IMI-Analyse 2022/60 - in: Ausdruck Dezember 2022

Klimakrise, Militär und Imperialismus in Sudan

von: Nora Schmid | Veröffentlicht am: 13. Dezember 2022

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Wie bereits in den letzten Jahren kam es mit Beginn der sudanesischen Regensaison im Juni zu schweren Überschwemmungen. Über 100 Menschen verloren ihr Leben. Um die Flutopfer zu unterstützen, verschoben die während der Revolution gebildeten Widerstandskomitees einen für Ende August angesetzten Generalstreik gegen das Militärregime. In ihrer Erklärung werfen sie der Regierung vor, sich nicht um die Fluten sowie die Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen zu kümmern.

Vermehrte Überschwemmungen und Dürren als Teil der Klimakatastrophe sind weltweit zu spüren, jedoch variiert der Umgang mit diesen. Nicht überall sind die Folgen gleich verheerend, denn diese hängen auch von sozialen Faktoren ab. Dabei sind jedoch nicht nur interne Faktoren wie die jeweilige Regierungspolitik wichtig, sondern besonders deren Integration in globale Strukturen. Um die Auswirkungen und den Umgang mit klimatischen Veränderungen zu fassen, werde ich auf drei Punkte eingehen, deren Zusammenspiel zu katastrophalen Ergebnissen in Sudan führt:

  1. In Sudan haben die neoliberale Integration in den Weltmarkt und Sanktionen Autoritarismus, Cliquen und das Militär gestärkt. In der Folge wurde die Wirtschaft zerstört, der Agrarsektor ausgehöhlt und Ungleichheit verschärft.
  2. Vor diesem Hintergrund lebten alte, oft auf die Kolonialzeit zurückgehende Konflikte wieder auf. Weitere Strukturanpassungen verstärken diese, was wiederum die Möglichkeit der Regierung einschränkt, mit der Klimakrise umzugehen. Gleichzeitig verstärkt die Klimakrise selbst die Zerstörung der Wirtschaft und das Konfliktpotenzial.
  3. Um entstehende Proteste zu unterbinden, fließt mehr Geld in die Sicherheitsapparate, insbesondere die Armee, welche selbst zur Klimakrise beiträgt, indem sie repressiv gegen jene vorgeht, die Lösungen einfordern und durch ihren ganz direkten Fußabdruck.

Auswirkungen der Klimakrise

In Sudan sind extreme Wetterverhältnisse keine Seltenheit, jedoch häufen sich diese in den letzten Jahrzehnten mit der sich zuspitzenden Klimakatastrophe. Die UN (Vereinten Nationen) stellen im Zeitraum von 1980-2016 – ausgenommen die drei Städte Khartum, Kaduqli und al-Ubayyid – klare Beweise für Klimawandel fest. Der Niederschlag, gemessen an neun Stationen im Land, sinkt im Durchschnitt, variiert zunehmend an Häufigkeit und konzentriert sich auf einzelne Orte. Die Temperaturen steigen, gleichzeitig nehmen Dürren und Überschwemmungen zu. Eine der gravierendsten Folgen ist der Rückgang von Ernten: In den 1950er Jahren wurden 350 kg Hirse pro feddan1 geerntet, während es 2016/17 nur noch 200 kg auf der gleichen Fläche waren. Im selben Zeitraum ist die Bewaldung der ländlichen Fläche von 40% auf 10,3% gesunken und Wüsten haben sich ausgebreitet2. Diese Veränderungen sind mit der sozio-ökonomischen Entwicklung Sudans verwoben und werden nicht allein durch einen Verweis auf die Klimakrise erklärbar. So wurde die Landwirtschaft bereits seit der Kolonialzeit auf den Export ausgerichtet und mechanisiert , während landwirtschaftliche Flächen erweitert wurden. Überreste alter Pestizide, deren Einsatz in Gezira bis in die 1940er zurückgeht, sowie Gifte aus den Goldminen belasten Böden und Wasserressourcen. Für neue Agrargroßprojekte, Energiegewinnung und Ölförderung wird weiter Land gerodet.

