IMI-Standpunkt 2021/011

KSK auflösen!

Rede zur Kundgebung "KSK abschaffen!" des OTKM Stuttgart am 27.2. 2021

von: IMI | Veröffentlicht am: 4. März 2021

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Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, liebe Passantinnen und Passanten,

schon wieder ein Skandal beim Kommando Spezialkräfte! Der wievielte? Ehrlich gesagt: Keine Ahnung mehr.

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, die Skandale um Munitionsdiebstahl und rechte Umtriebe beim KSK zu zählen:

Kurz nach der Gründung im Jahr 2000, als ein KSK-Soldat, der Neonazi André Chladek, eine andere Bundeswehreinheit überfiel und sechs Pistolen samt 1500 Schuss Munition erbeutete, mit denen er politische Gegner*innen ermorden wollte?

Oder bei Reinhard Günzel, der etwa zur selben Zeit zum Kommandeur ernannt wurde und immer wieder durch braune Wehrmachtsnostalgie und widerlichen Antisemitismus auffiel, bis er nach drei Jahren endlich gehen musste?

In seiner Zeit als Kommandeur war es durchaus auch normal, dass KSK-Jeeps mit dem Symbol des nationalsozialistischen Afrika-Korps der Wehrmacht besprüht wurden und so in der Gegend herum fuhren. What the fuck?!

Da überrascht es auch nicht, dass KSKler auch immer wieder im Zusammenhang mit Folter auffielen: bekannt wurde z.B. der Fall des Deutsch-Türken Murat Kurnaz, der angibt, von KSK-Soldaten in Afghanistan mit den folgenden Worten gefoltert worden zu sein: „Weißt du, wer wir sind? Wir sind die deutsche Kraft, KSK!“ Konsequenzen hatte das für die beschuldigten Soldaten nicht. Kein Wunder, dass sie sich dadurch ermutigt fühlten und im KSK sogar noch weiter aufstiegen: Einer von ihnen wurde sogar Stabsfeldwebel. Vor einem Jahr wurde bekannt, dass er wegen großer Nähe zur faschistischen Identitären Bewegung suspendiert wurde – 18 Jahre nach dem Foltervorwurf. Nazis schnell zu entfernen, war noch nie eine Stärke der Bundeswehr.

Mit seiner menschenverachtenden Grundhaltung war er sicher nicht allein beim KSK. 2007 bedrohte der Reichsbürger Daniel Kaufhold einen von ihm als vermeintlich links identifizierten Kameraden mit folgenden Worten: „Ich beurteile Sie als Feind im Inneren und werde mein Handeln danach ausrichten, diesen Feind im Schwerpunkt zu zerschlagen.“ Und auch rechte Netzwerke mit Terrorplänen scheint es damals im KSK schon gegeben haben. Denn Kaufhold schreibt weiter: „Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.“

Auch für Kaufhold gab es außer einer Ermahnung keine Konsequenzen: Auch er stieg immer weiter im KSK auf, bis der MAD zwölf Jahre nach dieser ziemlich eindeutigen Mail endlich erkannte, dass Kaufhold ein Nazi ist. Herzlichen Glückwunsch und danke für nichts, ihr Blitzmerker!

Wir sind bei dieser unvollständigen Aufzählung von KSK-Skandalen erst im Jahr 2007. Weiß noch jemand, der wievielte Skandal das jetzt war? Nein? Ich auch nicht. Aber es hört ja nicht auf, es wird immer schlimmer.

Dass bei einer internen Feier der gesamten zweiten Einsatzkompanie für deren scheidenden Chef Pascal Dürwald 2017 Rechtsrock gehört und der Hitlergruß gezeigt wurde, wirkt fast schon harmlos im Vergleich zum Hannibal-Netzwerk, das 2018 aufgedeckt wurde: illegale Waffendepots, Todeslisten, Mordpläne für den Tag X und der Aufbau paramilitärischer Einheiten. Trainiert und angeführt von KSK-Soldaten.

Im Mai 2020 wurde dann im Garten des KSK-Soldaten Philipp Sch. ein Waffendepot mit 2 Kilogramm Sprengstoff, einer AK-47 und tausenden Schuss Munition aus Bundeswehrbeständen gefunden. Außerdem wurde einschlägige Naziliteratur gefunden. Auch Philipp Sch. hat Kontakte ins Hannibal-Netzwerk. Was er mit den Waffen vorhatte, kann man sich ungefähr vorstellen.

Von Einzelfällen kann hier nicht mehr die Rede sein. Rechte Netzwerke durchziehen das KSK in Gänze und zwar schon von Anfang an. Man muss bedenken, dass bei dieser intransparenten und geheim agierenden Einheit wahrscheinlich nur die Spitze des braunen Eisbergs sichtbar ist. Wer weiß, was alles noch unter den Teppich gekehrt wurde?

Das reale Ausmaß der Munitionsdiebstähle beim KSK sowie die jetzt bekannt gewordene Amnestie für Munition und Waffen jedenfalls wurden auch erst mal mit dem „Eisernen Besen“ unter den Teppich gekehrt. Wir verdanken es nicht dieser Regierung, ihren Geheimdiensten oder der Polizei, dass wir jetzt darüber Bescheid wissen, sondern investigativen Journalist*innen. Transparenz sieht anders aus.

Die Skandale um das KSK zeigen uns, über wen dieser Staat seine schützende Hand hält und wen er als „Feind im Inneren“ beurteilt. Während klandestin eine Straflosigkeit für Waffen hortende Soldaten – einige davon stramm rechts – erklärt wird, wurden im Sommer vergangenen Jahren Razzien durchgeführt bei denen, die sich dem Faschismus entgegenstellen.

Ich recherchiere seit Jahren zu den rechten Umtrieben beim KSK und anderen staatlichen Stellen. Das passt offensichtlich nicht jedem. Auch bei mir wurde am 2. Juli letztes Jahr mit einem Großaufgebot der Polizei eine Razzia durchgeführt. Als Begründung wurde vorgeschoben, ich sei an einer Auseinandersetzung mit Nazis am Rande einer Querdenken-Demo in Stuttgart beteiligt gewesen. Das absurde daran: Ich war zum vermeintlichen Tatzeitpunkt nicht in Stuttgart, sondern auf einer Antifademo in einer ganz anderen Stadt und wurde dabei sogar von der Polizei abgefilmt.

Das zeigt: Dem Staat geht es nicht um die Verfolgung vermeintlicher Straftaten, sondern um eine Schwächung und Kriminalisierung der antifaschistischen Bewegung als Ganzes – explizit auch der Teile, die lediglich unbequeme Wahrheiten recherchieren und aussprechen.

Für uns als Antifaschist*innen und Antimilitarist*innen kann der Staat deshalb kein Partner sein im Kampf für eine friedliche, solidarische Welt ohne Faschismus und Militär.

Zurück zum KSK und den aktuellsten Entwicklungen:
Die Verteidigungsministerin sagte im Sommer, nachdem das Waffendepot bei Schaaf gefunden wurde, das KSK wäre nun auf Bewährung. Und jetzt diese vertuschte Strafvereitelung in Form der Amnestie. Ich würde sagen: mit dieser hirnrissigen Aktion, welche die Satire der Aktivist*innen des Zentrums für politische Schönheit sogar noch übertrifft, hat das KSK gegen die Bewährungsauflagen verstoßen. Das müsste sich jetzt selbst die Ministerin eingestehen.

Diese Einheit ist außer Kontrolle geraten. Diese Einheit ist nicht reformierbar.

Das KSK muss ersatzlos und in Gänze aufgelöst werden!