IMI-Studie 2008/010b
„Alles wieder offen“: Georgienkrieg und imperiale Geopolitik
von: Martin Hantke | Veröffentlicht am: 18. September 2008
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INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Georgien: Geopolitisches Filetstück
3. Deutschland und die Europäische Union: (un)kontrollierte Eskalation
4. Deutsche und Europäische (Militär-)Hilfe für Georgien
5. US-Militärausbilder und Kriegsgerät
6. Westliches Plazet für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg?
7. Der georgische Angriff und die russische Gegenoffensive
8. Kontroverser Waffenstillstand
9. Perspektive Kalter Krieg
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1. Einleitung
Die Westberliner Avantgardeband „Einstürzende Neubauten“ brachte Ende 2007 ihre neue CD „Alles wieder offen“ mit dem Titelsong „Nagorny Karabach“ heraus.[1] Damit war sie erneut dem Weltgeist vorangeeilt: Zwar zählt die sowohl von Aserbaidschan als auch von Armenien beanspruchte Enklave seit Langem zu einem zentralen Konfliktherd im Kaukasus. Mit dem Angriff georgischer Truppen im Südkaukasus auf die südossetische Hauptstadt sowie auf russische „peacekeeping“-Truppen haben die dortigen Konflikte nun jedoch eine grundlegend neue Qualität angenommen, sie sind der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Ein Kalter Krieg zwischen Russland und dem Westen ist seit dem 8. August 2008 Wirklichkeit. Alles ist wieder offen.
Doch diesmal geht es anders als in der Auseinandersetzung zwischen Warschauer Pakt und NATO nicht um einen primär ideologischen Kampf. Die Konfliktlinien laufen in erster Linie als geopolitische und geostrategische Auseinandersetzung. Dabei hat die imperialistische Interessenformulierung des Westens eindeutig die Vorderhand. Georgien kommt beim stillen Kampf gegen Russland eine Schlüsselstellung zu. Während die USA, Großbritannien, Polen, Schweden und die baltischen Staaten auf eine weitere schnelle Eskalation setzen, wird von Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien aufgrund eigener Interessen eine – etwas – moderatere Haltung eingenommen. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die EU als Ganzes sich einer Eskalation im Verhältnis zu Russland verweigert. Im Gegenteil, die Politik der Europäischen Union und auch Deutschlands trägt mittlerweile immer aggressivere anti-russische Züge und gleicht sich damit der US-Strategie an, Russlands machtpolitischen Wiederaufstieg mit allen Mitteln zu unterbinden. Auch wenn die russische Reaktion auf den georgischen Angriff im Hinblick auf die Einhaltung des Kriegsvölkerrechts kritisch gesehen werden kann, dürfen die Hardliner, die die konfrontative Politik gegenüber Moskau weiter verschärfen wollen, nicht noch weiter die Oberhand gewinnen. Denn hierdurch wird nur eines erreicht: dass der augenblicklich permanent heraufbeschworene Neue Kalte Krieg zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.
2. Georgien: Geopolitisches Filetstück
Schon vor über zehn Jahren beschrieb einer der wichtigsten US-Strategen, Jimmy Carters ehemaliger Nationale Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski, anschaulich die Imperative imperialer Geopolitik. Die US-Vormachtstellung müsse unter allen Umständen bewahrt werden. Hierfür sei es erforderlich, dass die NATO als „Brückenkopf“ der USA in Eurasien expandiere und ein machtpolitischer Wiederaufstieg Russland unbedingt verhindert werde. Dies bedinge wiederum, dass geostrategisch bedeutsame Regionen dem Zugriff Moskaus entzogen würden – dazu gehören insbesondere der Südkaukasus, also Armenien, Aserbaidschan und Georgien, an der Südflanke Russlands.[2] Brzezinski ist jetzt außenpolitischer Berater des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und machte während des Georgienkrieges bereits durch einen Putin-Hitler-Vergleich von sich reden.[3]
Ein Blick auf die Karte reicht, um zu erkennen, weshalb der Südkaukasus so wichtig ist. Die einzige Möglichkeit Gas und Öl aus dem rohstoffreichen zentralasiatischen Raum sowie auf dem Landweg Waren- und Gütertransporte aus China und Kasachstan nach Europa zu bringen bietet Georgien. Mithilfe des Nabucco-Pipeline-Projekts soll die „Abhängigkeit“ Europas von russischen Gasimporten, die derzeit bei 40% der Lieferungen liegt, vermindert werden. Die USA, so der europäische Pressedienst euractiv, bemühten „sich schon lange um die Errichtung von Öl- und Gaspipelines, die aus dem Kaspischen Meer an Russland vorbei führen und vor allem durch Georgien verlaufen.“[4]
