IMI-Standpunkt 2009/037, in: Neues Deutschland (26.6.2009)

Nein heißt Nein

Brüsseler Spitzen

von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 26. Juni 2009

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Der EU-Gipfel hat am vergangenen Freitag in Brüssel ein »Zusatzprotokoll« zum Lissaboner Vertrag verabschiedet. Dieses Protokoll muss, damit es gültig wird, in allen EU-Staaten ratifiziert werden. Plan ist, dass die EU-Mitgliedsstaaten das »Protokoll« z.B. beim Beitritt von Kroatien mit unterzeichnen und dann in den jeweiligen nationalen Parlamenten beschließen. Es beinhaltet drei Punkte: Steuerpolitik, Abtreibungsrecht und Militärpolitik. Ziel ist, einen Teil derjenigen ruhig zu stellen, die gegen den Lissaboner Vertrag gestimmt haben, um eine Mehrheit beim erneuten Referendum zum Lissabonvertrag am 2. Oktober zu erhalten.

Interessant ist vor allem der Punkt »Sicherheit und Verteidigung«. Es wird behauptet, der Vertrag würde die Neutralität Irlands nicht berühren. Das ist falsch: Die Zusammenarbeit zwischen EU und NATO bleibt ein wesentliches Element des Lissaboner Vertrages. Es gibt eine Reihe von Positivbezügen zur NATO. So heißt es im »Protokoll« 10: »In der Überzeugung, dass eine maßgeblichere Rolle der Union im Bereich von Sicherheit und Verteidigung im Einklang mit den so genannten Berlin-plus-Vereinbarungen zur Vitalität eines erneuerten Atlantischen Bündnisses beitragen wird.« Das ist ein offener Bruch unter anderem der Neutralität Irlands.

Das Zusatzprotokoll wird nichts daran ändern, dass der Lissaboner Vertrag die EU zu einer Militärunion machen würde. Alle Militärelemente des Vertrages bleiben bestehen: Die militärische »Solidaritätsklausel« (Art. 222), die härter ist als die Solidaritätsklausel der NATO, macht die EU zu einem Militärbündnis und ermöglicht einen Einsatz von Militär im Inneren der EU. Artikel 42 verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur Aufrüstung. Die »Ständige Strukturierte Zusammenarbeit« macht ein militärisches Kerneuropa möglich. Entscheiden über die so beschlossenen Einsätze dürfen dann nur noch diejenigen, die daran teilnehmen. Mit dem »Anschubfonds« kann der EU-Haushalt erstmals für Militärisches genutzt werden, die bisherigen EU-Verträge verbieten dies. Sowohl die EU-»Battle Groups« (EU-Kampftruppen) als auch die EU-Rüstungsagentur würden mit dem Lissaboner Vertrag erstmals primärrechtlich verankert. Dann könnten sie erst wieder durch einen neuen EU-Vertrag abgeschafft werden.

Die Textvorlage des EU-Rates bestätigt, wie richtig unsere Kritik an den militärischen Auswirkungen des Lissaboner Vertrages war und ist. Nun soll also mit Tricksereien der Lissaboner Vertrag doch noch durchgesetzt werden.

Die Iren haben klar und deutlich mit »Nein« gestimmt. Sie sollen solange abstimmen, bis das Ergebnis der selbsternannten EU-Elite passt. Die »Zugeständnisse« im neuen »Zusatzprotokoll« sind unverbindliche Kosmetik.

Vertreter/innen der progressiven Nein-Kampagne aus Irland haben dazu aufgerufen, das zweite Referendum in Irland zum Lissabon-Vertrag als EU-weite Abstimmung zu verstehen und um Unterstützung von progressiven NEIN-Kräften aus den anderen EU-Ländern geworben. Dem werden wir nachkommen. Wir werden dafür kämpfen, dass auch bei einem zweiten Referendum in Irland das NEIN zu diesem neoliberalen und militaristischen Lissabonner Vertrag obsiegt. Nein heißt Nein!