Integration Sudans in die Weltwirtschaft

Um die spezifischen Auswirkungen der Klimakrise und lokaler Umweltzerstörung in Sudan zu verstehen, muss deren Zusammenwirken mit sozio-ökonomischen Faktoren betrachtet werden. Denn für die Entwicklung der Wirtschaft und insbesondere des Agrarsektors sowie die Stärkung von Eliten und Militärs ist die Integration Sudans in den Weltmarkt zentral. Drei Faktoren sind dabei von besonderer Bedeutung: Die Neoliberalisierung der Wirtschaft, Sanktionen und die Extraktion natürlicher Ressourcen wie Öl.

In den 1980er Jahren befand sich Sudan in einer Wirtschaftskrise und war nicht mehr in der Lage, seine Schulden zu begleichen. Der damalige Präsident Jaafar al-Nimeiri startete auf Empfehlung von IWF (Internationaler Währungsfonds) und Weltbank ein weitreichendes Privatisierungsprogramm. Daraufhin verkaufte die Regierung zahlreiche staatliche Unternehmen, von denen viele in Auktionen zu niedrigen Preisen an regimetreue Personen gingen. Nimeiri brachte so ihm nahestehende Personen und Teile des Sicherheitsapparates in die Privatwirtschaft. Sein Nachfolger Omar al-Baschir setzte Privatisierungen in den 1990er Jahren fort, während Staatsausgaben gemessen am Anteil des BIP um die Hälfte gekürzt wurden.

Diese Politik hatte dramatische Folgen für die ländlichen Regionen und den Agrarsektor Sudans. Schon in den 1960ern und 1970ern förderte die Regierung maschinelle Landwirtschaft und überließ Land an private Investoren. Viele Viehzüchter wurden durch die Ausdehnung der mechanisierten Landwirtschaft von ihren Weiden vertrieben und mussten sich zusätzliche Einkommensquellen suchen. Parallel sank die Verfügbarkeit von Anbau- und Weideflächen. Entwaldung, Überkultivierung und ein sinkender Grundwasserspiegel – aufgrund des erhöhten Wasserverbrauchs – förderte die Wüstenausbreitung. So wurde beispielsweise für den auf den Export ausgerichteten Anbau von Gummi Arabicum flächenweise Wald abgebrannt. Durch die Neustrukturierung des Agrarsektors, ein Unterbrechen von alten Anbauabfolgen und die exzessive Anpflanzung von Exportprodukten wurde das ökologische Gleichgewicht gestört. Die Böden wurden durch die mechanisierte Agrarindustrie erschöpft, teilweise innerhalb von 3-4 Jahren, und die Ernten von zentralen Produkten wie Hirse und Erdnüssen gingen auf diesem Land rasch zurück. Rund 17 Millionen Hektar Land wurden so unnutzbar gemacht, gleichzeitig konnte das Produktionswachstum nicht aufrechterhalten werden. Es gab nur selten Bestrebungen das Land zu regenerieren und selbst in Fällen natürlicher Regeneration standen die Flächen Viehzüchtern nicht zur Verfügung. In der Folge wurden Anbauflächen immer weiter ausgeweitet. Der Entwicklungsansatz für den Agrarsektor, welcher seit der wirtschaftlichen Öffnung unter Nimeiri verfolgt wird, hat den „den Grundstein für die Aushöhlung der strukturellen Grundlage der ländlichen Wirtschaft“3 gelegt. Damit konnten auch Dürren wie in den 1980er Jahren nicht mehr abgefedert werden – mit verheerenden Auswirkungen.

Der zweite Faktor, welcher seit den 1990er Jahren starken Einfluss auf die globale Integration Sudans hatte, sind die verhängten Sanktionen. Zwar isolierten sie Sudan nicht gänzlich von der Weltwirtschaft, dennoch prägten sie die Art wie das Land global integriert wurde. So stärkten die Sanktionen eine herrschende Elite und eine Entwicklung, welche sich auf die städtischen Zentren beschränkte und die Peripherie vernachlässigte.

