IMI-Standpunkt 2022/031

HDP –Solidarität ist gefragt

von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 5. August 2022

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Am Sonntag 3. Juli 2022 hielt die kurdische Partei HDP ihren 5. Parteitag in Ankara ab, zu dem ich eingeladen war. Er fand in einer für die demokratische Opposition in der Türkei, für die kurdische Bevölkerung und für die HDP sehr kritischen Situation statt.

Die derzeitigen völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei im Irak und in Nordsyrien / Rojava werden immer stärker ausgeweitet. Die „Absetzung“ von gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vieler Städte und Gemeinden und ihre Ersetzung durch AKP-treue „Verwalter“ insbesondere in den kurdischen Gebieten geht in einem fort. Auch werden immer weiter Erdogan-unliebsame Menschen festgenommen und unter dem Vorwurf der Terrorunterstützung mit zum Teil mehrfach lebenslänglichen Strafen in Gefängnisse geworfen, in denen auch Folter stattfindet. Der ehemalige HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtaş ist bis heute im Gefängnis.

Zugleich lag zum Parteitag der HDP seit wenigen Tagen das Memorandum vom NATO-Gipfel für einen Beitritt Schwedens und Finnlands in die NATO vor. De facto werden nun Menschen mit kurdischen und türkischen Migrationshintergrund, die Erdogan auf seine Terrorliste gepackt hat, an das türkische Folterregime ausgeliefert.

Und: Die HDP steht wohl vor einem Verbot, will doch Erdogan bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2023 seine Macht festigen. Ein Verbot der HDP wäre dafür die Voraussetzung. Das bedeutet aber noch mehr Repression, schon heute mussten viele ehemalige Amts- und Mandatsträger der HDP ins Ausland, insbesondere nach Deutschland, fliehen.

Der Parteitag der HDP war kein Diskussionsparteitag. Es waren mindestens 30.000 Menschen in und außerhalb der Halle in Ankara, die Polizeikontrollen zur Halle über sich ergehen lassen mussten. Die beiden derzeitigen HDP-Vorsitzenden hielten Reden und die internationalen Delegationen waren aufgefordert, Grußworte zu halten.

Zu Gast waren neben mir auch weitere Vertreter*innen der LINKEN, aber auch eine Reihe von Vertreter*innen linker Parteien aus dem Nahen Osten und globalen Süden. Ein Blickwinkel, der zu häufig vergessen wird.

Politisch durchaus wichtig war, dass auch Vertreter*innen der Sozialdemokrat*innen und Grünen aus europäischen Staaten und vom Europäischen Parlament Grußworte gesprochen haben. Wer gänzlich durch Abwesenheit glänzte, waren Bündnis 90 / Die Grünen aus Deutschland.

Der HDP stehen harte Zeiten bevor, wir sind zu ernsthafter Solidarität aufgefordert, insbesondere sollte es zu einem Verbot der HDP kommen. Leider ist die Rolle Deutschlands gegenüber der Türkei von zentraler Bedeutung. Die Ampelregierung führt die repressive Politik insbesondere gegen linke türkische und kurdische Strukturen auch hierzulande ihrer Vorgängerregierung unverdrossen fort. Dem müssen wir unsere Solidarität entgegensetzen. Die Teilnahme auf dem HDP-Parteitag war hier nur ein kleiner erster Schritt, weitere Schritte sind nötig.