Die Befreiungsbewegung der von Marokko besetzten Westsahara hatte in den letzten Jahren einige Rückschläge einzustecken, so wie die Wiederaufnahme des Krieges und die Anerkennung der marokkanischen Souveränität über das besetzte Land durch die USA, aber einen kleinen Sieg zu feiern, als der Europäische Gerichtshof (EuGH) vor ein paar Jahren ein Handels- und Fischereiabkommen kippte, das die EU mit Marokko ausgehandelt hatte und das die Gewässer der Westsahara mitbehandelt, ohne dass die international Anerkannte Vertretung der sahrauischen Bevölkerung, die Befreiungsfront der Westsahara POLISARIO, miteinbezogen wurde.
Dieser Etappensieg hat nun am 22. März einen herben Rückschlag erlitten, wie die Tageszeitung junge Welt berichtete: „In der ersten Instanz hatte das Gericht die Abkommen gekippt. Doch Brüssel hatte dagegen Widerspruch eingelegt. Jetzt geht es um den abschließenden Entscheid. Der ist zwar erst in ein paar Monaten zu erwarten. Aber normalerweise deckt er sich mit dem, was die Chefankläger ankündigen – und das weicht erheblich von den vorigen Urteilen ab. Demnach plädiert Ćapeta dafür, im Fall des Fischereiabkommens der Klage der Polisario-Front nachzugeben. Was aber das Handelsabkommen angeht, soll sie abgewiesen werden.
Erstaunlich ist die Begründung. So spricht Ćapeta plötzlich der Polisario-Front ab, die »offizielle oder anerkannte« Vertretung der Sahrauis zu sein. Außerdem heißt es, dass Marokko aus Sicht der EU »Verwaltungsmacht der Westsahara« sei und es daher keinen Rechtsverstoß darstelle, wenn Rabat im Namen der Sahrauis Abkommen mit Brüssel abschließe.“
Vorherige IMI-Texte, so wie IMI-Standpunkt 2023/011: Gegen Partei, Bevölkerung und Völkerrecht, dokumentieren europäische, besonders spanische und deutsche Versuche, das internationale Recht und Resolutionen der Vereinten Nationen im Bezug auf die Westsahara zu untergraben.
Mit der Sichtweise des Chefanklägers und evtl. dann mit dem Urteil bewegt sich auch der oberste Gerichtshof der EU weg von den rechtlichen Gepflogenheiten und es würde, wie die jW schreibt, „in der EU ein anderes Recht gelten als auf Ebene der UNO oder der Afrikanischen Union. Beide Institutionen erkennen die Polisario-Front seit langem als legitime Repräsentantin der Sahrauis an und haben sämtliche Ansprüche Marokkos auf die Westsahara zurückgewiesen.“ ‚(pf)