Vielleicht nur ein kleiner Ausrutscher, vielleicht auch ein Beispiel tendenziöser Berichterstattung. In einem Beitrag der taz über die aktuellen Kämpfe im Norden Malis, bei denen die Truppen der Putschregierung offenbar von russischen Einheiten unterstützt werden, wird ein Sprecher der „Tuareg-Rebellenallianz CSP-DPA“ folgendermaßen zitiert: „Die Azawad-Kämpfer (Azawad ist der Tuareg-Name für ihren Staat im Norden Malis; Anm. d. Red.) kontrollieren die Lage in Tinzaouaten und weiter südlich in der Region Kidal.“ Der angesprochene, vermeintliche „Staat“ Azawad wird jedoch weltweit durch keinen anderen Staat anerkannt, sondern war der eher missglückte Versuch einer Sezession in den Wirren der Jahre 2012/13, die an die Libyen-Intervention der NATO anschlossen.
Als dann später die Bundeswehr vor Ort war, um das Land an der Seite seiner frnzösischen Verbündeten zu „stabilisieren“, ist auch die taz (in Person des Autors Dominic Johnson) deutlich vorsichtiger mit dem vermeintlichen Staat umgegangen und hatte ihn konsequent in Anführungszeichen gesetzt, so z.B. in Beiträgen vom 14.8.23, 27.6.23, 12.02.22:
„‚Azawad‘ hieß der kurzlebige Separatistenstaat, den aufständische Tuareg 2012 im Norden Malis ausriefen, bevor dort radikale Islamisten die Kontrolle übernahmen und schließlich 2013 Frankreich militärisch eingreifen musste…“
„Am 6. April 2012 riefen Tuareg-Rebellen im Norden eine unabhängige „Republik Azawad“ aus, wo islamistische Kämpfer bald die Kontrolle übernahmen.“
„…Tuareg-Rebellen, die dort 2012 die Macht übernahmen, ihren kurzlebigen eigenen Staat „Azawad“ ausriefen…“
Ist aus dem „kurzlebigen Separatistenstaat“ in Anführungszeichen nun doch noch ein Staat geworden, weil er nun mit russischer Unterstützung bekämpft wird? Der Beitrag ist überschrieben mit dem Titel „Wagner-Debakel in Malis Wüste“ und zitiert unhinterfragt das Propagandamaterial einer Konfliktpartei („Videos und Fotos vom Wochenende zeigen Leichen von Weißen in Uniform im Wüstensand und weiße Gefangene in Obhut von Rebellen des Tuareg-Volkes“) und spricht von einem „Debakel“ bei einer Schlacht in einer Auseinandersetzung, in der die malische Junta ansonsten zuletzt Fortschritte gemacht hatte.