Georg Schuster nimmt eine ARD-Fernsehsendung und eine SWR-Radioreportage sowie eine Kindervorlesung an der Uni Frankfurt zum Anlass, in der Online-Zeitung Telepolis aktuelle Positionen der Friedenspädagogik kritisch unter die Lupe zu nehmen. Stark an seiner Polemik ist dabei v.a. die Kritik an der kindgerechten Gleichsetzung von „Kriegsursachen“ im Großen, wie im Kleinen:
„Ein Paradox ist zudem, dass ‚wir‘ laut Konflikttheorie stets in der Doppelrolle derer antreten, die Kriege anheizen und die zugleich nach Frieden streben. In der professionellen Sicht der Friedensforschung verschwimmen solche Unterschiede offenkundig zu einem Konglomerat von ‚Kriegsursachen‘, das man sich als bedauerlichen Begleitumstand des menschlichen Zusammenlebens vorstellen soll: ‚Wenn Menschengruppen zusammenkommen, gibt es häufig Konflikte. Es gibt immer etwas, worüber Menschen in Streit geraten: Sie wollen etwas, was andere haben, sie fürchten, sie haben zu wenig von etwas. Manchmal glauben sie auch, sie wüssten, was die Wahrheit ist, nur sie würden an den richtigen Gott glauben, sie seien mehr wert als die anderen.‘ Was interessiert es da schon, dass dieses ‚Etwas‘ Erfolge und Niederlagen im grenzüberschreitenden Kapitalismus darstellt, die wie das Gerangel um Land und Volk zu zwischenstaatlichen Streitgegenständen werden.
[…]
Nur konsequent, dass die lieben Kleinen dann mit der vermeintlich kindgemäßen Zumutung konfrontiert werden, sich das für sie befremdliche Kriegsgeschehen mit ihren vertrauten Erfahrungen zu erklären: ‚Vieles, was wir heute besprechen, ist auch in eurem Alltag drin: Streit mit den Geschwistern, Konflikte in der Schule oder mit den Eltern. Wie im Kleinen, so ist es auch im Großen.‘ ‚Denk an dein eigenes Leben, wenn ihr keine Möglichkeit findet, Konflikte anders zu lösen, als aufeinander loszugehen. Staaten machen es genauso.‘
Eigentlich wäre es für Kinder ein Leichtes, solche konflikttheoretischen Plattheiten zurückzuweisen, denn sie gehen mit ihren Streitigkeiten in einer Weise um, die zur kriegerischen Selbstbehauptung in der Staatenwelt schlicht keine Analogieschlüsse zulässt. Schon deshalb nicht, weil sie im Gegensatz zu Staatenlenkern in der Regel niemanden vorschicken können, statt sich selbst zu prügeln, wenn sie glauben, das zu müssen. Die Entscheidung für oder gegen Gewalt würde auch bei Regierenden oft anders ausfallen, wenn sie selbst auch nur eine blutige Nase riskieren müssten, geschweige denn ihr Leben oder abgetrennte Gliedmaßen.“