Zeitgleich mit der Warnung der Internationalen Energieagentur vor einer weiter rasant wachsenden Abhängigkeit der Europäischen Union von Energieimporten, versuchte deshalb EU-Energiekommissar Andris Piebalgs zu versichern, trotz des Kaukasus-Konflikts halte die EU an ihrem Plan zum Bau der Nabucco-Pipeline von der EU in die Osttürkei nach Erzurum und damit zum bereits geplanten Verbindungsstück durch Georgien in die kaspische Region fest: „Diese Infrastruktur wird gebraucht“, so Piebalgs.[5] Dennoch habe laut einer in der Washington Post zitierten Aussage von Ed Chow vom Center for Strategic and International Studies, „Russland ernste Zweifel in den Köpfen der westlichen Kreditgeber und Investoren gestreut …, ob so eine Pipeline durch Georgien vor Angriffen geschützt oder vor der Kontrolle des Kremls sicher sei.“[6]
Euractiv zufolge scheine sich das Projekt, über das Gas ohne russische Kontrolle nach Europa gelangen sollte, nun aufgrund „der Krise zwischen Moskau und Tiflis in der Schwebe zu befinden.“[7]
Georgiens Präsident Michail Saakaschwili selbst gab an, „dass einer der Hauptgründe für den russischen Angriff die Tatsache gewesen sei, dass Georgien bereits über eine Ölleitung – die in ihrer gesamten Länge einen Meter unter der Erde verlegte Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline (BTC) – verfüge. Diese war entworfen worden, um Russland zu umgehen.“[8] So abwegig ist dieser Verdacht nicht. Denn die Inbetriebnahme der BTC-Pipeline im Mai 2006, um die Washington und Moskau nahezu ein Jahrzehnt hart gerungen hatten, war einer der größten geopolitischen Erfolge für die US-Ambitionen, Russlands Einfluss in der Region zurückzudrängen. Möglicherweise wollte Russland, das selbst mit einer eigenen Pipeline eine Alternativroute unter seiner Kontrolle bereithält, die Verlässlichkeit Georgiens als künftiges Transitland für kaspische Energieträger nachhaltig erschüttern. Medienberichten zufolge sieht dies die georgische Seite zumindest so: „Der georgische Sicherheitsberater Lomaia sagt, die Russen hätten sechs Bomben auf die Pipeline abgeworfen, sie aber nicht getroffen. Sollte das zutreffen, wäre dies ein Hinweis, dass Russlands Militäraktion auch andere, viel weiter reichende strategische Ziele verfolgt als nur, eine humanitäre Krise in Südossetien zu verhindern.“[9]
Allerdings war die BTC-Pipeline aufgrund eines am 5. August 2008 verübten Anschlags westlich von der am oberen Euphrat gelegenen Stadt Erzincan, zu dem sich die PKK bekannte, drei Wochen nicht in Betrieb (da die türkische Regierung kein Interesse daran hatte, Abnehmer aufgrund etwaiger Sabotageakte abzuschrecken, sprach sie hingegen von technischen Schwierigkeiten). Durch diese Lieferungsunterbrechung wurde zusätzlich klar, wie anfällig Energietransportroute in der Region sind – selbst wenn russische Truppen nicht bis Gori und zur zentralen georgischen Verkehrsachse vorgestoßen wären. Gleiches gilt auch für die Anfang August 2008 fertig gestellte Eisenbahnlinie von Kars (Osttürkei) über Tiflis nach Baku. Sie führt, wie die Zuleitung zur Nabucco-Trassierung, durch ein Gebiet Georgiens mit einer armenischen Bevölkerungsmehrheit. In diesem Gebiet ist in den vergangenen Jahren der Ruf nach politischer Autonomie immer lauter geworden ist.[10] Mit der Eisenbahnlinie Kars–Achalkalaki–Tiflis–Baku (kurz KATB) soll Georgien unter Umgehung der bestehenden russischen und armenischen Transportrouten zum zentralen Gütertransportverkehrsland von China und Kasachstan nach Europa werden. Am 24. Juli 2008 wurde vom türkischen Präsidenten Abdullah Gül, Michail Saakaschwili und dem aserbaidschanischen Präsideten Alijev in Kars mit einem pompösen Einweihungsfest gemeinsam das türkische Teilstück eröffnet.[11]
Georgien stellt damit sowohl für die EU als auch die NATO-Staaten das zentrale geographische Gebiet dar, um Russland vom Energieexport abzuschneiden. Mit den drei Pipeline-Projekten Nord-Stream (Ostseepipeline), South-Stream (russisch-italienische Gaspipeline durch das Schwarze Meer über Varna in Bulgarien) und Blue Stream (von Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei) versucht Russland hier entgegenzusteuern und über direkte Energieleitungen nach West- und Südeuropa einen ungestörten Energieexport ohne die Kontrolle von äußerst US-freundlichen ehemaligen Ostblockstaaten sicherzustellen. Insbesondere die USA hatten deshalb auf die georgische Karte gesetzt.[12] Ziel war und ist es, Russlands politischen Einfluss in Europa zurückzudrängen sowie den Aufstieg Russlands zur Industriemacht zu verhindern.
