IMI-Standpunkt 2007/001
Begrüßung der Ermittlungen gegen KSK-Soldaten –
nun Ermittlungen gegen politisch Verantwortliche notwendig!
von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 8. Januar 2007
Zu den heute von der Staatsanwaltschaft Tübingen bekannt gegebenen Ermittlungen gegen zwei Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr wegen der Misshandlung von Murat Kurnaz, Tobias Pflüger:
Ich begrüße ausdrücklich, dass nun durch die Staatsanwaltschaft Tübingen Ermittlungen gegen zwei KSK-Soldaten wegen der Misshandlungen von Murat Kurnaz bei seiner Entführung – kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist – eingeleitet worden sind. Die Praxis des Kommando Spezialkräfte (KSK) kann somit von einer ordentlichen Gerichtsbarkeit überprüft werden.
Dabei sind auch folgende Punkte zu klären:
– Wie wurde und wird vom KSK grundsätzlich mit Gefangenen verfahren?
Die Behauptung, dass Gefangene wie behauptet, ausschließlich örtlichen Gerichtsbarkeiten oder Sicherheitsleuten übergeben würden, ist in Bezug z.B. auf Afghanistan – insbesondere in der Anfangszeit 2001 sehr unglaubwürdig und wäre auch angesichts der „rechtsstaatlichen“ Verhältnisse in Afghanistan schlimm genug.
– Gibt es irgendeine politisch-parlamentarische Kontrolle der Aktionen des Kommando Spezialkräfte? Das KSK macht deutlich, wie weit es her ist mit der vielbeschworenen „Parlamentsarmee“. Das KSK ist de facto eine Truppe der Exekutive.
– Welche Zusammenarbeit gab und gibt es zwischen US-Truppen und dem Kommando Spezialkräfte?
– Weiß die Bundesregierung überhaupt, was das Kommando Spezialkräfte tut?
Wenn nein, ist das ein politischer Skandal, wenn ja, billigt die Bundesregierung offensichtlich die Teilnahme und Unterstützung des KSK beim Foltern und Misshandeln von Gefangenen in Afghanistan durch US-Truppen.
Mit den Ermittlungen gegen die KSK-Soldaten wurde das Dezernat Sonderfälle/Organisierte Kriminalität der Landespolizeidirektion Karlsruhe beauftragt. Das ist bezeichnend. Die Stück für Stück bekannt werdenden KSK-Aktionen treffen tatsächlich immer mehr die Formulierung „Organisierte Kriminalität“.
Die Ermittlungen gegen KSK-Soldaten wegen der Fälle von Januar 2002 werden spannend. Hoffentlich kommt etwas von dem ans Licht, was diese „Elitetruppe“ der Bundeswehr bei ihren Einsätzen, offensichtlich mit Billigung der Bundesregierungen seit 2001, so getrieben hat und noch heute treibt.
Es ist skandalös, dass trotz dieser nicht mehr wegzuredenden Nähe zur mittlerweile gängigen Folterpraxis im „Krieg gegen den Terror“ immer noch keine ernsthafte parlamentarische Kontrolle dieser Spezialtruppe in die Wege geleitet wurde.
Als politische Forderung bleibt, dass schlussendlich nicht nur Ermittlungen gegen die KSK-Soldaten, sondern auch gegen die damals (und heute) politisch Verantwortlichen für die KSK-Einsätze eingeleitet werden müssen.