IMI-Standpunkt 2013/070 - in: Neues Deutschland 12.12.2013
Für Stabilität im Sinne der EU
von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 13. Dezember 2013
Die Europäische Union unterhält eine ganze Reihe an Finanzierungstöpfen, mit denen sie auf Entwicklungen in Ländern außerhalb der EU Einfluss nimmt oder nehmen will. Dazu gehört auch das am Mittwoch im Europäischen Parlament in Straßburg verabschiedete »Stabilitätsinstrument« oder auch »Instrument für Stabilität und Frieden«, wie es die Grünen gerne benennen.
Doch was genau verbirgt sich hinter dem Programm, für das immerhin 2,82 Milliarden Euro bereitgestellt werden? Mit dem Stabilitätsinstrument finanziert die EU-Kommission Maßnahmen in Ländern außerhalb der EU, wenn es dort Krisen gibt oder solche bevorstehen, um die jeweilige Regierung zu stabilisieren. Oder sie ergreift Maßnahmen »im Kontext stabiler Kooperationsbedingungen«, die dem »Aufbau von Kapazitäten« dienen, »um spezifische globale und transregionale Bedrohungen mit destabilisierender Wirkung zu bewältigen«. Dabei geht es auch um »Hilfsmaßnahmen« wie die Unterstützung beim Aufbau von Polizei, Streitkräften oder staatlichen Strukturen. Geld kann auch dann ausgezahlt werden, wenn dies eine örtliche Regierung nicht will, zum Beispiel wenn die Zusammenarbeit mit ihr aufgrund von Klauseln in internationalen Abkommen – etwa wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen – ausgesetzt ist.
Die Finanzhilfen werden einerseits als konkrete Haushaltshilfe, andererseits als Sachleistungen zur Deckung von Betriebskosten oder als Finanzierung von Programmen an die jeweilige Regierung oder einzelne Gebietskörperschaften, an Europäische Agenturen, Nichtregierungsorganisationen sowie internationale Organisationen und auch an privatwirtschaftliche Unternehmen ausgezahlt, soweit »sie einen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung leisten«.
Richtig verwirrend wird es, wenn man betrachtet, wie viele verschiedene Programme dieser Art die EU unterhält. In dieser Plenumswoche wurden neben dem Stabilitätsinstrument noch eine ganze Reihe anderer »außenpolitischer Instrumente« debattiert, darunter das »Nachbarschaftsinstrument«, das »Instrument für Heranführungshilfe« oder das »Finanzierungsinstrument für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte«.
Für all diese zuständig sind die EU-Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD). Es ist zwar immer wieder angemahnt worden, aber de facto gibt es keine parlamentarische Kontrolle der Ausgaben durch das Europäische Parlament.
Auch der Deutsche Bundestag erfährt nur wenig darüber, was mit dem Geld des Stabilitätsinstrumentes geschieht. In einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion (17/5873) hieß es: »Der Bundesregierung sind lediglich Gesamtsummen für die jeweiligen Maßnahmen bekannt. Da diese oft aus mehreren Komponenten bestehen, liegen der Bundesregierung über die genaue Höhe der Mittel, die (z.B.) für Reformen der Justiz verwendet wurden, nicht in jedem Fall genaue Angaben vor.«
Klar ist nur: Mit dem Geld nimmt die EU weltweit Einfluss auf örtliche Entwicklungen. Meist ist es Vor- und Nachsorge rund um militärische Konflikte, die auch schon mal mit Beteiligung der Europäischen Union stattfinden bzw. stattfanden. Die GUE/NGL-Fraktion etwa lehnt deshalb das Stabilitätsinstrument ab.
Besonders im Vorfeld des Rüstungs- und Militärgipfels der EU am 19. und 20. Dezember ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Instrumente häufig die zivile Begleitung von auch militärischen Einflussnahmen der EU auf andere Länder sind. Frankreich drängt nun zum Beispiel gerade darauf, dass ihre militärischen Aktionen in Zentralafrika über die »African Peace Facility« des Entwicklungshilfefonds der EU abzurechnen seien. Das würde ins Bild passen, wurden doch schon 1,1 Milliarden Euro aus dem EU-Entwicklungsfonds für Militäraktionen der Afrikanischen Union (AU) ausgegeben. So werden dann Militäreinsätze (nicht nur Frankreichs) über die EU querfinanziert. Auch um den geplanten Ausbau von EU-Militäreinsätzen wird es beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche gehen.
Es ist und bleibt Wahnsinn, dass unter der Führung der Troika die Länder in der EU kaputtgespart werden, aber zugleich ein Militärgipfel stattfindet, bei dem Maßnahmen dazu beschlossen werden sollen, wie die (teure) Militarisierung der EU weiter vorangetrieben werden kann.