Dementsprechend nutzte Russland die Gelegenheit, die sich mit dem georgischen Angriff eröffnete, um seinerseits seine Position im Kaukasus zu verbessern. Denn es ist schwer vorstellbar, dass Moskau nicht über die georgischen Invasionspläne unterrichtet war. Offenbar hatte man sich hierauf gut vorbereitet. Im Juli übten 8000 russische Soldaten bereits für eine Zurückschlagung eines georgischen Angriffs.[13] Das könnte auch erklären, warum die georgischen Truppen binnen 24 Stunden gestoppt wurden und russische Truppen die Oberhand relativ gewannen. Den Angriffskrieg Georgiens deshalb als Hineinlaufen in eine russische Falle durch den georgischen Präsidenten Saakaschwili zu bezeichnen, ist wenig überzeugend. An der Tatsache, dass Georgien einen Angriffskrieg geführt hat, lässt sich auch nicht durch den Verweis auf die gute russische Vorbereitung rütteln.
Erstmals seit Ende des (alten) Kalten Krieges hat Russland damit einem westlichen Expansionsversuch militärisch Einhalt geboten – allein hieran sieht man die Tragweite der jüngsten Ereignisse im Kaukasus.[14] Gleichzeitig ist der Einmarsch in Georgien ein deutliches Signal an den Westen, dass mit Russland künftig wieder im internationalen Machtpoker zu rechnen sein wird. In einer Analyse des auch als „Schatten-CIA“ bezeichneten Think Tanks Strategic Forecast heißt es: „Mit seiner Operation in Südossetien hat Russland drei Dinge bewiesen. 1. Seine Armee kann erfolgreiche Operationen ausführen, woran ausländische Beobachter gezweifelt haben. 2. Die Russen können die von den US-Militärinstrukteuren getrimmten Kräfte besiegen. 3. Russland hat bewiesen, dass sich die USA und die NATO nicht in der Situation befinden, die für sie ein militärisches Eingreifen in diesen Konflikt ermöglichen könnte.“[15]
Somit überrascht es wenig, dass Washington nicht mit Kritik an Moskaus Invasion spart und sich nahezu vorbehaltlos an die Seite Georgiens stellte: „Russland hat eine Invasion in einen souveränen Nachbarstaat unternommen und bedroht die vom Volk dieses Landes gewählte demokratische Regierung“, betonte US-Präsident George Bush. „Ein solches Vorgehen ist im 21. Jahrhundert nicht akzeptabel.“[16] Das mutet schon recht seltsam an. Man stelle sich vor, Kuba hätte bei einem Angriffskrieg gegen die US-amerikanische Basis Guantanamo US-amerikanische Soldaten getötet und Guantanamo in Schutt und Asche gelegt. Es sei dahingestellt, ob die US-Armee nicht versuchen würde, eine strategische Situation vor Ort zu schaffen, mit der eine Wiederholung eines ähnlichen Angriffs ausgeschlossen bleibt. Zu den ersten Kriegslügen gehört deshalb, dass eine Kritik der russischen Reaktion auf die georgische Aggression im Westen nicht einmal mehr die Ursache der Krise benennt: den zuvor erfolgten georgischen Angriff. So geschehen etwa in der am 3. September verabschiedeten gemeinsamen Resolution der Fraktion der Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen, Rechtsnationalisten und Grünen des Europäischen Parlaments. Zudem ist Moskaus Vorgehen nicht zu verstehen, wenn die anti-russische Politik des Westens außer Acht gelassen wird. Insbesondere auch Deutschland und die Europäische Union sind deshalb an der jetzigen Eskalation keineswegs unschuldig.
