IMI-Analyse 2008/038

Illusionen der Allmacht

Praktische Anmerkungen zur "Verantwortung zum Schutz"

von: Christoph Marischka | Veröffentlicht am: 10. November 2008

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Schriftliche Ausarbeitung eines Beitrages auf dem „Langen Tag des Antimilitarismus“ am 26.10.2008 in Berlin

Kleinkinder schlüpfen beim Spielen gerne in die Rolle von Erwachsenen, mimen Cowboys oder Polizisten, hantieren mit Spielzeugsoldaten oder mit Actionfiguren, die über allerlei Waffen und Funktionen verfügen. In der Psychologie wird dieses Verhalten oft mit der Ohnmacht erklärt, welche die Kinder angesichts der langsam über sie hereinbrechenden Realität empfinden. Diese Ohnmacht wird im Spiel durch Allmachtsphantasien verarbeitet. Ohnmachtsgefühle können aber auch Erwachsene überkommen, angesichts der Bilder von Krieg, Verstümmelung und systematischer Vergewaltigung, die alltäglich sichtbar gemacht werden. Diese Ohnmacht hat jüngst wahrscheinlich auch der Menschenrechtsbeauftragte einer christlichen Organisation bei einem Besuch in Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo verspürt, in dessen Rahmen er sich auch mit vergewaltigten Frauen unterhielt, die in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma behandelt wurden. Nach seiner Rückkehr bat er im Namen seiner Organisation Außenminister Steinmeier „sich gegenüber dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für eine sofortige Stärkung und Aufstockung der UN-Friedenstruppen einzusetzen. Dabei sollte das robuste Mandat der Monuc in vollem Umfang ausgeschöpft und die Truppen in die Lage versetzt werden, die Zivilbevölkerung wirkungsvoll zu schützen.“[1]

Unter der Hand wird in EU-Sicherheitskreisen schon seit über einem Jahr, seit die Kämpfe zwischen den Milizen Nkudas und der offiziellen Armee der DR Kongo das letzte Mal eskalierten, ein weiterer EU-Einsatz am Kongo erwogen. Eine entsprechende Anfrage und ein entsprechender Beschluss des UN-Sicherheitsrat lassen sich jederzeit einholen – die Strukturen hierfür sind zwischen dem UN Departement für Peacekeeping Operations und dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU im Rahmen der vorangegangenen EU-Einsätze in der DR Kongo entstanden.[2] Nun hat Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner vorgeschlagen, eine EU-Battlegroup in das Land zu entsenden. Ob dieser Einsatz zu Stande kommt, wird nicht von humanitären Erwägungen abhängen, sondern davon, was sich die EU und ihre Mitgliedstaaten diesmal von einem solchen Einsatz an strategischem Gewinn erwarten. Die bisherigen Einsätze der EU in Afrika dienten vor allem der Erprobung neuer logistischer Fähigkeiten und des neuen Einsatzkonzeptes der Battlegroups und haben die Situation in Zentralafrika nicht verbessert. Doch die Ohnmacht der Mitfühlenden wird auch über den Zweck, solche teuren Manöver zu rechtfertigen, hinaus instrumentalisiert. Zum Beispiel, um ein Recht auf Intervention durch die Großmächte im Völkerrecht als „Verantwortung zum Schutz“ zu verankern. Diese wird zunächst in theoretischer Hinsicht kritisiert und anschließend in praktischer Hinsicht als nicht umsetzbar beschrieben.

Eine „Verantwortung zum Schutz“?

Die populärsten Bilder, welche nicht nur die Ohnmacht jedes und jeder Einzelnen, sondern auch der „Internationalen Gemeinschaft“ in ihren bisherigen Friedenseinsätzen demonstrieren, sind der Völkermord in Ruanda 1994 und das Massaker von Srebrenica von 1995, die jeweils mehr oder weniger unter den Augen von UN-Friedenstruppen stattfanden. Die UNAMIR in Ruanda hatte jedoch kein Mandat zum bewaffneten Einsatz außer zur Selbstverteidigung, die UNPROFOR-Soldaten in Bosnien hingegen fielen selbst in die Hand der serbischen Truppen, weshalb sich die NATO nicht zu Luftangriffen gegen diese durchringen wollte.[3] Erst seit 1999 sind fast alle UN-Einsätze mit einem „robusten“ Mandat nach Kapitel VII der UN-Charta zum Schusswaffengebrauch jenseits der Selbstverteidigung ermächtigt, das auch den Schutz der Zivilbevölkerung umfasst – ohne dass jedoch klar wäre, was dies im konkreten Falle bedeutet. Eine Neudefinition des Völkerrechts war hierfür nicht von Nöten. Dennoch stellte Kofi Annan vor der UN-Vollversammlung 2000 das ihm zugrunde liegende Souveränitätsprinzip in Frage, indem er die Bilder von Ruanda und Srebrenica beschwor: „Wenn humanitäre Intervention tatsächlich einen inakzeptablen Anschlag auf das Souveränitätsprinzip darstellt, wie sollen wir dann auf ein Ruanda, auf ein Srebrenica reagieren – auf schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen, die jegliches Prinzip unserer gemeinsamen Menschlichkeit tangieren?“[4]

