IMI-Aktuell 2023/184

Kolumbien: totaler Frieden

von: 20. März 2023

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Der erste linke Präsident Kolumbiens seit Jahrzehnten, Gustavo Petro, konnte letzte Woche eine Erfolgsmeldung bezüglich seines überschwänglich optimistisch artikulierten Ziels des „totalen Friedens“ verkünden: Der Waffenstillstand und Friedensverhandlungen mit der FARC-EP, einer der größten Guerilla-Organisationen des Landes, haben begonnen. Die FARC-EP ist eine Dissidentengruppe der historischen FARC-Guerilla, die den 2016 in Kraft getretenen Friedensvertrag zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC ablehnten oder die Kämpfe wieder aufnahmen, nachdem der erste Friedensvertrag im Parlament abgelehnt wurde und ihnen der zweite mit, einseitig von der Regierung gemachten, Änderungen nicht ausreichte.

Außer mit der FARC ist die Regierung auch in Friedensverhandlungen mit der anderen verbleibenden, größeren, linken Guerilla-Gruppe ELN in Friedensverhandlungen. Die ELN verfügt wohl über 1500 bis 3000 und die FARC-EP über etwas über 3000 bewaffneten Kämper*innen, mit jeweils zusätzlichen zivilen Milizen und Strukturen.

Jedoch sind neben den linken Guerillerxs auch noch verschiedene Drogenkartelle und extrem-rechte paramilitärische Gruppen im Land aktiv, was den Wunsch des totalen Frieden wohl noch eine Weile obstruieren wird. Zwischen 1958 und 2013 starben rund 220.00 Personen in dem Konflikt mit verschiedenen Konfliktlinien, rund 80% der Opfer waren Zivilisten. Nach Angaben der Vereinten Nationen waren die linken Guerilla nur für 12% und die Regierung für 8% der getöteten Zivilisten verantwortlich. Den größten Schaden an der Zivilbevölkerung produzierten die rechtsextremen Paramilitärs (80% der getöteten Zivilisten), die die Interessen der Großgrundbesitzer vertraten und oft Seite an Seite mit staatlichen Sicherheitskräften kämpften und, sozusagen, deren dreckige Arbeit verrichteten.

Dass Gustavo Petro diese Friedensprozesse führen kann, ist teilweise auch auf seinen größere politische Ausrichtung zurück zu führen. Mit der kürzlich begonnenen Landreform geht er eines der Probleme an, wegen welcher sich die hauptsächlich aus verarmten Landarbeitern bestehenden FARC Guerilla vor über einem halben Jahrhundert gegen die weiße Landbesitzer-Oligarchie und den diese stützenden Staat stellten.