Pressebericht / in: Süddeutsche Zeitung 11.02.2003

Der Liedermacher und sein fragwürdiger Aufruf

Konstantin Wecker soll Soldaten zur Fahnenflucht aufgefordert haben – die Polizei ermittelt

von: Süddeutsche Zeitung / Dokumentation / Pressebericht | Veröffentlicht am: 12. Februar 2003

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Dem Liedermacher Konstantin Wecker droht im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Münchner Sicherheitskonferenz ein juristisches Nachspiel. Wie die Polizei mitteilte, wird Wecker der öffentliche Aufruf zu einer Straftat vorgeworfen. Der Musiker habe bei einer Kundgebung gegen die Sicherheitskonferenz am Samstag gesagt: „Ich rufe die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die demnächst ihren Dienst in den Awacs-Flugzeugen tun sollen, dazu auf, diesen Kriegsdienst zu verweigern oder zu desertieren.“ Sobald die Ermittlungen abgeschlossen seien, solle bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Konstantin Wecker gestellt werden.

Weckers Büro bestätigte gestern das Zitat. Den Angaben zufolge hatte der Liedermacher bei der Abschlusskundgebung den Aufruf wiederholt, den Tobias Pflüger von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung am Samstag bei seiner Ansprache auf dem Marienplatz an die Soldaten gerichtet hatte. Pflüger sei daraufhin von der Polizei abgeführt worden. In anderen Medienberichten heißt es, Wecker habe nach der Polizeiaktion gegen Pflüger bei der Schlusskundgebung überdies gesagt: „Jetzt wollen wir mal sehen, ob die Polizei uns alle hier auch festnimmt.“ Ferner habe er die Menge aufgefordert, die Worte nachzusprechen. Bei einer Verurteilung muss Wecker nach den Angaben einer Polizeisprecherin mit einer Geldbuße oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.

Konstantin Wecker engagiert sich seit Wochen gegen die Kriegspläne der USA. Im Januar war der Liedermacher mit einer Delegation in den Irak gereist, um die dortige Lage zu erkunden. Damals hatte Wecker in einem Interview mit der SZ erläutert, was ein militärischer Angriff gegen Bagdad für das Land, aber auch für die westliche Kultur bedeuten würde: „Ein Zurückbomben in die Zeit vor der Aufklärung. Jedes Recht würde gebrochen. An seiner Stelle würde das Recht des Stärkeren herrschen. Ein Krieg wäre der Beginn von weiteren Aktionen dieser Art. Die politische Kultur des Westens würde umgestülpt.“

Original: http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/getArticleSZ.php?artikel=artikel1379.php

AFP/SZ