3. Deutschland und die Europäische Union: (un)kontrollierte Eskalation
Die Gründung einer gegen Washingtons Vormachtanspruch gerichteten Achse Paris-Berlin-Moskau stellt für US-Geopolitiker einen geopolitischen Alptraum dar. Schon kurz nach den Anschlägen des 11. September bot der ehemalige russische Präsident Wladimir Putin eine solche Zusammenarbeit in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag mehr oder minder offen an.[17] Bereits vor der Rede Putins warnte Brzezinski unmissverständlich vor einer solchen Allianz: “Man sollte sich auch an Putins Aufruf an Deutschland erinnern, gemeinsam mit Russland eine europäische Weltmacht zu schaffen, die unabhängig von den Vereinigten Staaten sein solle.“[18] Nachdem sich die Achse Paris-Berlin-Moskau insbesondere im Vorfeld des US-Angriffskrieges gegen den Irak zu verfestigen drohte, setzte Washington in der Folge alles daran, einen Keil zwischen Brüssel und Moskau zu treiben. Dafür konnte es auf die anti-russischen Akteure innerhalb der EU zurückgreifen, allen voran Großbritannien, Polen, Schweden und die baltischen Staaten. Sukzessive gelang es so die Europäische Union in eine immer russlandfeindlichere Richtung zu drängen.[19]
Dementsprechend ist auch die EU-Politik bezüglich des aktuellen Krieges im Kaukasus von einer frappierenden Einseitigkeit geprägt. Die jüngsten Beschlüsse auf europäischer Ebene sprechen hier eine deutliche Sprache, angefangen mit der einseitigen Parteinahme zugunsten Georgiens: „Der Europäische Rat ist zutiefst besorgt über den in Georgien ausgebrochenen offenen Konflikt, die damit verbundene Welle der Gewalt und die unverhältnismäßige Reaktion Russlands.“[20] Mit diesen Worten kommentierten die europäischen Staats- und Regierungschefs am 1. September den Angriff Georgiens auf Südossetien und die russischen Peacekeeping-Truppen vor Ort, ohne dabei zu erwähnen, geschweige denn zu kritisieren, von wem diese Aggression eigentlich ausging. Im Fortgang der Erklärung wird Russland allein an den Pranger gestellt. So verurteilen die Staats- und Regierungschefs „entschieden den einseitigen Beschluss Russlands, die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens anzuerkennen.“ Ganz im Gegensatz zur Anerkennungspolitik des Kosovo durch die große Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten wird darauf verwiesen, dass „eine friedliche und dauerhafte Lösung der Konflikte in Georgien auf der uneingeschränkten Achtung der durch das Völkerrecht, die Schlussakte der Konferenz von Helsinki über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen anerkannten Grundsätze der Unabhängigkeit, der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit beruhen muss.“ Zudem wird Russland mit der Aussetzung der Verhandlungen über ein gemeinsames Partnerschaftsabkommen gedroht, sollte es seine Truppen bis zum EU-Russland-Gipfel am 14. November nicht auf die im Sechs-Punkte-Plan vereinbarten Positionen zurückziehen.
Georgien dagegen werden unkonditioniert Wiederaufbauhilfe, Visaerleichterungen sowie die Prüfung der „Errichtung einer uneingeschränkten und umfassenden Freihandelszone“[21] versprochen. Zudem plante die EU, in Zukunft in Georgien auch militärisch präsent zu sein. So wurde eine so genannte Erkundungsmission entsandt, die eine Mission im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorbereiten sollte. Nach einer Übereinkunft mit Russland und Georgien ist jetzt vorgesehen 232 unbewaffnete EU-Beobachter nach Georgien zu entsenden. Allerdings plant die EU diese Beobachter entgegen der Vereinbarung nicht nur in Pufferzonen um sondern in Abchasien und Südossetien selbst zu stationieren. Eine solche Zielstellung des Einsatzes soll auf dem EU-Gipfel am 15. Oktober festgeschrieben werden. Dies würde einen weiteren gravierenden Bruch von Verträgen mit Russland durch die EU bedeuten. Dazu kommt, dass für die vorgesehene Entsendung der EU-Beobachter die OSZE vor Ort weiter geschwächt werden würde und die EU zudem, auch aufgrund der Vorgeschichte des Krieges, keinesfalls als uninteressierter Akteur angesehen werden kann. Nicht zuletzt dürfte für eine Entsendung von EU-Beobachtern nach Abchasien und Südossetien kein UN-Mandat zu erhalten sein.
Dass die EU den Konflikt in den Kontext einer geopolitischen Auseinandersetzung mit Russland stellt, verdeutlicht die EU-Ratserklärung: „Notwendiger denn je“ sei es, „die Beziehungen zu den östlichen Nachbarn zu fördern“, explizit wird in diesem Zusammenhang die Ukraine und der EU-Ukraine-Gipfel am 9. September erwähnt. Zudem hätten „die jüngsten Ereignisse“ gezeigt, „dass Europa seine Bemühungen im Bereich der Sicherheit der Energieversorgung verstärken muss.“ Deshalb beauftragen die europäischen Staats- und Regierungschefs „den Rat, in Zusammenarbeit mit der Kommission, die diesbezüglich zu ergreifenden Initiativen, insbesondere im Bereich der Diversifizierung der Energieversorgung und der Lieferwege, zu prüfen.“[22]
Verschiedentlich wurde sogar vehement ein noch drastischeres Vorgehen gegenüber Russland gefordert. So plädierte etwa der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlamentes, Jacek Saryusz-Wolski (EVP), für eine Position der EU, „die härter ist als die der NATO.“[23] Dass sich die Hardliner nicht vollständig durchsetzen konnten, liegt an der spezifischen Interessenskonstellation, die dies vor allem aus deutscher Sicht als nicht opportun erscheinen ließ. Denn man will Moskau zwar einerseits zeigen, wer den Ton angibt, respektive, wer Chef im europäischen Haus ist, andererseits möchte man es sich aber auch nicht vollständig mit Russland verscherzen, dafür sind die dortigen Geschäfte zu profitabel.