Daraufhin gründete die kanadische Regierung eine „Expertengruppe“, welche das vermeintliche Dilemma zwischen dem Gebot der Nicht-Intervention und der Verantwortung der Internationalen Gemeinschaft, Massaker und Völkermorde zu verhindern, untersuchen sollte und feststellen wollte, „wann – wenn überhaupt – es für Staaten angemessen ist, Zwangs- und insbesondere militärische Maßnahmen gegen einen anderen Staat zu ergreifen, um gefährdete Menschen in diesem anderen Staat zu schützen.“[5] Der Abschlussbericht der Kommission trug den Titel „The Responsibility to Protect“ („Die Verantwortung zum Schutz“, R2P) und wurde Ende 2001 veröffentlicht. Diese Verantwortung zum Schutz soll ein neues Souveränitätsverständnis etablieren und damit das Interventionsverbot aushebeln, ohne dass die UN-Charta in ihrem Wortlaut geändert werden müsste. Demnach sei es die Aufgabe aller Staaten, ihre Bürger vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Können oder wollen die Staaten Massaker, „ethnische Säuberungen“ oder systematische Menschenrechtsverletzungen an ihrer Bevölkerung nicht verhindern, so ginge diese Verantwortung an die „internationale Gemeinschaft“ über. Eine humanitäre Intervention sei dann auch ohne eine Gefährdung des Weltfriedens und im Zweifelsfall auch ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates legitim, da sie nicht gegen das Prinzip der Nicht-Einmischung verstoße. Denn dem betreffenden Staat wird seine Souveränität schlicht aberkannt.

Auch wenn diese Argumentation in politischen und wissenschaftlichen Publikationen gerne als „elegant“ beschrieben wird und nach Ansicht einiger Regierungen – u.a. der deutschen – bereits als „völkerrechtliche Lehre“ gilt,[6] so ist sie komplett falsch! Sie geht erstens von einem völlig falschen Begriff der Menschenrechte aus, denn Menschenrechte sind in erster Linie als Schutzrechte vor dem Staat und seinem Handeln zu verstehen, nicht als etwas, das der Staat gewährleistet. Die Begrifflichkeit der Menschenrechte, welche der R2P zugrunde liegt, ist darüber hinaus dazu geeignet, Menschenrechte als individuelle und absolute Rechte zu relativieren. Erst, wenn sie in großem, international als bedeutend erachtetem Maßstab verletzt werden, entfalten sie demnach ihre Wirkung, indem sie den Weg zu einer militärischen Intervention frei machen. Zweitens kann die R2P keine internationale Rechtsgrundlage bieten, da sie von vornherein relativ ist, also nur für eine bestimmte Staatengruppe gilt: Für starke Staaten eröffnet sie ein Recht auf Intervention, für schwache Staaten die Gefahr, Ziel einer Intervention zu werden. Indem sie auf starke Staaten (d.h. mit einem funktionierenden Gewaltmonopol) nicht anwendbar ist,[7] tendiert sie außerdem automatisch dazu, diese und die durch sie verursachten Menschenrechtsverletzungen als legitim erscheinen zu lassen.[8] Drittens geht die R2P von völlig falschen Annahmen über Außen- und Militärpolitik und ihren Triebfedern aus. Kein Staat stellt Streitkräfte auf, rekrutiert und bewaffnet junge Männer und schickt diese in womöglich tödliche Auslandseinsätze, um humanitäre Hilfe zu leisten. Armee und Soldatentod lassen sich nur durch nationale Interessen, durch Staatsräson, begründen und Auftrag und Expertise von Soldaten bestehen darin, im Kontext des Krieges zu den Waffen zu greifen, einen Raum zu erobern oder einen Feind zu besiegen. Werden Soldaten aus ihrem Begründungszusammenhang herausgerissen und mit dem Auftrag, die Zivilbevölkerung zu schützen, in andere Länder entsandt, ergeben sich praktische Probleme, die im Folgenden anhand vergangener Einsätze, denen keine starken nationalen Interessen zugrunde lagen, dargestellt werden sollen.

Das Problem der Fläche

Der Vorschlag für den jüngsten EU-Einsatz in der DR Kongo besteht darin, 1.500 europäische Soldaten in den Osten des Landes zu entsenden, das fast so groß ist, wie Westeuropa. Nach den ersten EU-Einsätzen in der DR Kongo und angesichts der über zehnmal so starken UN-Truppe Monuc, die bereits seit 1999 (mit gegenwärtig 16.475 Soldaten) im Land aktiv ist, wird mittlerweile auch von der Presse wahrgenommen, dass hiermit nicht substanziell zur Verbesserung der Sicherheitslage beigetragen werden kann. Ein solcher Einsatz erfordert ein hohes Maß an Logistik, weshalb es letztlich wenige Dutzend EU-Soldaten mehr wären, die für Patrouillen und Sicherungsaufgaben zur Verfügung stünden – noch dazu Soldaten, die im Gegensatz zur Monuc keine Kenntnis über die Region, die Haltungen in der Bevölkerung und die Akteurskonstellationen hätten. Angesichts der schieren Größe der DR Kongo und auch der umkämpften Region ist es unwahrscheinlich, dass die Soldaten überhaupt auf Milizionäre träfen, geschweige denn, diese identifizieren könnten. Auch die Monuc ist keineswegs fähig, in den Dörfern dauerhaft präsent zu sein oder die Städte abzusichern. Wenn sie im Rahmen allgemeiner Sicherheitsaufgaben oder Patrouillen auf Gegner trifft, ist sie meist in der Unterzahl und nicht handlungsfähig.

