IMI-Standpunkt 2015/004

US-Truppenaufstockung heißt mehr Kriegsunterstützung

”Rheinland Pfalz Gewinner im Verteilprozeß“

von: Markus Pflüger | Veröffentlicht am: 10. Februar 2015

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Roger Lewentz Innenminister der rot-grünen Landesregierung in Rheinland-Pfalz begrüßte am 5. Februar 2015 die geplante Truppenaufstockung des US-Militärs in Rheinland-Pfalz. Die aktuelle Kriegsführungs-Funktion der dortigen Militäreinrichtungen wird verschwiegen, Kollateralschäden auch an der Heimatfront werden ausgeblendet, Hauptsache Arbeitsplätze; eine Gegenrede.

Es gelte die Rheinland-Pfälzer Willkommenskultur in den USA zu vermitteln, hieß es vor der USA-Reise von Peter Lang, SPD-Bürgermeister von Baumholder[1]. Er begleitete den SPD-Innenminister Lewentz aus Rheinland-Pfalz auf seiner Werbetour in die USA für die amerikanischen Militärstandorte in Rheinland-Pfalz. Das Ergebnis der dreitägigen Werbe­tour teilte der Innenminister am 5. Februar 2015 froh und stolz mit: Die USA wollen 2.500 zusätzliche Soldaten in Rheinland-Pfalz stationieren. Demnach soll der Standort Spang­dahlem um 1.300 US-Soldaten der 352nd Special Operations Group verstärkt werden, inklusive 40 Millionen Dollar Investitionen und Senkrechtstartern vom Typ „CV-22 Osprey“. Die Airbase in Ramstein soll um 700 Soldaten aufgestockt werden – dazu soll das „KC-135“-Tankflugzeug stationiert werden und nach Landstuhl und Sembach sollen schließlich weitere 500 Soldaten kommen.

Lewentz: „Damit sind wir so etwas wie Gewinner in diesem Verteilprozess.“ Auch vier Bürgermeister um die Airbase Spangdahlem sind angetan, dass die Militärstandorte in Rheinland-Pfalz gestärkt werden – denn viele amerikanische Kasernen in anderen deutschen Städten werden geschlossen: ”Die Mietsituation wird sich auf Dauer verbessern“ und ”Die Airbase ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region.“[2] heißt es – gemeint sind mehr und sichere Arbeitsplätze sowie eine Stärkung des Wohnungsmarktes.

Um Geld zu sparen, will das US-Militär insgesamt 15 Standorte in ganz Europa schließen und einige Einheiten konzentrieren, Rheinland-Pfalz verzeichnet dabei insgesamt Zuwächse.

”Der Innenminister freut sich über die guten amerikanischen Nachrichten für Rheinland-Pfalz“, was auch die meisten Rheinland-Pfälzer so sehen würden, meint SAT 1[3].

Sämtliche US-Zusagen müssen allerdings erst vom Senat gebilligt werden, bevor die Truppen in den nächsten Jahren verlegt werden. Wie sich die Situation angesicht der US-Schulden und der weltweiten Kriegseinsätze weiterentwickelt, bleibt unsicher. Lewentz dazu: „Wir hoffen, dass das Paket so durchgeht.“[4] Die Rheinzeitung deutet immerhin am 5.2.2015 an, um was es auch geht, sie schreibt: ”Standorte mit guten Trainingsmöglichkeiten für die Terrorismusbekämpfung erhalten stärkere Bedeutung“[5]. Die Einheiten und Waffensysteme bestätigen, dass es auch um sogenannte Antiterroreinsätze geht.