Um die geplante Politik der Reindustrialisierung durchzusetzen, ist Russland, das mit einem Wirtschaftswachstum von 8,7% im Jahr 2007 zur elftgrößten Wirtschaftsmacht weltweit aufgestiegen ist, auf die westeuropäischen Industriestaaten und im besonderen Maße auf Deutschland angewiesen. Der rasante Anstieg des Handels Deutschlands mit Russland wird auf der anderen Seite des Atlantiks deshalb mit zunehmender Sorge betrachtet. So stieg allein im ersten Halbjahr 2008 der deutsch-russische Warenverkehr um 23% an, wobei russischen Energielieferungen der Export deutscher Industrieerzeugnisse- und anlagen gegenübersteht. Bei gleich bleibenden Steigerungsraten könnten die deutschen Exporte nach Russland bald die Ausfuhren in die USA überholen. Bei den Einfuhren könnte ein Gleichstand bereits im nächsten Jahr erreicht werden. So stiegen die Importe aus Russland nach Deutschland im ersten Quartal 2008 um 29,9% auf 8,4 Mrd. Euro, während die Importe aus den USA mit 10,9 Mrd. Euro um 5,2% zurückgingen.[24]
Die deutschen Direktinvestitionen in Russland liegen derzeit bei rund 15 Mrd. Euro jährlich. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die deutsche Wirtschaft die Ankündigung des russischen Präsidenten Dimitri Medwedew bei seinem Vortrag vor dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft am 5. Juni 2008 in Berlin begrüßte, „die Abhängigkeit Russlands von Öl- und Gasexporten“ verringern zu wollen und „Russland bis 2020 in die Top 5 der größten Volkswirtschaften zu befördern.“ Um dies zu bewerkstelligen, seien „große Investitionen in innovative Industrien, in Forschung und Bildung und in den Aufbau einer modernen Infrastruktur geplant.“[25] Ost-Ausschuss-Vorsitzender Klaus Mangold regt denn auch eine „enge Partnerschaft zur Modernisierung und Diversifizierung der russischen Wirtschaft“ an. Er zeigt sich überzeugt, dass „Deutschland und Russland natürliche Partner sind.“[26]
Hieraus erklärt sich, weshalb Deutschland keine völlige Eskalation des Konfliktes mit Moskau möchte, da man aber gleichzeitig die eigene Einflusssphäre in der kaspischen Region auf Kosten Russlands ausdehnen will, positioniert man sich dennoch fest an der Seite Georgiens, das man seit langem mit aufgerüstet hatte – ein gefährliches Spiel mit erheblichem Eskalationspotenzial.
4. Deutsche und Europäische (Militär-)Hilfe für Georgien
Im Ringen um Einfluss in der kaspischen Region wurde Georgien zu einem der zentralen Bauern auf dem geopolitischen euro-asiatischen Schachbrett. Deshalb wurde das Land seit der „Rosenrevolution“ 2003/2004, bei der der pro-westliche Saakaschwili die Macht übernahm, von den USA, aber auch von anderen NATO-Staaten massiv aufgerüstet. Die EU übernahm dabei vor allem den zivilen Teil der Stärkung Georgiens: Trotz zahlreicher Nachrichten über ein zunehmend autoritäres Regime in Tiflis sowie unabhängigen Berichten über Wahlmanipulationen seitens Saakaschwilis, unterstützt die EU Georgien ohne Wenn und Aber im Rahmen ihrer so genannten Nachbarschaftspolitik. So sind für den Zeitraum 2004-2010 allein 120,4 Millionen Euro aus dem Fond für Europäische Nachbarschaftspolitik als Hilfe für Georgien eingestellt, darunter ein großer Anteil, der auch für sicherheitspolitische Belange verausgabt werden kann, wie z.B. für eine Verbesserung des Grenzschutzes.[27] Die zivile Seite überwiegt allerdings. So wurde Georgien in Aussicht gestellt, „über die Zusammenarbeit hinaus zu einem erheblichen Grad an wirtschaftlicher Integration zu gelangen, zu der auch eine Beteiligung am EU-Binnenmarkt und die allmähliche Ausweitung der vier Freiheiten in Georgien zählen.“ Zudem wurde festgelegt, „dass Georgien schrittweise an zentralen Aspekten der Politiken und Programme der EU teilnehmen kann.“ Insbesondere wurden Georgien „verbesserte Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik insbesondere in Bezug auf die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (v.a. regionale Stabilität und Krisenmanagement; Europäische Nachbarschaftspolitik Aktionsplan Georgien)“ versprochen.[28] Um die Widerstände gegen einen Beitritt Georgiens sowie der Ukraine zur NATO zu umgehen, verstärkten sich zudem Überlegungen auf der Seite von EU-Verantwortlichen, beide „sektoriell“ im Bereich der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu integrieren, was nach einer Ratifikation des Vertrags von Lissabon auch einen Schutz dieser Staaten durch die dort fixierte Beistandsklausel (Art. 42 Abs. 7) bedeuten würde. Sollte dies umgesetzt werden, könnte es bei der nächsten Krise im schlimmsten Falle eine militärische Involvierung der Europäischen Union in der kaspischen Region nach sich ziehen.