Um eine flächendeckende, handlungsfähige Präsenz in der DR Kongo herzustellen, wären etwa zwei Millionen Soldaten nötig.[9] Zwei Millionen fremde Soldaten aber brächten wiederum eine Menge negativer Begleiterscheinungen mit sich und würden auf die Dauer als Besatzer wahrgenommen. So ist bekannt und dokumentiert, dass Drogenhandel, Prostitution, Kindesmissbrauch und damit auch der Menschenhandel dort blühen, wo internationale Soldaten stationiert sind. Selbst bei dem verhältnismäßig kleinen EUFOR-Einsatz in Bunia 2003 kam es zu schweren Menschenrechtsverletzungen zumindest durch französische Soldaten, die bis heute nicht strafrechtlich verfolgt wurden.[10] Die Geschichte der Monuc und anderer größerer UN-Missionen weist eine Vielzahl von Fällen auf, in denen UN-Soldaten in Waffen- und Rohstoffhandel involviert waren. Bereits Verbände diesen Maßstabs entwickeln eine unkontrollierte Eigendynamik: So gibt es innerhalb der Monuc-Führung einerseits Positionen, welche Einsätze der Regierungstruppen gegen die Soldaten Nkundas bis weit über das zugelassene Mandat hinaus – beispielsweise mit Maschinengewehrfeuer aus Hubschraubern heraus – unterstützen, während ein indischer Kommandeur einer Basis in Nord-Kivu die UN im Juli 2008 damit schockierte, dass er auf einer öffentlichen Veranstaltung seine Unterstützung Nkundas und dessen Bewegung erklärte.[11] In der Bevölkerung wird vermutet, Teile der UN-Truppen hätten gar kein Interesse an einem Ende des Konfliktes, da sie im Zuge ihres Einsatzes gute Geschäfte machen könnten.

Der Aufbau von Friedensmissionen

Wenn die EU- und NATO-Staaten keine geostrategischen Interessen in einer Region haben, werden sie nur zögerlich Soldaten entsenden und sich bemühen, dass diese keiner großen Gefahr ausgesetzt werden. Hierdurch entsteht eine charakteristische Zusammensetzung langfristiger UN-Missionen, die das aussichtslose Ziel verfolgen, militärisch Frieden zu schaffen. So besteht beispielsweise die UN-Truppe Monuc in der Masse aus Soldaten aus Indien, Pakistan, Bangladesh, Uruguay, Südafrika und Nepal, also ärmeren Ländern, die tw. selbst in langfristige Konflikte verwickelt sind, deren Soldaten wegen schlechterer Bezahlung und Ausbildung demnach auch anfälliger dafür sind, selbst Menschenrechtsverletzungen zu begehen oder sich korrumpieren zu lassen.

Die nationale und auch sprachliche Geschlossenheit einzelner Kontingente fördert wiederum die Eigendynamiken einzelner Truppenteile und erhöht die Distanz zur Einsatzleitung und deren politischen Sprechern, die wiederum häufig aus OECD-Staaten stammen und wenig Bezug zu den Einsatzkräften haben. Die Führungsebene ist deshalb oft schlecht informiert, kennt nicht die Bedürfnisse der Soldaten und betreibt gegenüber der internationalen Gemeinschaft „Okay-Reporting“, d.h. sie versucht, die Probleme der Mission in einer Art nieder zu reden, welche die Einsatzkräfte gefährdet. Daraus entstehen erhöhte Erwartungen durch die internationale Gemeinschaft beispielsweise nach einem robusteren Eingreifen, denen die Truppen in der Praxis nicht oder nur bei hoher persönlicher Gefährdung oder durch Rechtsbrüche nachkommen können.

Demokratie und Friedenseinsätze

Es gibt zwei miteinander verwobene Mechanismen, die dazu führen, dass die Masse der Soldaten in Friedenseinsätzen tendenziell aus weniger demokratischen Systemen und autoritärer Strukturierten Armeen stammt. Zunächst mag die Zustimmung der Bevölkerung des Entsendelandes für einen humanitären Einsatz hoch sein, wenn aber in eine echte Krisensituation an den Brennpunkt Truppen entsandt werden sollen und mit hohen eigenen Verlusten zu rechnen ist, dann wird diese Zustimmung rasch sinken und die Politiker werden sich heftigen Vorwürfen ausgesetzt sehen, wenn sie das Leben ihrer Soldaten für eher abstrakte und schwer erreichbare humanitäre Ziele geopfert haben. Deshalb tendieren westliche Staaten selbst dann, wenn sich humanitäre Motive und geostrategische Interessen überlappen, eher zu Luftangriffen, als zur Entsendung von Bodentruppen, wie beispielsweise beim Krieg gegen Rest-Jugoslawien. Luftangriffe mindern das Risiko eigener Verluste, gefährden aber eher die Zivilbevölkerung im Einsatzgebiet, als dass sie diese schützen – auch, weil die angegriffenen Truppen oder Milizen angesichts von Luftangriffen ihre Stellungen oft lieber verlassen und Schutz in zivilen Einrichtungen und Dörfern suchen, aus denen wiederum die Bevölkerung flieht.[12]

