IMI-Standpunkt 2020/020
Einsatz gegen Corona
Die neue Werbekampagne der Bundeswehr
von: Nina Rupprecht | Veröffentlicht am: 3. Juni 2020
Nach der Youtube-Serie “Die Rekrutinnen” oder der “Gas, Wasser, Schiessen”-Plakatwerbung im letzten Jahr, gibt es nun rund um Corona eine neue Kampagne der Bundeswehr. Beauftragt ist erneut die Agentur Castenow, die seit 2015 mit der Bundeswehr zusammenarbeitet.[1] Während mit “Die Rekrutinnen” Frauen die erklärte Zielgruppe waren, sollte mit “Gas, Wasser, Schiessen” die Handwerkerschaft angesprochen werden. Zurecht wurde hierbei vom Zentralverband der deutschen Handwerkerschaft (ZDH) sowie der Evangelischen Kirche Niveaulosigkeit[2] und mangelndes “geschichtliches Bewusstsein” moniert.[3]
Dennoch bleibt die Bundeswehr der Firma Castenow treu, jetzt mit der “Einsatz gegen Corona”-Kampagne auf sämtlichen Social-Media-Kanälen (Youtube, Facebook, Twitter und Instagram). Betrachtet man die Hashtags, die die Bundeswehr nutzt, wird die Werbebotschaft, die Castenow nun senden will, schnell klar. Sowohl #bundeswehrhilft als auch #füreuchgemeinsamstark stellen nicht den militärischen Charakter der Bundeswehr in den Fokus, sondern wollen die Bundeswehr als Helferin in der Krise darstellen. Ähnlich verhält es sich bei den Youtube-Folgen rund um die Kampagne. Hier ist in den ersten zwölf Folgen viermal das Wort “Hilfe” im Titel enthalten. Weiterhin wird versucht, die Bundeswehr als Unterstützerin in Gesundheitswesen (z.B. “Transport von Intensivpatienten” oder “Im Bundeswehrkrankenhaus”) und Forschung (z.B. “Corona auf der Spur” oder “Technologien gegen das Virus”) darzustellen. Als Erfolg ist die Kampagne bisher nicht zu werten: Die Videos der Youtube-Dokumentation bewegen sich zwischen 20.000 und 180.000 Klicks (Stand 05.5.2020). Dennoch ist diese Militär-PR relativ teuer: Für die Bundeswehr-Serien wurden 2020 rund 1,2 Mio. Euro ausgegeben. Schaut man auf die Einzelkosten, dann entfallen 338.000 Euro auf die Produktion der fünf- bis siebenminütigen Clips. Die restlichen 835.000 Euro sind für die Bewerbung der Serie vorgesehen.[4]
Sehr unterhaltend ist eine Snapchat-Lens mit Warngeräusch, wenn eine Person einer anderen zu Nahe kommt.[5] Hier hat Castenow ignoriert, dass die Bundesregierung für sich in Anspruch nimmt, dass bei der Personalwerbung “die Darstellung der Bundeswehr als “sinnstiftender” und “qualifizierender” Arbeitgeber im Vordergrund [steht] und nicht die Elemente ‘Fun’ und ‘Action’” (Drucksache 19/10515, S.1) und wurde auch nicht von ihrem Auftraggeber korrigiert.
Die Kampagne ist einerseits sicher ein Versuch, den derzeitigen Einsatz im
Inneren zu legitimieren und das Bundeswehrimage zu verbessern. Ebenso will sich
die Bundeswehr aber als attraktive Arbeitgeberin im medizinischen oder
naturwissenschaftlichen Bereich darstellen. Ersteres ist insbesondere auch
insofern kritisch, als dass medizinisches Personal in öffentlichen
Krankenhäusern fehlt. Im Sinne der Daseinsfürsorge wäre hier ein entschiedenes
Handeln für attraktivere Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung von
staatlicher Seite lange überfällig.
Anmerkungen
[1] Castenow verteidigt den Gesamtetat “Arbeitgebermarke Bundeswehr”, castenow.de, abgerufen am: 28.4.2020.
[2] Bundeswehr-Kampagne erntet Shitstorm – Handwerk beschwert sich in Brief bei von der Leyen, merkur.de, 23.1.2020.
[3] Kritik an Bundeswehr-Werbung, evangelisch.de, 08.6.2019.
[4] Selbstinszenierung mit Millionenbudget, neues-deutschland.de, 11.5.2020.
[5] Bundeswehr hilft, Leute auf Distanz zu halten, wuv.de, abgerufen am: 28.4.2020.