Speziell Deutschland, das im Zuge der Ambitionen, seinen Einfluss in der kaspischen Region auszuweiten seit 1994 auch mit Bundeswehrsoldaten im Rahmen der UN-Mission UNOMIG in Georgien präsent ist, hat sich um die Aufrüstung des Landes „verdient“ gemacht. So berichtete das ARD-Magazin Monitor am 18. August 2008 über den Einsatz deutscher Sturmgewehre durch georgische Spezialeinheiten beim Sturm auf Südossetien. Die Bundesregierung gab zu Protokoll, keine Exportgenehmigung für die G 36-Gewehre der Firma Heckler und Koch erteilt zu haben. Das Unternehmen erklärte: „Heckler & Koch liegen keinerlei Erkenntnisse vor, wie G 36-Gewehre nach Georgien gelangt sein könnten.“ Pikant ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Unternehmen laut Monitor am 29. November 2005 eine Genehmigung für die Ausfuhr von 230 G 36-Gewehren nach Georgien beim Wirtschaftsministerium beantragt habe. Dieser Antrag sei aber am 20. Januar 2006 negativ beschieden worden. Deswegen, so die Firma, habe es keine Lieferungen der Gewehre nach Georgien gegeben.[29] Die deutsch-georgischen Militärbeziehungen sind seit Jahren äußerst eng. Spekuliert wird jetzt darüber, ob ein anderer NATO-Verbündeter die Waffen nach Georgien gebracht hat.[30] Nach dem Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft erteilte man 2006 lediglich eine Ausfuhrgenehmigung für Selbstschutzsysteme von VIP-Hubschraubern im Werte von über 3 Mio. Euro.[31]
Von der Bundeswehr werden zudem v.a. georgische Offiziere ausgebildet. So etwa der georgische Oberstleutnant Dr. Zasa Golodze, der Lehrgangsteilnehmer des LGAI 2007 (Lehrgang Generalstabsdienst mit internationaler Beteiligung) war.[32] Hochrangige Militärdelegationen aus Georgien gaben sich in den letzten Jahren bei der Bundeswehr geradezu die Klinke in die Hand. Die Ausbildungskooperation ist so eng, dass der georgische Brigadegeneral Samson Kutateladze bei einem Besuch in der deutschen Infanterieschule der Bundeswehr im Juni 2007 seiner Hoffnung „auf Intensivierung des partnerschaftlichen Austauschs und weitere Unterstützung in der Ausbildungsentwicklung georgischer Streitkräfte“ unverblümt Ausdruck verleihen konnte.[33] Stolz präsentiert die Bundeswehr auch ihre Teilnahme am Militärmanöver „Cooperative Archer 2007“ (COAR07) vom 9. bis zum 19. Juli 2007, das im Rahmen des NATO-Programms Partnerschaft für den Frieden (PfP) in Georgien stattfand.[34]
Wer auf diese Art ein Land mitten in einer der konfliktreichsten Regionen der Welt mit aufrüstet, kann also keineswegs seine Hände in Unschuld waschen, sollte die Sache schief gehen. Dass Angela Merkel außerdem noch kurz vor der Eskalation unmissverständlich unterstrich, ohne eine „Lösung“ seiner Sezessionskonflikte könne sich Georgien die erstrebte NATO-Mitgliedschaft abschminken, war zudem bestenfalls hochgradig unverantwortlich und im schlimmsten Fall ein klares Signal und eine Ermutigung für die georgische Seite, ihren Aggressionskrieg gegen Südossetien vom Zaun zu brechen: „Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) halten eine Einladung an Georgien und die Ukraine für verfrüht. Vor allem die Unruhen in Georgien im November 2007 und die wenig stabile Lage in der Ukraine gelten als Beleg, dass die Länder nicht reif für die NATO seien. Zudem wird auf ungelöste Territorialkonflikte in den abtrünnigen georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien verwiesen.“[35] Dennoch liegt die Hauptverantwortung für die Eskalation nicht bei Deutschland sondern bei den USA.
