IMI-Standpunkt 2013/061

Ashton will Militär-Drohnen für Zivilaufgaben!

von: Michael Haid | Veröffentlicht am: 27. Oktober 2013

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Auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2013 sollen die Weichen für die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU gestellt werden. Unter anderem hatte hierfür die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ in einem Papier (SWP-Aktuell, Oktober 2013) vorgeschlagen, sich dort auf diverse „Flaggschiffprojekte“ zu einigen. Sie sollen die „Gipfelergebnisse greifbar machen und damit zentrale Bereiche militärischer und industrieller Fähigkeiten stärken.“ Zu diesen ambitionierten Vorzeigeprojekten soll ein „europäisches Drohnen-Programm“ gehören, das als „Technologietreiber“ ein wichtiges Signal an die Rüstungsindustrie sei und die rüstungsindustrielle Basis stärken helfe: Die EU-Staaten könnten umgehend ein europäisches Drohnen-Programm starten. In dessen Rahmen würden Demonstratoren für alle notwendigen Technologien der kommenden Generation unbemannter fliegender Systeme entwickelt werden. Dieses Projekt wäre das lange erwartete Signal an die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie, dass die EU-Staaten die transatlantische Lücke bei dieser so wichtigen Technologie tatsächlich schließen wollen.“

Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton beschäftigt sich mit diesem Thema. Sie forderte in einem kürzlich veröffentlichten Strategiepapier (15.10.2013) zur Vorbereitung dieses EU-Gipfels unter anderem, die Mitgliedsländer sollten ihre Militär-Drohnen zur Grenzüberwachung einsetzen, mithin für zivile Aufgaben nutzen. In der EU verfügen gegenwärtig nur Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien über Drohnen, die diese Anforderungen erfüllen könnten. Diese Staaten haben sie aber bislang nur in militärischen Operationen eingesetzt. Über die Highlights dieses Papiers berichtete die Webseite euobserver.com (22.10.2013) in einem Beitrag.

Dem Papier von Ashton zufolge seien Pionierprojekte zur Entwicklung von Fähigkeiten gefördert worden, die beide – nämlich militärische und zivile – Verwendungen ermöglichten. Dabei wurden  Drohnen in diesem Bericht als eine Schlüsselfähigkeit für die Zukunft beschrieben, da sie ein breites Fähigkeitsspektrum böten, das zu unterschiedlichen Aspekten EU-geführter militärischer und ziviler Operationen beitragen könne. Auf zivilem Gebiet würden Drohnen unter anderen in folgenden Bereichen zur Überwachung dienen: Grenzkontrolle, Kritische Infrastrukturen, Katastrophen, Umwelt und Landwirtschaft. Auf militärischem Gebiet hätten Drohnen ihre Operationskapazitäten bereits demonstriert, einschließlich der Überwachung und Sammlung von Informationen.

Das Ziel sei deshalb einen Ansatz in der EU zu fördern, der diese Schlüsselfähigkeit der Zukunft entwickelt. Wie Ashton in ihrem Bericht weiter ausführt, gäbe es einen dringenden Bedarf, ein Programm für so genannte MALE-Drohnen der nächsten Generation zu erstellen. Die englische Abkürzung MALE steht für Medium Altitude Long Endurance. Damit wird die Klasse beschrieben, nach der die Drohnen aufgrund ihrer Fähigkeiten üblicherweise eingeteilt werden. MALE bedeutet in Deutsch etwa mittlere Flughöhe und große Reichweite. Es handelt sich somit um einen sehr leistungsfähigen Drohnen-Typ. Das Ashton-Papier stellt abschließend fest, dass es Spielraum für eine so genannte Public Private Partnership zwischen der EU-Kommission, der Europäischen Verteidigungsagentur, den Mitgliedsstaaten und der Industrie gäbe, eine MALE-Drohne zu entwickeln.

Hinter dieser Forderung Ashtons stecke die Idee, Behörden ein leichtes Wechseln der Ausrüstung der MALE-Drohne – je nach (zivilem oder militärischem) Missionsbedarf – zu ermöglichen, wie die Webseite euobserver.com in ihrem Artikel verdeutlichte. Und die großen Rüstungskonzerne würden auf diesen Zug nur allzu gern aufspringen, wie es in diesem Beitrag weiter heißt (wenn sie ihn nicht maßgeblich mit initiierten). So haben im Juni dieses Jahres die Rüstungsfirmen Dassualt, EADS und Finmeccanica eine gemeinsame Erklärung zur Gründung ihres eigenen europäischen MALE-Programms unterzeichnet. Allerdings begegnen MALE-Drohnen, die in derselben Höhe wie normale Passagiermaschinen fliegen könnten, einer ganzen Reihe von technischen, Sicherheits- und behördlichen Hürden. Daher ist aus Sicht der Drohnen-Produzenten die Integration von Drohnen in den kommerziellen Luftraum der EU ein Haupthindernis. Nach einer Schätzung von Eurocontrol (internationale Organisation zur zentralen Koordination der Luftverkehrskontrolle in Europa) seien bereits 20.000 Drohnen mit einem Gewicht von weniger als 150 Kilogramm in der EU verkauft worden.