IMI-Aktuell 2019/693

Frankreich: Nuklearer Eigenbrötler?

von: 8. Dezember 2019

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Einige Wellen hat die kürzliche Aussage des französischen Präsidenten Macron geschlagen, man müsse über eine rein europäische Abschreckungsfähigkeit nachdenken. Schon länger plädieren in Deutschland interessierte Kreise – zB Wolfgang Ischinger – für eine wie auch immer geartete Europäisierung des französischen Atomwaffenarsenals. Die Akteure im Establishment, die dadurch eine noch weitere Abkehr von den USA befürchten, wenden sich gegen solche Pläne, so etwa Konrad Schuller in der FAZ: „Seit Präsident de Gaulle beruht die französische Nukleardoktrin auf dem Gedanken, dass eine Nation militärisch erstens unangreifbar sein muss, wenn sie überleben will, und dass sie sich zweitens im Ernstfall auf Verbündete nicht verlassen kann. Das führt dann zu dem Schluss, dass kein Staat, weder Amerika noch Frankreich, jemals glaubwürdige atomare Garantien für andere abgeben kann. Roche hat das im März so formuliert: ‚De Gaulle war überzeugt, dass kein Land sich verpflichten kann, sein Leben zum Schutz einer anderen Nation einzusetzen, und deshalb glaubte er, dass Abschreckung nicht geteilt werden kann.‘ In Bezug auf Frankreichs Partner in Europa und in der Nato fügte Roche dann noch hinzu, die hätten eben ‚eine andere Wahl getroffen‘ und ihre Sicherheit von der ‚erweiterten Abschreckung‘ der Amerikaner abhängig gemacht. […] Es gibt also ein Problem mit dem europäischen Atomschirm, und Macron ist ein Teil davon. Der spricht zwar bei jeder Gelegenheit vom souveränen Europa‘, aber seine Politik sieht manchmal so aus, als gebe es für ihn neben Frankreich höchstens noch Deutschland und die kleineren Länder dazwischen. Als Nicolas Roche, der nukleare Chefstratege der Franzosen, vor dem Verteidigungsausschuss auftrat, hat er das so ausgedrückt: ‚Die Debatte über die nukleare Abschreckung in Europa ist da. Aber ich habe keine Ahnung, was der Präsident der Republik für eine Antwort geben wird.‘“ (jw)