5. US-Militärausbilder und Kriegsgerät
Die USA trugen die Hauptlast der Ausbildung georgischer Soldaten. Nach Einschätzung der US-Streitkräfte kam der Krieg jedoch zu früh für die georgischen Streitkräfte. „Sie begannen zu gehen, aber keineswegs konnten sie schon laufen“, sagte der US-Hauptmann Jeff Barta, einer von etwa 100 – nach russischen Angaben bis zu 1000 – amerikanischen Militärausbildern in Georgien. Die Soldaten hätten großen Kampfgeist, seien aber noch nicht reif für einen Kriegseinsatz gewesen.[36]
Offiziell geht es bei der Ausbildung der Georgier darum, die Soldaten für den Einsatz im Irak zu trainieren. Inoffiziell jedoch laut AP-Meldung auch darum, „die Streitkräfte Georgiens, einem loyalen Verbündeten Washingtons, als Vorposten im Kaukasus auf NATO-Niveau zu bringen.“[37] Nach Angaben des Nachrichtenmagazins Der Spiegel unterstützten die USA Georgien allein 2006 mit 80 Millionen US-Dollar, davon flossen 13 Millionen in die Bezahlung von „Militärlieferung und Dienstleistungen“ und die Ausbildung von Soldaten. Außerdem unterstützen die USA Georgien mit regelmäßiger Flottenmodernisierung und der Lieferung von Gratis-Hubschraubern.[38]
Der beträchtliche Umfang der US-amerikanischen Militärhilfe, mit dem „das Pentagon die georgische Armee von oben bis unten auf Vordermann gebracht hat“, wird von der New York Times folgendermaßen beschrieben: „Auf der Ebene der Armeeführung waren die Vereinigten Staaten behilflich, die militärische Zielsetzung Georgiens neu zu definieren und seine Kommandeure und den Generalstab auszubilden. Auf der Ebene der Kampfverbände bildeten amerikanische Marines und Soldaten die georgischen Soldaten in grundlegenden Kampftechniken aus.“[39]
Insgesamt verfügten die georgischen Streitkräfte dadurch über fünf Infanteriebrigaden von je rund 2.000 Mann. Zusätzlich gibt es noch bedeutend schlechter ausgebildete Reservisten-Einheiten. Offiziell spricht die georgische Regierung von 37.000 Soldaten und 100.000 Reservisten. Seit dem Machtantritt von Michail Saakaschwili stiegen die Militärausgaben Georgiens stark an: „Betrugen sie 2003 noch 52 Millionen Lari (umgerechnet 24 Millionen US-Dollar), verdreifachten sie sich im Jahr 2006 auf 139 Millionen Lari (umgerechnet 78 Millionen US-Dollar). Die realen Ausgaben sind aber viel höher. So kann sich zum Beispiel jeder potenziell Wehrdienstleistende aus der Armee freikaufen – vier Fünftel der Gelder fließen direkt in das Ministerium.“[40]
6. Westliches Plazet für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg?
Zwischen Georgien und der NATO gibt es eine rege Zusammenarbeit. Noch im Juli 2008 kam es zu einem gemeinsamen Manöver, wiederum im Rahmen des Programms Partnerschaft für den Frieden, an dem insgesamt 1.630 Militärs, darunter 1.000 Amerikaner, 600 Georgier teilnahmen.[41]
Darüber hinaus war bzw. ist die georgische Armee sowohl am völkerrechtswidrigen Krieg im Irak als auch in Afghanistan und im Kosovo prominent beteiligt. Im Irak stellte das Land 2008 mit 2000 Soldaten sogar das drittgrößte Kontingent der „Koalition der Willigen“, nach den USA und Großbritannien. Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest Anfang April 2008 war Georgien und der Ukraine zur Belohnung eine Beitrittsperspektive zur NATO eröffnet worden, auch wenn die endgültige Entscheidung über den konkreten Heranführungsplan (Membership-Action-Plan, MAP) auf Dezember 2008 vertagt wurde. Bereits im Abschlussdokument des NATO-Gipfels in Riga 2006 hatte sich ein explizites Lob „des georgischen Beitrags zu internationalen Peacekeeping-Einsätzen und Sicherheitsoperationen“ gefunden. Georgien war dort noch zu einer „friedlichen Lösung der offenen Konflikte auf seinem Territorium“ ermuntert worden. Nachdem die georgische Armee im August 2008 jedoch in Südossetien zurückgeschlagen worden war, flog die US-Luftwaffe, noch während die Kämpfe im Gange waren, die im Irak stationierten georgischen Einheiten zur Hilfe zurück an die Heimatfront. Angesichts der massiven Ausrüstungskampagne durch die USA und ihre Verbündeten ist es denn auch kaum glaubhaft, dass, wenn nicht grünes Licht, so doch umfassendes Wissen auf US-Seite über den bevorstehenden Angriff vorlag und Stillschweigen gewahrt wurde.