Der andere Mechanismus besteht darin, dass tendenziell die Einsatzkräfte im Feld besser über die Schwierigkeiten bei Einsätzen, die den Schutz der Bevölkerung beinhalten, Bescheid wissen, als deren Vorgesetzte und diese wiederum besser als die Politiker. Militärs, sofern sie nicht ganz persönliche Interessen verfolgen, sterben lieber für die Verteidigung oder für nationale Interessen als für humanitäre Ziele, die nach ihrer Erfahrung durch Soldaten auch gar nicht erreicht werden können. Insofern steht die Möglichkeit, dass Kritik am Einsatz geäußert und auch von den Vorgesetzten aufgegriffen und weitergegeben wird, humanitären Einsätzen entgegen.

Das mag abstrakt klingen, lässt sich aber an zwei Beispielen verdeutlichen: Am 9.5.2006, noch während der Verlegung der deutschen Soldaten in die DR Kongo, schaltete der Bundeswehrverband eine ganzseitige Anzeige in vier großen deutschen Tageszeitungen, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung, der Welt und den Ruhr Nachrichten, in welcher die Gehaltkürzungen für Soldaten kritisiert werden mit den Worten: „Gleichzeitig sollen mindestens 500 Soldaten ihren Kopf im Kongo hinhalten und so mancher Politiker denkt über erweiterte Einsätze nach. Der Deutsche BundeswehrVerband sagt: So geht es nicht weiter!“. Der Oberkommandierende des EU-Einsatzes im Tschad, Jean-Philippe Ganascia, äußerte sich ein halbes Jahr nach Beginn dieses Einsatzes gegenüber der Presse ähnlich kritisch über seine Mission: Sie sei weder für einen humanitären Einsatz geeignet noch für eine Entwaffnung der Bevölkerung. Übergriffe auf Dörfer und größere grenzüberschreitende Fluchtbewegungen, wie sie das eigentliche Mandat begründeten, fänden nicht statt, es sei „als wolle man eine Fliege mit Hammer und Amboss erschlagen“.[13] Solch kritische Töne wird man bei Einsätzen, die klar definierten nationalen Interessen dienen, nicht hören. Man wird solche Einwände auch tendenziell weniger von Armeen hören, die noch autoritärer strukturiert und deren Angehörige sich folglich auch noch weniger an Menschenrechte gebunden fühlen. Kurz: Je größer und je multinationaler ein Einsatz und je weniger geostrategische Interessen hinter ihm stehen, desto mehr werden die internationalen Kräfte selbst zu einer wenig geachteten und wenig kontrollierbaren Miliz. Parteien, die dem Militär näher stehen, ist dies eher bewusst und deshalb sind sie auch zögerlicher bei Einsätzen, die „lediglich“ humanitären Zielen dienen sollen, als Parteien, die weniger Kontakte und Erfahrungen mit der Armee haben.

Militärische Sicherheit ist keine Sicherheit

Einer der ambitioniertesten Versuche der Friedenssicherung fand bislang im Kosovo statt. Aufgrund der massiven geostrategischen Interessen der Europäischen Union und der NATO stammte der Löwenanteil der bis zu 50.000 Soldaten , die bei einer Bevölkerung von knapp über zwei Mio. Einwohnern im Land stationiert wurden, aus deren Mitgliedsstaaten. Doch selbst mit fast 25 KFOR-Kräften pro tausend Einwohnern konnte die NATO keinen umfassenden Schutz für die Bevölkerung gewährleisten – im Gegenteil. Zwar ist es seit 2004 nicht mehr zu größeren Pogromen gekommen, dies wäre aber auf taktische Zurückhaltung im Vorfeld der Unabhängigkeitserklärung und in der Hoffnung auf deren Anerkennung zu werten, urteilte ein Bericht des Instituts für Europäische Politik im Auftrag der Bundeswehr von 2007.

Unterhalb der internationalen Wahrnehmungsschwelle seien aber Übergriffe an der Tagesordnung. Für die serbische Minderheit besteht nach wie vor keine Bewegungsfreiheit, viele müssen ihre Einkäufe in Begleitung von Soldaten verrichten oder lassen diese gleich von den Soldaten erledigen.[14] Kulturelle Einrichtungen wie das Erzengelkloster, in dem sechs Mönche leben, werden rund um die Uhr durch gepanzerte Fahrzeuge, Wachtürme und Beobachtungsposten auf den umliegenden Bergen geschützt,[15] regelmäßig wird die Niederschlagung von gewalttätigen Demonstrationen geprobt. Das Institut für Europäische Politik rechnet mit „revolutionsähnlichen Erhebungen“ durch die albanische Mehrheit etwa zwei Jahre nach der Unabhängigkeit. Diese sei nämlich mit Hoffnungen auf Prosperität verbunden, die nicht eingelöst werden können. Knapp 40% der Bevölkerung leben unterhalb der internationalen Armutsgrenze, 15% in extremer Armut. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt 75%. Es kommt nach wie vor in weiten Teilen des Landes nahezu täglich zu Stromausfällen. Handel ist fast nur mit dem verfeindeten Serbien möglich. Für die 36.000 jungen Menschen, die jährlich dem Arbeitsmarkt ausgeliefert werden, gibt es fast keine Perspektive jenseits der Emigration.