Anfang der 1990er Jahre betrafen die Sanktionen zunächst die diplomatische Ebene und wurden kurz darauf verschärft, als die USA Sudan als ‚State Sponsor of Terrorism’ listeten. Während die Sanktionen der EU (Europäische Union) vor allem Waffenlieferungen betrafen, untersagten die USA jeglichen Handel und Finanztransaktionen. So wurden durch das Embargo von US-Banken Transaktionen in US-Dollar, welche für den internationalen Handel nötig sind, verhindert, womit Sudan praktisch vom globalen Handel abgeschnitten wurde. Zwar waren die Sanktionen im Vergleich zu den beispielsweise dem Irak oder Iran auferlegten begrenzt, hatten aber dennoch weitreichende Auswirkungen für die sudanesische Gesellschaft. Da der Zugang zum US-Dollar eingeschränkt war, bildete sich ein „Netzwerk der Parallelfinanzierung“4. Denn obwohl der Handel mit US-Unternehmen untersagt war, kam dieser nie ganz zum Stillstand. Während die Sanktionen den öffentlichen Sektor vom Schienenverkehr über die Post bis zur Baumwollindustrie hart trafen, schufen der Regierung oder dem Sicherheitsapparat nahestehende Personen Privatunternehmen, mit denen sie die Sanktionen umgehen konnten. Diese Unternehmen erfuhren zudem bevorzugte Behandlung durch die Regierung in Form von Steuervorteilen oder der Vergabe von Aufträgen.

Der dritte Faktor ist der Abbau von natürlichen Ressourcen. Im Jahr 1999 wurden, hauptsächlich im heutigen Südsudan, neue Ölvorkommen entdeckt. Diese stellten fortan die finanzielle Grundlage für große Dammprojekte, den lokalen Businesssektor und insbesondere das Militär. Als die Öleinnahmen 2011 mit der Abspaltung Südsudans wegfielen, bedurfte es einer neuen Quelle für harte Geldreserven, woraufhin der Goldabbau in den Vordergrund rückte. Hauptsächlich von lokalen paramilitärischen Gruppen wie den Dschandschawid bzw. Rapid Support Forces betrieben, stellt der Goldabbau nicht nur eine wichtige Einnahmequelle dar, sondern geht auch mit einer großen Umweltbelastung und Konflikten einher.

Insgesamt trugen die neoliberale Strukturanpassung, die Sanktionen und der Öl- und Goldabbau dazu bei, dass regierungsnahe Eliten und Militärs gestärkt wurden. Sie profitierten von Privatisierungen und machten unter dem Sanktionsregime erfolgreich Geschäfte. Das Militär sicherte sich zunächst durch Ölexporte und später durch Goldabbau einen festen Platz in der Wirtschaft. Mittlerweile besitzt es Banken, Importunternehmen, Getreidemühlen und Verkehrsknotenpunkte. Gleichzeitig wurde der öffentliche Sektor geschwächt, Staatsausgaben – ausgenommen im Sicherheitssektor – gekürzt, die Produktion auf Export ausgerichtet und der Handel durch neue Investitionsgesetzgebung auf Kosten der lokalen Wirtschaft liberalisiert. In Kooperation mit lokalen Eliten richteten die internationalen Finanzinstitutionen die sudanesische Wirtschaft auf den globalen Markt aus und weg von lokalen Bedürfnissen. Dadurch verschlechterten sich die Lebensbedingungen für die Mehrheit und die Natur wurde zunehmend belastet.

Kämpfe um Natur und Klima

Diese tiefgehenden sozio-ökonomischen Veränderungen trafen auf Widerstand und führten zu Konflikten. Der Krieg in Darfur Anfang der 2000er Jahre wurde von verschiedenen Seiten mit Dürren und Konkurrenz um Land in Zusammenhang gebracht. So beschreibt Mahmood Mamdani in seiner Analyse, wie die „durch das in der Kolonialzeit entstandene Land- und Verwaltungssystem gefilterten Auswirkungen der Umweltkrise“5 den Konflikt prägen.

Auch in anderen Regionen Sudans kommt es zu Kämpfen um Land. Anfang der 2000er Jahre, kurz nach Beginn der Ölförderung, startete die sudanesische Regierung ein Programm zum Bau von Staudämmen. Dämme dienen zum einen als Prestigeprojekte der Regierung, zum anderen sollen sie den steigenden Bedarf an Energie decken und die Wasserversorgung stabilisieren. Angesichts der Klimakrise und extremer werdender Wetterverhältnisse steigt die Bedeutung solcher Projekte. Die Staudämme werden durch ausländische Investitionen, insbesondere aus den Golfstaaten und China, mitfinanziert. Am Bau des riesigen Merowe-Staudamms war auch ein deutsches Unternehmen, Lahmeyer International (heute Tractebel Engineering), beteiligt. Gegen dieses wurde 2010 ein Strafverfahren eröffnet. Denn für den Bau des Merowe-Staudamms vertrieb die sudanesische Regierung unter Beteiligung der Armee rund 50.000 Menschen. Dörfer wurden teilweise überflutet, als diese noch bewohnt waren. Gegen die gewaltsamen Vertreibungen im Zuge dieses und ähnlicher Projekte formierten sich über viele Jahre feste Strukturen des Widerstands.

