IMI-Aktuell 2023/736

medico zu Gaza

von: 15. November 2023

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Absolut lesenswert ist der aktuelle Newsletter der Hilfsorganisation medico international zum Krieg in Gaza. Verlinkt und in Teilen zitiert ist darin u.a. die Erklärung „Den Horror in Gaza beenden“. Darin heißt es u.a.:

„Israels Armee ist außer Kontrolle, außerhalb der Verhältnismäßigkeit und außerhalb völkerrechtlicher und wertegeleiteter Bahnen. Die Menschen in Gaza durchleben seit Wochen die blanke Hölle und kein Tunnel unter ihnen rechtfertigt die Fortsetzung dieses Albtraums. Seit dem 7. Oktober finden flächendeckende Angriffe auf alle Teile Gazas statt, die etwa die Hälfte aller Wohnhäuser beschädigt, zerstört oder bis auf weiteres unbewohnbar gemacht haben. 1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht, so viele wie noch nie in Palästina. Sichere Zufluchtsorte gibt es nicht, bombardiert wird überall. Ganze Familien werden durch Luftangriffe ausgelöscht.

Das vorläufige Ergebnis: Binnen vier Wochen sind in Gaza mehr als doppelt so viele Frauen und Kinder dem Kriegsgeschehen zum Opfer gefallen, wie in der Ukraine seit Kriegsbeginn durch Verbrechen der russischen Armee den Tod fanden. Fast 11.000 Menschen sind bei israelischen Angriffen getötet worden, etwa 68 Prozent davon Frauen und Kinder. Schätzungsweise 2.650 gelten als vermisst, auch davon etwa 1.400 Kinder. Die meisten dürften unter den Trümmern ihrer Häuser begraben liegen. In keinem Konflikt weltweit haben die Vereinten Nationen bisher so viele Personal verloren wie in Gaza: 100 Mitarbeiter:innen kamen bei den Angriffen seit dem 7. Oktober ums Leben.“

Zur Rolle Deutschlands wird dort u.a. ausgeführt:

„Die deutsche Bundesregierung ist ein politischer Akteur und trägt Verantwortung. Bundeskanzler Scholz war der erste Regierungschef, der Israel nach dem 7. Oktober besuchte, die Bundesregierung und die gesamte Parteienlandschaft in Deutschland haben sich solidarisch mit Israel – was in dieser Situation auch bedeutet: solidarisch mit dem Krieg gegen Gaza – gezeigt und die Bundesregierung hat hierfür einen Freifahrtschein ausgestellt, der sich moralisch aus dem blutigen Überfall des 7. Oktobers ableiten soll.“

Ebenfalls verlinkt im Newsletter ist ein Kommentar von Mario Neumann zum Diskurs in Deutschland unter dem treffenden Titel „Rechtsruck im Schafspelz“, darin:

„Was sich in Deutschlands politischer Mitte, die auch Ausdruck einer neuen Republik in Zeiten heraufziehender Krisen ist, seitdem breitmacht, ist eine neue Begeisterung für die Lösung politischer Probleme durch Polizei, Militär und Machtvollkommenheit. Ein neuer Autoritarismus der Mitte, der bis nach links ausstrahlt. Dies ist der Untergrund des rechten Durchmarschs der letzten Monate, bei dem sich die tatsächlich rechten Kräfte entspannt zurücklehnen konnten… Das Ergebnis ist ein ziemlich sinnentleertes progressives Geraune, hinter dem sich die Mentalität eines neuen deutschen Autoritarismus versteckt. Die Auseinandersetzung zu den Massakern der Hamas und um den Krieg in Gaza sind in dieser Hinsicht die jüngste und vielleicht auch die größte Augenwischerei der letzten Jahre. Wenn man morgens im Deutschlandfunk Hubert Aiwanger über den Antisemitismus der Migrant:innen herziehen hört, weiß man, welche Stunde geschlagen hat: Das Kulturkampf-Narrativ der politischen Rechten wird jetzt in der Sprache des Nahostkonflikts neu codiert. ‚Ausländer raus‘ heißt jetzt ‚Antisemiten raus‘. Die deutschen ‚Lehren‘ aus der Geschichte werden gegen die Migrationsgesellschaft ausgespielt und Debatten um die notwendige Dekolonisierung Deutschlands und der Welt gleich mit erledigt.“