Die internationale Truppenpräsenz ist auch hier Teil des Problems. So gäbe es „beträchtliche Korruptionsvorfällen innerhalb der UN-Administration“, führende Personen der Organisierten Kriminalität genießen den Schutz der KFOR-Soldaten und „Teile des KFOR-Stabs [sind] als infiltriert zu betrachten“. Das internationale Personal stünde „mehrheitlich“ in dem Ruf „im Kosovo entweder Abenteurertum oder individuelle Bereicherung zu betreiben“.[16] 2003 berichtete die International Organisation for Migration von 104 Bordellen, in denen junge Frauen zu Prostitution und unbezahlter Arbeit gezwungen würden.[17] Ein deutscher Soldat höheren Ranges berichtete unter dem Versprechen der Anonymität, dass er vorsätzlich in eine kompromittierende Situation gebracht, dabei fotografiert worden und seit dem erpressbar sei.

Absicherung totalitärer Regime

Im Schatten des Militärs, bewaffnet und gegenüber der Rechtssprechung im Einsatzland immun, gedeihen Kriminalität und Korruption. Besonders kleinere Einsätze, wie sie die EU bislang in Afrika durchführte, sind auf die Zustimmung der jeweiligen Regierung angewiesen und müssen diese auch auf Dauer sichern. Eine solche Zustimmung wird es aber nur geben, wenn sich die Regierung von der internationalen Truppenpräsenz keine Einschränkung oder gar eine Absicherung ihrer Herrschaft erwartet. Der Sudan (wo die EU nicht aktiv ist) bildet hier eine Ausnahme, er wurde durch internationalen Druck gezwungen, einer internationalen Friedenstruppe zuzustimmen. Gerade weil die Zustimmung aber erforderlich war, handelt es sich dabei auch um eine weitgehend handlungsunfähige Truppe, die sich ebenfalls scheut, in Konflikt mit der Regierung zu geraten.

Im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik ist die Situation hingegen wesentlich eindeutiger: Die Präsidenten Déby und Bozizé, beides Ex-Militärs, die gewaltsam an die Macht kamen und autoritär herrschen, begrüßten den Einsatz der EU von Anfang an, unter anderem, weil er die Ausbildung ihrer Polizeikräfte absichern und ihren Machtbereich ins Hinterland ausdehnen sollte. Im Falle des Tschad wird der Einsatz außerdem eng mit den französischen Soldaten koordiniert, die bereits lange im Land sind und schon mehrfach zu Gunsten des Machthabers in Konflikte eingegriffen haben. Würde dieser während der Präsenz der EU-Truppen gestürzt, dann durch Rebellen, die von der sudanesischen Regierung unterstützt würden. Die EU käme so in die missliche Lage, mit Khartum über einen sicheren Abzug ihrer Soldaten verhandeln zu müssen – oder sich in den Dienst der neuen Machthaber zu stellen.[18] Ist ein Machthaber nicht (mehr) einverstanden mit der Präsenz internationaler Truppen, so hat er zahlreiche Möglichkeiten, diese in Frage zu stellen. Beispielsweise kann er Paramilitärs, deren politische Loyalität nicht offensichtlich ist, dafür einsetzen, die internationalen Truppen in Gefechte zu verwickeln, die zahlreiche zivile Opfer fordern. Auch der Einsatz in der DR Kongo zur Absicherung der Wahlen 2006 hat nicht zu einer Demokratisierung des Landes oder mehr Frieden beigetragen, sondern lediglich die Herrschaft Kabilas abgesichert.

Konfliktdynamiken

Bereits solch kleine Einsätze sind geeignet, bestehende Machtverhältnisse zu verschieben (oder zumindest diese Befürchtung zu wecken) und damit Konflikte zu eskalieren. So geschah es auch in Tschad. Sowohl die Regierung in Khartum als auch die Rebellengruppen verstanden den Beschluss, EU-Truppen im Land zu stationieren, v.a. auf Grund der Beteiligung Frankreichs als Gefährdung ihrer Interessen. Déby verstärkte diesen Eindruck u.a. dadurch, dass er am Tag des EU-Beschlusses zum Militäreinsatz im Osten des Landes, wo die Rebellen die Überhand haben, seinen Führungsanspruch unterstrich, indem er den Ausnahmezustand verhängte. Die drei größten Rebellengruppen legten angesichts der geplanten EU-Intervention ihre Streitigkeiten bei und bildeten eine Allianz, die daraufhin von der sudanesischen Regierung verstärkt unterstützt wurde. So gelang es den Rebellen, während die EU-Soldaten über die Hauptstadt des Tschad eingeflogen wurden, diese anzugreifen und die Verlegung der europäischen Soldaten vorübergehend zu stoppen. Nur mit Hilfe des französischen Militärs vor Ort konnten die Rebellen aus der Hauptstadt vertrieben werden. Hunderte ZivilistInnen starben bei den Kämpfen und hunderttausende flohen. Wenige Wochen später hingegen gelang es wiederum sudanesischen Milizen mit der Unterstützung Débys, bis nach Khartum vorzustoßen. In der Grenzregion gab es seit dem mehrfach Gefechte zwischen den Milizen und Luftangriffe durch die offiziellen Armeen des Sudan und des Tschad.[19]