Andere Formen der Landnahme führten ebenso zu Konflikten. In den 2000er Jahren begann die sudanesische Regierung, Land an die Golfstaaten zu verkaufen. Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudi-Arabien kaufen fruchtbares Land, da der Anbau von Nahrungsmitteln, insbesondere Futter für Tiere, innerhalb ihres Staatsgebiets zunehmend schwierig ist. In diesen ohnehin trockenen Regionen ist der Grundwasserspiegel durch Übernutzung und Trockenheit abgesunken. Besonders seit der durch Dürren und Nahrungsmittelspekulationen ausgelösten Lebensmittelkrise 2008 streben diese Staaten größere Nahrungsmittelsouveränität an. Seit der Abspaltung Südsudans und dem weitgehenden Verlust der Einnahmen durch Ölexporte 2011 förderte die Regierung unter al-Baschir den Verkauf von Land weiter, um neue Finanzeinnahmequellen zu sichern. Die dadurch vertriebenen Menschen reagierten mit heftigen Protesten auf die Landräumungen durch das Militär, Verkäufe wurden teilweise gestoppt.

Nicht nur Vertreibungen schüren die Wut auf die Regierung. Sparmaßnahmen und Sanktionen sowie daraus resultierende Konflikte haben die Wirtschaft geschwächt und die Handlungsfähigkeit des Staates, der Klimakrise entgegenzutreten, eingeschränkt. So sind viele Menschen wegen des Umgangs mit der aktuellen Flutkatastrophe wütend auf die seit dem Putsch 2021 vom Militär dominierte Regierung. Es werden trotz gestiegener Häufigkeit von extremen Wetterverhältnissen keine Maßnahmen getroffen, um diese einzudämmen. Auch wird kaum Hilfe durch die Regierung bereitgestellt, stattdessen stehen Widerstandskomitees und Gewerkschaften zur Stelle.

Das Militär und die Klimakrise

Die letzten Jahrzehnte in Sudan sind von zahlreichen Konflikten geprägt, in denen das koloniale Erbe und Widersprüche, welche sich aus neoliberalem Kapitalismus und Imperialismus ergeben, eine wichtige Rolle spielen. Konflikte von Südsudan über Darfur bis hin zu Kämpfen um Land sorgen für permanente Instabilität. In all diesen Konflikten tritt das Militär als zentraler Akteur auf, ob bei Kriegen, Unterdrückung von Aufständen oder der gewaltsamen Räumung von Land. Dabei ist es kaum verwunderlich, dass die Finanzierung der Armee im Kontext sich häufender Konflikte hohe Priorität hat. Mit der Entdeckung von Ölquellen stiegen die Militärausgaben stark. Die Armee wurde technisch hochgerüstet und eine lokale Waffenindustrie wurde aufgebaut. Als die Einnahmen 2011 mit der Abspaltung Südsudans wegbrachen, verkleinerte die Regierung das Militär nicht, noch wurde die Finanzierung gestrichen, stattdessen wurde in anderen Bereichen des öffentlichen Sektors gespart6.

Das Militär trägt wiederum auch selbst zur Zerstörung der Umwelt bei. Wie bei allen Armeen ist von einem enormen CO2-Ausstoß auszugehen und es trägt durch den hohen Energiebedarf zur Abholzung der Wälder bei. Nach Verlust der Ölquellen wurde Gold schnell zum Hauptexportgut. Paramilitärs wie die Rapid Support Forces (ehemals Dschandschawid, aus Darfur) erlangten schnell Kontrolle über die Goldminen von Dschebel Amer in Darfur. Ihr Kommandeur General Mohammed Daglo, bekannt als Hemeti, und seine Familie sind eng verwoben mit dem Unternehmen Al Gunade, welches die Goldminen betreibt. Durch diese wird nicht nur die Konterrevolution in Sudan finanziert – den Rapid Support Forces wird vorgeworfen, an Massakern während der Revolution beteiligt gewesen zu sein – auch sollen laut einem CNN-Bericht7 russische Unternehmen verdeckt Gold abbauen und ins Ausland schmuggeln, um den aktuellen Krieg in der Ukraine zu finanzieren.

