mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) aushandelte. Jahrelange Misswirtschaft und Korruption und das Fernbleiben der Tourist*innen, einer Haupteinnahmequelle des Landes, in der Coronapandemie hatten die öffentlichen Kassen austrocknen lassen. Die explodierenden Energiepreise und die Knappheit von Energieträgern, Medikamenten und anderen Gütern ließ die Bevölkerung aufstehen und den Präsidentenpalast stürmen.6

Auch in Pakistan und Bangladesch (wo zusammen mehr Menschen wohnen, als in der EU) führte das fehlende Flüssiggas, welches in beiden Ländern auch die Hauptenergiequelle zur Stromproduktion ist, zu Rationierungen. Das bedeutet, dass Strom für viele Haushalte, aber auch Gewerbe, oft nur wenige Stunden am Tag zur Verfügung stand. Dies ließ auch in der wichtigen Textilverarbeitungsbranche die Produktion einbrechen, was wiederum Devisen kostete und die Inflation anheizte. In beiden Ländern gab es Proteste. Nachdem Bangladesch schon Ende 2022 dazu übergegangen war, sich dem westliche Sanktionsregime zu widersetzen und Energie (und Getreide) – es seinem großen Nachbarn Indien gleichtuend – von Russland zu beziehen, nahm auch Pakistan im Januar 2023 diese Taktik an.

Doch auch in anderen Gegenden führte die Preisexplosion zu Aufständen. In Ecuador nahmen Indigenenorganisationen das Schicksal in ihre Hände und zwangen den neugewählten konservativen Präsidenten Guillermo Lasso unter anderem, sein Versprechen gegenüber dem IWF, die Energie-Subventionen zu senken, zu brechen, und diese stattdessen zu erhöhen.7 Allein zwischen Januar und September 2022 gab es in über 90 Ländern Proteste wegen steigenden Spritpreisen.8

Profiteure – und die, die es sein wollten

Zurück zu Südasien: während Sri Lanka, Bangladesch und Pakistan nach und nach anfingen, dennoch russisches Gas und Öl zu beziehen, konnte der geopolitisch gewichtige Gigant Indien es sich leisten, von Kriegsbeginn an stark rabattierte Großeinkäufe russischer Treibstoffe und Düngemittel zu beziehen. Der Westen ist in der Konfrontation mit China und als Produktionsort zu sehr auf Indien angewiesen, als dass er es für Sanktionsverstöße bestrafen könnte. Das gilt sogar für indische Bezüge aus der ebenfalls sanktionierten russischen Rüstungsindustrie und gemeinsame Militärübungen mit Russland.

Indien plante sogar, von den freiwerdenden Marktanteilen und dem gestiegenen Preis von Weizen zu profitieren. Obwohl es zweitgrößter Produzent der Welt ist, war es 2021 nur auf Platz 9 der Exporteure. Doch dieser Traum des indischen Premiers Narendra Modi wurde nicht wahr. Nach kurzer Zeit stiegen auch die heimischen Weizenpreise so sehr, dass er ein Exportverbot verhängen musste, um sich vor Unruhen zu schützen.9

Ähnlich erging es Indonesien, dem größten Palmölexporteur der Welt. Es wollte seine Exporte vergrößern, um von den ausfallenden Ölsaatenexporten aus der Ukraine zu profitieren, musste diese dann jedoch wegen der Preisentwicklung im Land stattdessen limitieren.10

Wer jedoch tatsächlich von den ausfallenden Düngemittellieferungen aus Russland und Belarus profitieren konnte, war Marokko, das seine Exporte derselben im September 2022 um 67% im Vergleich zum Vorjahr steigern konnte.11 Die Ironie hierbei ist, dass der größte Teil der marokkanischen Phosphor-Reserven in der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara liegen – wobei die internationale Anerkennung dieser Besatzung und des Verschiebens von Grenzen kürzlich besonders von der Ministerin der leeren Worte, Annalena Baerbock, vorangetrieben wurde.12 Im folgenden weitere Beispiele für diese grüne Doppelmoral:

Energie von anderen Autokraten – und Kriegstreibenden

Die meisten Energieexporteure profitierten natürlich von den steigenden Preisen, was auch ein Grund für die Weigerung der OPEC, die Förderungsmenge zu steigern, sein dürfte. Was einige Linke freuen dürfte, ist, dass sogar der brachliegende Ölsektor der scheiternden Utopie Venezuela profitieren konnte, da die USA einige Sanktionen lockerten und dem US-Energiekonzern Chevron wieder erlauben, Öl in Venezuela zu fördern.13 Doch am meisten profitieren die Top-Exporteure fossiler Brennstoffe, die autokratischen Golfmonarchien Saudi Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die nicht nur zu den undemokratischsten und repressivsten Systemen der Welt gehören, sondern mit ihrem Krieg im Jemen und dessen Hafenblockade auch maßgeblich für die laut UN größte humanitäre Katastrophe der Welt verantwortlich sind. Ironischerweise waren genau Katar und die VAE die Länder, in die Habeck als erstes reiste, um nach Alternativen zu russischen Gasexporten zu suchen. Dass beide Länder einen ebenso blutigen Krieg wie Russland führen, schien hierbei nicht zu interessieren und sollte auch nicht überraschen. Denn die an der Kriegskoalition beteiligten Staaten erhalten auch immer noch Waffen von Deutschland, allen voran Ägypten, aber auch Qatar, die VAE und, trotz eines eigentlichen Exportstopps, kürzlich auch wieder Saudi-Arabien.14 Auch ein anderes, einen Angriffskrieg führendes Land, die Türkei, profitiert von den Sanktionen durch rabattierte Produkte aus Russland und dadurch, dass es seine völkerrechtswidrige Invasion im medialen Schatten des Ukrainekriegs unbescholten weiterführen kann.

Klimaschutz – nur wenn‘s uns passt

Für einiges an Verärgerung, besonders in Afrika, sorgte es auch, dass nun, da Europa Gas braucht, plötzlich alle Hürden fielen, die den Abbau lokaler Ressourcen verhinderten. Wegen des Klimawandels wollten die Länder des globalen Nordens keine der Abbauprojekte finanzieren. Nun aber war das Geld da, um im Senegal nach Gas zu bohren oder eine Riesenpipeline von Uganda nach Tansania zu legen. Die Bevölkerungen dieser Länder, die oft unter Energiearmut leiden, profitieren jedoch wenig davon. Die Rohstoffe werden abtransportiert, Quoten der Geberländer bedient und der Rest landet auf dem Weltmarkt. Etwas Geld der Konzessionen geht an die Regierungen, versickert dort aber oft. Zudem ist den Menschen durchaus bewusst, dass sie zwar nicht die Verantwortlichen, sondern die Leidtragenden des Klimawandels sind. Sie sehen, wie viel der globale Norden nun wieder in fossile Infrastruktur investiert – während die versprochenen Milliarden zur Anpassung an den Klimawandel nicht kommen.

Egoistische Sanktionen und Blockdiplomatie

Im Lichte all dieser Doppelmoral dürfte es wenig überraschen, dass sich wenige Menschen im globalen Süden für die Verteidigung der Ukraine und die damit verbundene Weiterführung des Kriegs sowie die Sanktionen gegen Russland begeistern ließen – obwohl sie die Aggression, Invasion und Annexion durchaus verurteilen. Somit beteiligten sich viele Länder an der vom Westen vorangetriebenen UN-Resolution zur russischen Invasion im März und der Annexion im Oktober, allerdings nur 28 der 54 in der UN vertretenen afrikanischen Staaten. Bei der jüngsten Resolution im November, die Russland zu Reparationszahlungen aufruft, fiel es dem Westen erheblich schwerer, eine Mehrheit aufzubauen. Mit 94 Stimmen dafür, 14 Gegenstimmen und 73 Enthaltungen sprach sich nur eine knappe Mehrheit für diese Forderung aus.15

Noch deutlicher wird die Isolation des Westens in der Welt an den Ländern, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben, die in der lokalen Presse lange noch als „Großteil der internationalen Gemeinschaft“ betitelt wurden. Effektiv waren es jedoch nur europäische Länder, die angelsächsischen Siedlerkolonien, sowie die vier ostasiatischen Länder mit hohem Einkommen – Japan, Südkorea, Taiwan und Singapur –, die Russland sanktionierten. Die Länder in Afrika und Südamerika sind nicht bereit Sanktionen zu verhängen, sondern verurteilen diese größtenteils.16 Als Indien im letzten Jahr den Vorsitz des G-20 Treffens übernahm, kündigte die indische Finanzministerin sogar an, dass die westlichen Sanktionen gegen Russland diskutiert werden müssten.17

Noch weniger Bereitschaft besteht, den Krieg durch Waffenlieferungen zu verlängern – nicht einmal wenn dies im Ringtausch modernere Waffen brächte, was kürzlich Kolumbien, der engste NATO-Verbündete in Südamerika, ablehnte.18

Die Angst, in einen neuen Kalten Krieg hineingezogen zu werden, ist offensichtlich berechtigt. Mit dem Countering Malign Influences in Africa Act haben die US-Parlamente eine legale Grundlage geschaffen, alle ihre Aktivitäten gegenüber afrikanischen Ländern an deren Kooperation mit Russland zu bemessen.