Weshalb die Überfälle auf humanitäre Organisationen im Osten des Tschad seit der Stationierung von EU-Soldaten, die solche explizit verhindern sollten, zunahmen statt abzunehmen, ist unklar. Sicher ging es den Rebellen zunächst darum, die Reaktionen der neuen Akteure zu testen. Außerdem können die Überfälle auch als Teil einer allgemeinen Aufrüstung (und Umstrukturierung) der Rebellengruppen verstanden werden, da regelmäßig Jeeps, Benzin und Satellitentelefone geraubt werden. Unbestritten ist jedoch, dass die Milizen aufgrund der EU-Präsenz und v.a. aufgrund der europäischen Aufklärungsmittel, die im Tschad intensiv erprobt werden, ihre Strategie geändert haben. Sie bewegen sich nicht mehr in großen Verbänden, sondern in kleineren Konvois, die nicht so leicht erkannt werden. Bei den Überfällen auf Dörfer und humanitäre Einrichtungen treten sie eher als Banditen auf, denn als Armee.[20] Angesichts der massiven Armut in der Region besteht ein großer Neid auch in der lokalen Bevölkerung gegenüber den humanitären Organisationen und auch den Flüchtlingen in den Lagern, weshalb es ein ausgeprägtes unorganisiertes Bandenwesen gibt und die EU-Soldaten auf Banditen nur zur Selbstverteidigung das Feuer eröffnen. Für die allgemeine Menschenrechtslage ist es natürlich nicht förderlich, wenn die Milizen derart dezentral in autonomen Kleingruppen agieren.

Auch in Afghanistan, wo die NATO mit mittlerweile über 50.000 Soldaten präsent ist, hat sich die Konstellation der Akteure und deren Strategie massiv gewandelt: Die Taliban, die zuvor eher in Konkurrenz mit den bewaffneten Stämmen standen, konnten viele von diesen vereinigen und gegen den gemeinsamen neuen Feind, die internationalen Truppen, in Stellung bringen.[21] Hier führt gerade die Übermacht der NATO und deren asymmetrische Kriegführung dazu, dass ihre Gegner dazu gezwungen sind, auf Guerilla-Taktiken zurückzugreifen und anstatt der Soldaten v.a. zivile (Märkte) oder quasi-zivile (Rekrutierungszentren, Sicherheitsunternehmen, Baufirmen) Ziele anzugreifen.

Schusswaffengebrauch

Auch auf der Mikro-Ebene stellt sich der Einsatz von Soldaten zum Schutz von ZivilistInnen schwieriger dar als in landläufigen Vorstellungen. So ist das Bild von blindwütig und auf Drogen gesetzten Milizionären, die wahllos plündern und vergewaltigen, in Teilen rassistisch und unzutreffend. Die Milizen verfügen über Erfahrungen und Strategien. Sie wissen, wo internationale Truppen präsent sind und werden dort nur zuschlagen, wenn sie damit gewisse Ziele verfolgen, bspw. die internationalen Truppen vertreiben oder in Gefechte verwickeln wollen, die sich nachteilig für diese entwickeln können. Wann sollen die Soldaten zum Schutz von Menschenleben das Feuer eröffnen? Wenn sich ein Jeep dem Dorf nähert? Wenn er vorwiegend mit bewaffneten Männern besetzt ist? Wenn im Dorf Panik ausbricht? Wenn sie trotz Warnschüssen zu Plünderungen übergehen?

Nach einer zivilen Rechtsordnung reicht ein bewaffneter Raubüberfall noch nicht aus, um einen Mord zu rechtfertigen. Jeder Schuss könnte ein Gefecht auslösen, das zum Tod der eigenen Soldaten und von Zivilisten und zu unabsehbaren politischen Konsequenzen führen könnte. Was, wenn es sich um regierungsnahe Truppen handelt? Was, wenn es einen Hinterhalt gibt und es Ziel war, die internationalen Truppen in ein derart blutiges Gefecht zu verwickeln, dass sie gezwungen sind, den gesamten Einsatz zu beenden. Die Lage lässt sich in solch konkreten Situationen nicht an die Vorgesetzten vermitteln, der einzelne Soldat muss diese schwerwiegenden Entscheidungen treffen und sie verantworten – evtl. sogar in seinem Heimatland vor einem Militär- oder Zivilgericht. Die Alternative bestünde darin, die gesamte Bevölkerung im Einsatzland zu Kombattanten zu erklären, die präventiv erschossen werden dürfen (wie dies bei der Monuc nahezu der Fall ist). Mit einer Verwirklichung von Menschenrechten aber hätte dies freilich nicht mehr viel zu tun.

