IMI-Studie 2021/01

Der heilbare Krieg

Diskurse um Traumatisierung und PTBS bei Bundeswehr-Veteranen*

von: Thomas Rahmann | Veröffentlicht am: 18. Januar 2021

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Diskurse um Traumatisierung und PTBS bei Bundeswehr-Veteranen*
von Thomas Rahmann

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Einleitung

Kriegerische Auseinandersetzungen können auch zu seelischen Verletzungen führen. Was auf den ersten Blick eine banale Erkenntnis zu sein scheint, ist bei genauerer Untersuchung ein politisch äußerst umkämpftes Gebiet.
Dass die Anerkennung solcher Verletzungen, im psychologischen Fachjargon ‚Psychotraumata‘ genannt, immer wieder öffentlich thematisiert wird, zeigt aktuell beispielsweise das Forderungspapier ‚Mission Seele‘ des Deutschen BundeswehrVerbandes, das die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Eva Högl, am 1. Oktober 2020 entgegengenommen hat. Hier geht es um Unterstützung und Anerkennung von seelisch verwundeten Soldaten. Die verteidigungspolitischen Sprecher von CDU/CSU, SPD, FDP und Die Linke äußern sich in kurzen Videos auf der Seite durchweg positiv und unterstreichen die Wichtigkeit dieses Papiers. Lediglich der Sprecher der Partei ‚Die Linke‘ merkt neben einer Unterstützung des Forderungspapiers an, dass seine Partei grundsätzlich gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr sei.
Die Übergabe des Papiers wird fotografisch festgehalten und ein Kanon von Repräsentanten aus Politik und Bundeswehr bekräftigen die Wichtigkeit der Forderungen. Alle scheinen sich darüber einig zu sein, dass Soldaten, die schließlich offiziell im Namen der gesamten Gesellschaft in einen Auslandseinsatz geschickt werden, im Falle einer seelischen Verwundung ein Anrecht auf die Unterstützung seitens dieser Gesellschaft haben – wie auch immer die einzelnen Standpunkte bezüglich dieser Auslandseinsätze aussehen mögen. Wolfgang Hellmich, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, spricht von der Verantwortung des Dienstherren.

Bei diesem scheinbar allgemeinen Konsens fragt man sich allerdings, warum überhaupt ein umfangreiches Forderungspapier notwendig ist. Sollte noch nicht genügend bekannt sein über seelische Verletzungen, sodass die scheinbar unbefriedigende Situation traumatisierter Veteranen trotz der Bekundung guten Willens von allen Seiten auf ein Informationsdefizit zurückzuführen sei?
Um diese Frage zu klären, lohnt es sich, zunächst einen Blick in die Geschichte und Beschaffenheit jener psychiatrischen Diagnose zu werfen, die sich zentral mit seelischen Traumatisierungen beschäftigt und vor allem im Rahmen militärischer Auseinandersetzungen entstanden ist: die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Um die Verstrickung von Politik und Psyche in Bezug auf das Thema PTBS aufzuzeigen, werden anschließend mediale sowie wissenschaftliche Diskurse anhand von Beispielen beschrieben, analysiert und ausgewertet.
Ein zentrales Werk, das in dieser gesamten Studie eine Rolle spielt, ist dabei José Brunners ‚Die Politik des Traumas‘, in der die enge Verstrickung von Politik und Therapie, auch in Bezug auf Auslandseinsätze der Bundeswehr, diskursanalytisch dargestellt wird. Die Auseinandersetzung mit diesem Werk hier kann sowohl als eine kritische Auseinandersetzung als auch eine Aktualisierung gesehen werden, denn das Buch erschien bereits 2014.

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Die PTBS – eine Diagnose aus militärischem Kontext
— PTBS – ein Teilbereich von Traumata
— Zwischen Anerkennung und Diskriminierung
— Entschädigungsanspruch und Begehrenswünsche
— Zwischenfazit

2. Medialer Diskurs zu PTBS in Deutschland
— Selbstdarstellung der Bundeswehr: „Die verstehen das“
— Darstellung in Funk und Fernsehen: Moment des Traumas
— Stimmen betroffener Veteranen und aus der Psychologie

3. Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Diskurses um PTBS
— Das kranke Gewissen und der saubere Krieg
— Traumatic brain injury

4. Blinde Flecken und Perspektiven des PTBS-Diskurses
— Krieg verletzt nicht nur Soldaten
— Mali: Trauma und Krieg

5. Einsatzfähigkeit oder Frieden?

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