Hört ihre Stimmen

Diese Einmischung in die Wirtschafts- und Bündnisfreiheit wurde dort als Strafe der Länder, die bezüglich der Ukraine nicht mit dem Westen an einem Strang ziehen, gesehen, so der südafrikanische Minister für internationale Beziehungen.19

In einem sehenswerten ZDF-Interview mit der südafrikanischen Außenministerin, Naledi Pandor, kann man diese sehr besonnen ihre Position zum Krieg, den Sanktionen und einer notwendigen Verhandlungslösung vortragen hören.20 Dass letztere ein klarer Imperativ von Seiten des globalen Südens ist, wurde eindeutig von vielen gewählten Regierungsvertreter*innen von Südamerika über Afrika bis Südasien geäußert.21 Eine Verlängerung des (Wirtschafts)Krieges können sich die Länder im globalen Süden nicht leisten.

Anmerkungen

1 International Energy Association, Länderprofil Russland: iea.org/countries/Russia.

2 Food and Agriculture Organization of the United Nations: The importance of Ukraine and the Russian Federation for global agricultural markets and the risks associated with the current conflict, fao.org Rome, 2022.

3 Press Conference by Secretary-General António Guterres at United Nations Headquarters, press.un.org, 08.06.2022.

4 Savage, Susannah, Bartosz Brzezinski et.al.: EU agrees to ease Russia fertilizer curbs after row, angering Ukraine, politico.eu, 15.11.2022.

5 Poorer nations like Pakistan pay the price for EU‘s scramble for gas, tribune.com.pk, 10.07.2022.

6 Arudpragasam, Amita: How the rajapaksas destroyed Sri Lanka‘s economy, foreignpolicy.com, 28.04.2022.

7 Osborn, Catherine: Ecuador’s Uprising Is Only the Beginning, foreignpolicy.com, 07.01.2022.

8 Gebreab, Efrem, Thomas Naadi et al.: Fuel protests gripping more than 90 countries, bbc.com 17. Oktober 2022

9 Jadhav, Rajendra & Mayank Bhardwaj: India may extend wheat export ban to preserve local supplies – govt sources reuters.com, 08.2.2023.

10 Nangoy, Fansiska: Indonesia bans palm oil exports as global food inflation spikes reuters.com, 23.04.2022.

11 Kasraoui, Safaa: Morocco’s Phosphate and Derivative Exports Hit $8.63 Billion in September moroccoworldnews.com, 24.11.2022.

12 Flock, Pablo: Wertepartnerschaft über Völkerrecht. IMI-Standpunkt 2022/33, imi-online.de, 31.08.2022.

13 US eases oil sanctions on Venezuela as gov and opposition resume talks, nypost.com, 26.11.2022.

14 Ampel genehmigt erstmals Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, dw.com, 30.09.2022.

15 General Assembly adopts resolution on Russian reparations for Ukraine, news.un.org, 14.11.2022.

16 S Africa’s Ramaphosa: Russia sanctions hurting ‘bystander’ states, aljazeera.com/economy, 24.05.2022.

17 G20 must discuss ‘spillover impact‘ of Russia sanctions: FM Nirmala Sitharaman, cnbctv18.com, 01.11.2022.

18 Colombia Refuses To Donate Russian Weaponery To Ukraine, telesurenglish.net, 25.01.2023.

19 Everett, Mariamne: Blinken arrives in Africa ‘to counter Russian influence’ on the continent, france24.com, 6.8.2022; Auch die Regionalorganisation SADC verurteilt das US-gesetz: Kester Kenn Klomegah: Africa is Not For Sale: Sixteen SADC African Nations Reject “Countering Malign Russian Activities in Africa Act” (H.R. 7311), globalresearch.ca, 25.08.2022.

20 G7: Südafrika verlangt diplomatische Lösung, zdf.de, 27.06.2022.

21 Ukraine-Krieg: Was viele Länder der Welt jetzt fordern, telepolis.de, 04.10.2022.