CIMIC und Aufstandsbekämpfung

Ob der Schutz von ZivilistInnen Aufgabe der Soldaten ist, wird durch die jeweiligen Mandate festgelegt. In diesen finden sich bedeutungsvolle aber unklare Vorschriften wonach z.B. der Einsatz von Gewalt zulässig ist, um Menschen vor der „unmittelbaren Gefahr körperlicher Gewalt“ zu schützen, „solange dies im Rahmen der Kapazitäten möglich ist“ oder „wenn es die Situation erfordert“. Konkreter wird die Frage danach, wann welche Gewalt gerechtfertigt oder angemessen ist, in den „Rules of Engagement“ geklärt, die zusammengefasst auf etwa zehn Sätze jeder Soldat als Taschenkarte bei sich trägt. Dabei können die Soldaten aus unterschiedlichen Herkunftsländern unterschiedliche „Rules of Engagement“ haben und die darin aufgeführten Begriffe unterliegen in ihrer Interpretation nicht nur zeitlichen Schwankungen, sondern auch den Vorgaben der jeweiligen Vorgesetzten und den diplomatischen Beziehungen zwischen den Entsendeländern und der lokalen Regierung. Zweifellos können also diese wenigen Sätze keine (Rechts-)Sicherheit für die Einsatzkräfte liefern, wann und wie zu handeln ist. Da ein gewaltsames Einschreiten mit hohen persönlichen Risiken verbunden ist, bleibt es häufig aus.

Während viele Menschenrechtskrieger sich dieser praktischen Probleme kaum bewusst sind, gibt es mittlerweile theoretische Bemühungen, sie aus dem Weg zu räumen, um mehr und robustere Friedenseinsätze zu ermöglichen. Victoria K. Holt und Tobias C. Berkman vom US-Thinktank „Henry L. Stimson Center“ sehen ein Defizit auf der Ebene der Einsatzdoktrinen, weshalb eine neue Doktrin für Einsätze zum Schutz von ZivilistInnen entworfen werden müssten, die zwischen traditionellen Peacekeeping-Einsätzen und traditionellen Kampfeinsätzen liegen.[22] Dabei würde es sich um eine Doktrin handeln, die keine nationalen Interessen kennt, kein militärisches Ziel benennt und keine Staatsräson repräsentiert. Beim Versuch, eine solche Doktrin zu entwickeln, den sie etwas selbstironisch „The impossible mandate?“ („Das unmögliche Mandat?“) betiteln, werden sie unter anderem bei den neueren Doktrinen für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit (CIMIC) und jenen zur Aufstandsbekämpfung fündig. Beide wurden nicht für humanitäre Einsätze entwickelt, sondern in erster Linie zur Absicherung der Besatzungen im Anschluss an die Angriffskriege gegen Afghanistan und den Irak. Wie bei den vermeintlichen „Schutz-Einsätzen“, die es zu konzipieren gilt, haben die westlichen Truppen es hier mit Situationen allgemeiner Unsicherheit und der Gegenwart organisierter bewaffneter Gruppen zu tun. Der „Schutz der Zivilbevölkerung“ ist dabei Teil des Einsatzes, aber einer, der einem militärischen und geostrategischen Ziel untergeordnet ist.

Kein Einsatz ohne Interessen

Der Schutz der Zivilbevölkerung kann Teil eines militärischen Einsatzes sein. Wenn er aber selbst das Ziel darstellt, wird der Einsatz entweder nicht stattfinden oder scheitern. Denn die Vorstellung, mit Soldaten Menschenrechte zu gewährleisten, geht von einem falschen Verständnis von Menschenrechten und Außenpolitik aus. Die Anwesenheit von Soldaten ist nicht geeignet, Menschenrechte zu garantieren, sondern gefährdet die Einhaltung von Menschenrechten. Internationale Truppen unterstehen nicht dem Recht des Einsatzlandes. Das Militär zeichnet sich darüber hinaus gegenüber allen anderen Organisationen dadurch aus, dass in ihm Menschenrechte außer Kraft gesetzt sind, Soldaten sind zum Töten ausgebildet und stehen in einem Verhältnis von Befehl und Gehorsam. Dies lässt sich nur über das spezielle Verhältnis von Staat und Militär erklären, wonach die Soldaten im Zweifelsfall dazu verpflichtet sind, für ihren Staat und dessen Interessen zu sterben. Finden hingegen Einsätze losgelöst von diesem Interesse statt, verkommt das Militär zu einer Miliz, die sich scheut, ihr Leben zu riskieren und stattdessen persönlichen Motiven folgt. Bestenfalls besteht dieses persönliche Motiv darin, sich keinen Gefahren auszusetzen.

