IMI-Aktuell 2025/301

Spinnennetz: Spiel mit dem Feuer

von: 5. Juni 2025

Drucken

Hier finden sich ähnliche Artikel

Im Präsidentenerlass Nr. 991 vom November 2024 wurde die Schwelle für mögliche russische Atomwaffeneinsätze erheblich abgesenkt (siehe dazu IMI-Studie 2024/7). Darin heißt es: „Der Einsatz der Atomwaffen durch die Russische Föderation ist möglich, […] wenn der Gegner auf kritische Regierungs- und Militärstandorte der Russischen Föderation einwirkt, deren Außerbetriebsetzung die Reaktionsmaßnahmen der Atomstreitkräfte untergraben würde;“ (Präsidentenerlass Nr. 991, 19. November 2024)

Wie u.a. ein Artikel in der Internationalen Politik und Gesellschaft verdeutlicht, dürfte das bei den ukrainischen Drohnenangriffen der Operation „Spinnennetz“, bei denen höchstens wohl 13 russische Bomber und Aufklärungsflugzeuge zerstört oder schwer beschädigt wurden, der Fall gewesen sein: „Die angegriffenen Luftwaffenstützpunkte gehören zum sogenannten Abschreckungsdispositiv Russlands. Neben land- und seegestützten Trägersystemen bilden sie den dritten Pfeiler der nuklearen Triade.“

Diverse Akteure argumentieren jetzt, Russland bluffe nur, deshalb sei es richtig, derlei Warnungen zu ignorieren. Beispielhaft sei hier ein ausführlicher Tweet/X von Julian Röpcke erwähnt, dem leitenden Redakteur Sicherheitspolitik und Konflikte der Bild: „Die Reaktion des Kreml – oder vielmehr das völlige Ausbleiben einer Reaktion, sei es politisch, medial oder militärisch – verdeutlicht einmal mehr, wie erschöpft das Eskalationspotenzial der russischen Führung und Streitkräfte derzeit ist. […]  Anstatt das Ausmaß der Niederlage einzugestehen, militärisch etwa mit ballistischen Raketen oder sogar taktischen Nuklearwaffen zurückzuschlagen oder zumindest mit einer ernstzunehmenden Gegenreaktion zu drohen, schweigt das Regime von Wladimir Putin den Angriff schlichtweg tot. […] Insofern offenbart dieser ukrainische Schlag einmal mehr die Schwäche Russlands. Und er offenbart ein Paradox: Je stärker Russland militärisch getroffen wird, desto verhaltener fällt seine Reaktion aus. […] Russland muss militärisch besiegt werden, damit es überhaupt wieder in der Lage ist, auf halbwegs normale Weise mit anderen Staaten zu interagieren.“

Dieses Vorgehen hat Methode: Es werden solange russische rote Linien unter Verweis auf angebliche Bluffs Moskaus überschritten, bis es dann schlussendlich doch zu einer Reaktion kommt und die nächste Sprosse der Eskalationsleiter erklommen ist. Dies nun auch noch explizit mit Angriffen gegen Teile der russischen Nuklearstreitkräfte zu tun, ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, das kritisiert und nicht abgefeiert gehört! (jw)