Die zum Herauslösen des Golds genutzten Stoffe Quecksilber und Zyanid sind hochgiftig. Die Abfallstoffe werden in umliegendes Land entsorgt und so Farmen, Vieh und Wasservorkommen über große Entfernungen vergiftet. Tausende Menschen protestieren gegen den Goldabbau, gehen auf die Straße, errichten Sitzblockaden oder stecken die dazugehörigen Unternehmen in Brand. Diese sowie die Regierung reagieren mit Gewalt und die Rapid Support Forces schossen beispielsweise in der Region Südkordofan auf Demonstrierende.

Internationale Unterstützung des Militärs und der Konterrevolution

Im Dezember 2018 brachen Massenproteste gegen den Machthaber Omar al-Baschir aus, welcher wenige Monate später abgesetzt wurde. Jahrzehntelange Sparmaßnahmen, Privatisierungen und insbesondere die gravierende Ungleichheit zwischen den urbanen und den ländlichen Regionen des Landes hatten die Wut der Bevölkerung geschürt. Dabei spielt die Frage um Land und dessen Verfügbarkeit eine zentrale Rolle. Kämpfe und Konflikte der letzten Jahre – von Darfur bis hin zu Landräumungen für Dämme oder zugunsten ausländischer Investoren – wirken auf die Dynamiken der Revolution.

Sudanes:innen kämpfen für soziale Gerechtigkeit und gegen ein Militär, welches für Jahrzehnte der Unterdrückung steht und das Leben der Menschen und die Umwelt verheizt. Auch nach dem Sturz Omar al-Baschirs hat das sudanesische Militär eine zentrale Rolle inne und ist Teil der Übergangsregierung. 2021 putschte das Militär gegen den zivilen Premierminister Abdalla Hamdok und stellt seitdem das Staatsoberhaupt.

Trotz Massakern an Demonstrierenden während der Revolution, bei denen hunderte getötet, verletzt und vergewaltigt wurden, unterstützen westliche Staaten den Kompromiss mit dem Militär. Bereits in der Vergangenheit gelangten Gelder der EU im Rahmen des Khartum-Prozesses 2013/14 an die Dschandschawid, aus denen die genannten Rapid Support Forces hervorgingen. Diese wirkten am Genozid in Darfur mit. Heute unterstützen sie die Konterrevolution und verüben Massaker an Demonstrierenden. Auch infolge der Revolution riss die westliche Unterstützung für das Militär nicht ab. Volker Perthes, ehemaliger Direktor der Stiftung Wissenschaft Politik und damit Berater der deutschen Regierung in außenpolitischen Fragen, wurde im Januar zum Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Sudan ernannt. Perthes verhandelte nach dem Militärputsch 2021 zwischen alten Militärs, Hemeti und dem in Hausarrest befindlichen Premier Hamdok. Er setzte sich für den Erhalt der Militärregierung und eine Versöhnung zwischen dieser und der Bevölkerung ein. Sudanesische Aktivist:innen werfen Perthes vor, den Putsch zu legitimieren und rufen international dazu auf, Druck auf Regierungen auszuüben, sich mit den Menschen auf der Straße zu solidarisieren, statt das Militär und die Konterrevolution zu unterstützen.

Anmerkungen

1 Ein Feddan entspricht 0,42 Hektar.

2 UNEP (2020): Sudan. First State of Environment and Outlook Report 2020, unep.org.

3 Elnur, Ibrahim (2009): Contested Sudan. The Political Economy of War and Reconstruction, New York: Routledge, S. 61.

4 Berridge, Willow; de Waal, Alex und Lynch, Justin (2022): Sudan’s Unfinished Democracy: The Promise and Betrayal of a People, London: C Hurst & Co Publishers Ltd., S. 47.

5 Mamdani, Mahmood (2009): Saviors and Survivors: Darfur, politics, and the War on Terror, New York: Doubleday, S. 237.

6 Lowings, Ben (2019): Sudan: Economy and Military in the Fall of Bashir. Understanding Conflict in Africa Series, Policy Briefing. Brussels International Center, S. 4.

7 Elbagir, Nima et al. (2022): Russia is plundering gold in Sudan to boost Putin’s war effort in Ukraine, cnn.com.