Anmerkungen

[1] Als eines von hunderten möglichen Beispielen: Vereinte Evangelische Mission (VEM), Pressemitteilung vom 29.10.2008. Im zweiten Absatz dieser PM „bittet die VEM die Bundesregierung, ihren Einfluss gegenüber den Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas geltend zu machen, um beide Seiten für die Fortsetzung des im Januar 2008 zwischen unterschiedlichen Rebellengruppen ausgehandelten Friedensabkommens zu gewinnen.“ Dies ist eine durchaus sinnvolle Forderung. Bei den diplomatischen Bemühungen um dieses Abkommens haben weder die Bundesregierung noch die EU eine nennenswerte Rolle gespielt.

[2] Marischka, Christoph: Battlegroups mit UN-Mandat – Wie die Vereinten Nationen die europäische Rekolonialisierung Afrikas unterstützen, Sudien zur Militarisierung EUropas 31/2007

[3] Dominik A. Faust: Effektive Sicherheit – Analyse des Systems kollektiver Sicherheit der Vereinten Nationen und Entwurf eines Alternativen Sicherheitssystems, 2002

[4] Millennium Report of the Secretary-General, 27 March 2000, Übersetzung nach: Helge von Horn, Christoph Krämer: Der ICISS-Report: „The Responsibility to Protect“

[5] ICISS: The Responsibility to Protect – Report of the International Commission on Intervention and State Sovereignty, Dezember 2001

[6] So die Bundesregierung in ihrem Weißbuch der Bundeswehr

[7] So schreibt Ramesh Takur: „Eine militärische Intervention gegen Großmächte scheidet [im Rahmens des R2P-Konzepts] daher aus.“ Ramesh Takur: Menschliche Sicherheit, Intervention und die Verantwortung zum Schutz, in: Cornelia Ulbert/ Sascha Werthes: Globale Herausforderungen und regionale Perspektiven, Baden Baden 2008

[8] Vgl. etwa Edward C. Luck: “Der verantwortliche Souverän und die Schutzverantwortung – Auf dem Weg von einem Konzept zur Norm”, in Vereinte Nationen 2/2008: „Starke Staaten sind fähig und willens, die Bewohner ihrer Territorien vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen. Wie das Ergebnisdokument unterstreicht, ist es die wichtigste Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, den Staaten bei der Ausübung der Schutzverantwortung zu helfen. Schließlich sind Staaten hauptsächlich entstanden, um ihre Völker vor äußeren Bedrohungen und inneren Unruhen, vor dem ´Krieg eines jeden gegen jeden´, zu schützen … Mit der Souveränität kommt die Verantwortung, mit der Ausübung dieser Verantwortung kommt die Legitimität, und mit ihr das Vertrauen und die Zukunftsfähigkeit starker und moderner Staaten.“

[9] Das Defense Science Board (Summer Study on Transition To and From Hostilities, 2004) geht davon aus, dass für eine nachhaltige Stabilisierung etwa 20 Soldaten pro 1.000 Einwohner nötig seien. Bei einer Bevölkerung von etwa 70 Mio., einer Ausdehnung von 2.3 Mio. Quadratkilometern und dem erhöhten logistischen Bedarf angesichts der schlecht ausgebauten Infrastruktur dürften 2 Mio. Soldaten eine grobe, aber realistische Schätzung darstellen.

[10] Reinhard Wolff: EU-Folter im Kongo, in: taz, 27.3.2008

[11] Congo-Kinshasa: Monuc Deny the Personal Remarks of One of Its Unit Commanders in North Kivu, allafrica.com (10.7.2008)

[12] Vgl. z.B.Tiny Mason: Kosovo – The Air Campaign, in: Stephen Badsey/ Paul Latawski: Britain, NATO and the Lessons of the Balkan Conflicts 1991-1999,

[13] Ganascia: “Il faut revoir les missions de l‘Eufor au Tchad”, Le Figaro, 9.6.2008; sowie: European peacekeepers take to policing eastern Chad, chinaview.cn, 16.5.2008.

[14] Institut für Europäische Politik (IEP): Operationalisierung von Security Sector Reform (SSR) auf dem westlichen Balkan, Studie im Auftrag des ZTransfBw, Januar 2007

[15] Die KFOR, der Krieg und ein Kloster im Kosovo, tagesschau.de (19.6.2005)

[16] IEP 2007

[17] International Organization for Migration (IOM): Return and Reintegration Project – Counter-Trafficking Unit Kosovo, 2003

[18] Damien Helly: Crisis in Chad -implications for the EU, EUISS Analysis no. 0, 2008

[19] Vgl.: Félix Arteaga: The Chad Conflict, United Nations (MINURCAT) and the European Union (EUFOR), http://www.globalpolicy.org); Paul-Simon Handy: Chad – Democratisation Challenges and Limits of International Intervention, Analysis Real Instituto Elcano (ARI) 59/2008.

[20] Christoph Marischka: Tschad – Die EUFOR als Brandbeschleuniger, in: AUSDRUCK August 2008

[21] Conrad Schetter: Talibanistan oder das Ende staatlicher Ordnung, in: Wissenschaft & Frieden 3/2008

[22] Victoria K. Holt and Tobias C. Berkman: The Impossible Mandate? Military Preparedness, the Responsibility to Protect and Modern Peace Operations, Henry L. Stimson Center, 2006