Ansonsten verschweigen Politik und fast alle Medien wie gewohnt die Kriegs­führungs-Funktion der Militäreinrichtungen in Rheinland-Pfalz. Ebenfalls kein Wort über den Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel, wo rund 20 US-Atombomben lagern und im Ernstfall von deutschen Tornados im Rahmen der sogenannten „nuklearen Teilhabe“ zu ihren Zielen geflogen werden sollen. Entgegen dem Wahl­versprechen von CDU, SPD und FDP für einen Abzug, wurde nicht nur der Verbleib, sondern der Austausch durch flexiblere und zielgenauere Atomwaffen gebilligt.  Durch diese Modernisierung entstehen die ersten in Europa stationierten atomaren Präzisionsbomben. Öl ins Feuer des Konflikts zwischen der NATO und Russland. ”BÜCHEL65“ ist eine Antwort der Friedensbewegung die 65 Tage gewaltfreie Blockaden und Aktionen von 26. März bis 29. Mai 2015 plant: www.buechel-atomwaffenfrei.de/buechel65/

Wie sieht die Kritik bei den Parteien im Landtag aus? Thomas Petry, Landesvorsitzender der Grünen, hat ”ein mulmiges Gefühl“, wenn die Standorte, von den Drohnen geflogen werden, aufgestockt werden. Zur Truppenaufstockung in Rheinland-Pfalz meint die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rössner: „Freude darüber ist zynisch, Demut ist angesagt.“[6] Lewentz kontert mit Joschka Fischers Kriegseinsätzen. Die CDU findet Kritik an der Truppenaufstockung gar ”unterirdisch“, schließlich würde beispielsweise den Kurden geholfen[7]. Die Friedensbewegung ist da klarer. ”Wir lehnen die Truppenaufstockung ab, wie wir den ganzen Militärapparat von Bundeswehr, NATO und USA im Land ablehnen.“

Nein zu Kriegen von deutschem Boden von denen Rheinland-Pfalz ”profitiert“

Statt sich über mehr Militär zu freuen, brauchen wir mehr friedenspolitische Initiativen für den Abzug und die Konversion dieser Kriegsmaschinerie. Milliarden werden für Kriegspolitik verpulvert, statt sie langfristig in Bildung, Soziales, Umweltschutz, Tourismus und Konversion zu stecken – auch zum Nutzen der Menschen hier.  Der sogenannte wirtschaftliche Nutzen dient nur dem Profit weniger, er ist weder nachhaltig noch friedensfördernd, sondern moralisch verwerflich!

Militärbefürworter verdrängen und verschweigen gerne: von Ramstein, Spangdahlem und Baumholder aus werden für wirtschaftliche und machtpolitische Interessen weltweit Kriege geführt. SPD und CDU und anscheinend auch Bündnis 90/Die Grünen heißen mit der Befürwortung der Militärstandorte in Rheinland-Pfalz die weltweite Kriegspolitik von NATO, EU und USA  gut, obwohl sie weder Menschenrechten noch dem Frieden dienen.

Zur Kriegsfunktion kommen weltweite Kollateralschäden: angefangen in der Region der Militärstandorte mit krank­machendem Lärm und schädlichen Abgasen, riesigen versiegelten Flächen und Verkehrswegen, über weitere giftige Emissionen in Boden und Wasser, wie krebserregende perfluorierte Tenside aus Löschschaum und der hochgiftige Natotreibstoff JP-8 – die erhöhte Krebsrate der Region und die verseuchten Gewässer sind die direkte Folge des Militärs in Rheinland-Pfalz. So titelte der Trierische Volksfreund am 3.2.2015: ”Trügerisches Idyll: Noch mehr belastete Teiche – Umweltschäden durch Airbase größer als gedacht“[8].

Wer ja zum Militär sagt, sagt auch ja zur militärischen Zerstörung von Umwelt, zur Verseuchung des Grundwassers und Gesundheitsschäden der Menschen, vor allem der Anwohner – ganz zu schweigen von den Folgen für die Menschen in den Kriegsgebieten. Statt sich über Zuwachs für die Tötungs­maschinerie zu freuen, sollten Konversions­bestrebungen für eine lebenswerte Region ohne Militär gestartet werden!

Ebenso wird verschwiegen, dass die Befürwortung des US-Militärs nur inklusive der illegalen Tötung durch Drohnen von Ramstein aus, nur inklusive der Abhör- und Überwachung der Menschen hier und nur inklusive der Akzeptanz aller Kriegshandlungen und daraus resultierender Terrorismusbedrohungen zu haben ist.

