IMI-Standpunkt 2007/057

Nein auch zum „neuen“ EU-Vertrag

in: Schwäbisches Tagblatt, 10.08.2007

von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 10. August 2007

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Die Europäische Union schickt sich an, sich einen „neuen“ EU-Reformvertrag zu geben. Nach dem Beschluss des EU-Gipfels von Brüssel sollen nun ausschließlich Regierungsexperten den endgültigen Vertrag aushandeln. Viel wird sich nun aber nichtmehr ändern (lassen).

Der irische Regierungschef Bertie Ahern sagt: „Etwa 90 Prozent des Kernpakets bleiben gegenüber dem europäischen Verfassungsvertrag unverändert.“ Der Hauptautor des Verfassungsvertrages, der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing, hat am 17. Juli vor dem konstitutionellen Ausschuss des Europäischen Parlaments offen darauf verwiesen, dass die Inhalte größtenteils unverändert geblieben seien, sie würden lediglich anders dargestellt. Die Regierungen der EU hätten sich auf ‚kosmetische Veränderungen‘ der Verfassung geeinigt, um sie leichter verdaulich zu machen. Ziel sei es, Referenden in den Mitgliedstaaten zu umgehen.

Giscard d’Estaing und Ahern haben analytisch recht. Allerdings ist das Betrug an der Bevölkerung in Frankreich und den Niederlanden, die jeweils in Referenden den Inhalt des EU-Verfassungsvertrags abgelehnt hatten. Wir müssen für Referenden über den EU-Vertrag in allen Ländern kämpfen. Wahrscheinlich in Dänemark und sicher in Irland wird es aber auf jeden Fall Referenden geben. Warum nicht in Deutschland?

Was steht nun im absehbaren Reformvertrag? Kritisiert wurden von Attac, der Linken, der Friedensbewegung unter anderem die Militarisierung und die Festschreibung neoliberaler Wirtschaftspolitik. Wie steht es damit?

In der „Faz“ stand: „Unter Hinweis auf das Nein seiner Landsleute zum Verfassungsvertrag im Mai 2005 konnte Sarkozy in Verhandlungen mit der Ratspräsidentschaft durchsetzen, dass das Streben ’nach freiem und unverfälschtem Wettbewerb‘ im Reformvertrag nicht mehr als eines der ‚Ziele der Union‘ aufgeführt werden soll. Von deutscher Seite hieß es, die Bundeskanzlerin könne damit leben, da die Grundsätze des freien Wettbewerbs an verschiedenen Stellen der Verträge ausdrücklich festgeschrieben seien.“

„Das zweite Kapitel enthält die auf der Regierungskonferenz 2004 geänderten Bestimmungen des Titels V des bestehenden EUV (einschließlich des Europäischen Auswärtigen Dienstes und der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich)“. (Mandat Regierungskonferenz)

Damit sollen alle Regelungen des Verfassungsvertrags für den Militärbereich in den neuen EU-Reformvertrag übernommen werden. (näheres auf meiner Homepage www.tobias-pflueger.de)

Nach wie vor ist keine parlamentarische Kontrolle bei der EU-Außen- und Militärpolitik möglich und gewünscht, das Europäische Parlament soll weiterhin nur auf dem Laufenden gehalten werden. Was das bedeutet, habe ich im Auswärtigen Ausschuss oft genug erlebt: Jeweils eine Minute für alle Abgeordneten für Fragen an den zuständigen Javier Solana und nichts sagende unbefriedigende Antworten.

Im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung habe ich gelernt: Der bisherige Nizza-Vertrag verbietet einen eigenen EU-Militärhaushalt (zusätzlich zu den einzelstaatlichen), der neue Vertrag würde dieses ermöglichen. Deshalb auch der Druck der Rüstungs- und Militär-Lobby für den neuen Vertrag.

Der Militärbereich war das Rückgrat des Verfassungsvertrages. Der absehbare Reformvertrag ist ebenfalls ein Militärvertrag. Mit ihm wird kein sozialeres, friedlicheres Europa geschaffen. Das heißt: Nein zum angeblich „neuen“ EU-Reformvertrag.