Millionen Menschen fliehen vor den Kriegen, an denen NATO-Militärs beteiligt sind. Statt diese Kriege zu unterstützen, um von ihnen zu profitieren, sollten Fluchtursachen bekämpft werden; dazu gehört beispielsweise die weltweite Armut zu überwinden, die durch unsere Wirtschaftsspolitik mitverursacht wird; dazu gehört, es Waffenlieferungen nicht nur an Unrechts­regime zu beenden; und dazu gehört es, Freihandelsabkommen, die dem Profit weniger westlicher Multi dienen, zu stoppen.

Die in Deutschland und Rheinland-Pfalz viel beschworene ”Willkommenskultur für Flüchtlinge“ kann nicht heißen das System zu unterstützen, das weltweit Menschen in die Flucht zwingt. Händeringend werden für Asylsuchende Unterkünfte in Rheinland-Pfalz gesucht, zwei Aufnahmeeinrichtungen sind in ehemaligen Kasernen untergebracht, weitere leerstehende Kasernen sollen dieses Jahr im Sinne der ”Willkommenskultur“ als Aufnahme­einrichtungen umgenutzt werden. Eine integrationsfreundlichere dezentrale Unterbringung scheitert am Vermietungswillen der Bevölkerung. Für die geplanten Einrichtungen fehlt Geld für Umbauten und Feuerschutz. Deutschland hatte laut Südwestrundfunk 2008 alleine 294 Mil­lio­nen Eu­ro für den Aus­bau der US-Mi­litär­flughä­fen Spang­dah­lem und Ram­stein aufgebracht[9].

Letztendlich geht es beim Militär ums Töten, „Attack and destroy“ lautet das Leitmotto der Airbase Spangdahlem, dazu gehören zivile Opfer – sogenannte Kollateralschäden -, daraus folgen auch Traumatisierungen und Hass. Spätestens seit Paris müsste doch allen klar sein, dass die aktuelle neoliberale Politik, die immer weniger Gewinner und immer mehr Verlierer produziert, nicht unserer Sicherheit dient. Wir lehnen diese Politik, die auf Ausgrenzung, Ausbeutung und Vernichtung von Lebens­grundlagen weltweit beruht, ab. Eine Politik. die auf Gewalt mit noch mehr Gewalt reagiert stellt keine Lösung dar, sondern ist Teil des Problems. So ist der Afghanistankrieg defacto ein Terrorzuchtprogramm, obwohl er vorgibt den Terrorismus zu bekämpfen. Es ist zynisch die Funktion der us-amerikanischen Streitkräfte als ”wichtig für den Arbeitsmarkt und die regionale Wirtschaft in Rheinland-Pfalz“ zu bezeichnen – an diesem Wohlstand klebt Blut.[10]

 

Anmerkungen

[1]          SWR am 30.1. 2015 http://www.ardmediathek.de/tv/Landesschau-aktuell-Rheinland-Pfalz/USA-Reise-von-Lewentz/SWR-Rheinland-Pfalz/Video?documentId=26209462&bcastId=205724)

[2]          http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/bitburg/aktuell/Heute-in-der-Bitburger-Zeitung-Airbase-Spangdahlem-Spezialeinheit-wird-von-England-in-die-Eifel-verlegt-Die-Reaktionen-der-Buergermeister;art752,4115474

[3]          www.1730live.de/diskussionen-ueber-die-truppenaufstockung-in-baumholder/

[4]          http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/rheinlandpfalz/rheinlandpfalz/Heute-im-Trierischen-Volksfreund-2500-zusaetzliche-US-Soldaten-nach-Rheinland-Pfalz;art806,4124953

[5]          https://www.facebook.com/nahezeitung

[6]          http://tabea-roessner.de/2015/02/05/truppenaufstockung-in-rheinland-pfalz-freude-darueber-ist-zynisch-demut-ist-angesagt/

[7]          www.1730live.de/diskussionen-ueber-die-truppenaufstockung-in-baumholder

[8]          http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/wittlich/aktuell/Heute-in-der-Wittlicher-Zeitung-Truegerisches-Idyll-Noch-mehr-belastete-Teiche;art8137,4122965

[9]             http://fluglaerm-kl.de/dl/swr_pfusch_in_ramstein_2008-10-22.pdf

[10]           Aufbauend auf einer Pressemitteilung der Arbeitsgemeinscgaft Frieden e.V. Trier vom 6.2.2015 www.agf-trier.de