Auf russischer Seite ist man sich jedenfalls sicher, dass der Angriff mit Unterstützung Washingtons erfolgte. Der russische NATO-Botschafter Dimitri Rogozin gab zu Protokoll, Saakaschwili habe den Angriff mit seinen „Förderern“ abgestimmt. Wen er damit gemeint haben dürfte ist klar.[42] Vladimir Vasilyev, Vorsitzender des Sicherheitskomitees der Duma, fasste die russische Sicht folgendermaßen zusammen: „Je länger sich die Angelegenheit entfaltet, desto deutlicher wird die Welt verstehen, dass Georgien hierzu [dem Angriff auf Südossetien] niemals ohne die Vereinigten Staaten in der Lage gewesen wäre.“[43] Auch der russische Ministerpräsident Wladimir Putin äußerte sich in einem ARD-Interview angesichts des US-Verhaltens überdeutlich: „Das drängt den Gedanken auf, dass die amerikanische Führung über die vorbereitete Aktion gewusst und mehr noch an dieser teilgenommen hat […] um einen kleinen, siegreichen Krieg zu organisieren. Und falls das schiefläuft, Russland in die Rolle des Gegners zu drängen, um daraufhin das Wahlvolk hinter einem der Präsidentschaftskandidaten zu vereinigen. Natürlich dem der Regierungspartei, da nur diese über eine solche Ressource verfügen kann.“[44]
Tatsächlich ist es schwer zu glauben, dass der Angriff ohne Absprache mit den USA erfolgt ist. Allerdings musste der US-Regierung eigentlich klar gewesen sein, dass die georgische Armee vernichtend geschlagen würde, was dann ja auch so der Fall war. Deshalb stellt sich die Frage nach der Motivation Washingtons: Hat man sich dort schlichtweg verkalkuliert, indem man annahm, Russland werde den georgischen Vorstoß stillschweigend hinnehmen? Dies ist ebenfalls schwer vorstellbar, aber dennoch möglich. Die andere Erklärung lautet, dass es primär darum ging, einen Konflikt mit Russland zu erzeugen, um die Europäische Union auf eine noch anti-russischere Linie einzuschwören und dass dabei Saakaschwili auf Kosten der Menschen in der Region als nützlicher Idiot gerade recht kam. Mit Sicherheit lässt sich dies nicht klären, allerdings scheint letztere Variante doch plausibler.
7. Der georgische Angriff und die russische Gegenoffensive
Auch wenn beispielsweise das Europäische Parlament in seiner beschämenden Resolution vom 3. September den georgischen Angriff nicht einmal erwähnt, so ist es doch eine unbestrittene Tatsache, dass Georgien in der Nacht des 8. August 2008 eine Militäroffensive gegen Südossetien startete. Nach unbestätigten Berichten gab es dabei über 1400 vor allem zivile Opfer. Am 8. August begann die georgische Armee ihren Angriff auf die südossetische Hauptstadt Zchinwali, die mit 40.000 Einwohnern etwa die Größe einer mittelgroßen deutschen Stadt hat. Als Ergebnis dieser Offensive georgischer Truppen blieb fast kein Stein mehr auf dem anderen. Zchinwali wurde völlig zerstört. Ganze Straßenzüge wurden dem Erdboden gleichgemacht. Ohne jede Vorwarnung für die Zivilbevölkerung, versuchten georgische Truppen die Stadt mit schweren Waffen zu erobern. Bei ihrem Angriff wurden auch Raketenwerfer eingesetzt, die besonders breite Flächen zerstören können. Die georgische Armee nahm auch russische UN-Soldaten unter Feuer. Das Hauptquartier der russischen UN-Soldaten wurde völlig zerstört. Insgesamt sollen 18 russische Soldaten, die als Teil der UN-mandatierten Peacekeeping-Truppe in Südossetien stationiert sind, getötet worden seien. Nach unbestätigten Berichten von Human Rights Watch setzte die georgische Seite zudem auch Streubomben ein.
Der Angriff selbst kann nur als gravierender Bruch des Völkerrechts und insbesondere auch als schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts gewertet werden. Die Verantwortung dafür trägt allein die georgische Regierung und in erster Linie der georgische Präsident, Michail Saakaschwili. Spätere Darstellungen von georgischer Seite, der Angriff habe den Charakter eines Präventivschlags gehabt, um bereitstehende russische Truppen von einem Einmarsch abzuschrecken, sind wenig glaubhaft. Bemerkenswert ist denn auch, dass sich die georgische Darstellung der Ereignisse des 8. August in der ersten Kriegswoche beständig änderte. Dagegen zeichnen Berichte internationaler Presseagenturen auf Grundlage der Aussagen von US-Militärberatern ein deutliches Bild der georgischen Aggression. So berichteten US-Militärausbilder, dass, als sie am Morgen des 7. August 2008 zur Arbeit kamen, die Brigade schon im Aufbruch war: „Die Soldaten saßen auf ihren Rucksäcken und sangen zu den Segnungen eines orthodoxen Priesters, schon bald brachten Busse sie zur Front. Georgien startete eine Militäroffensive, um die Kontrolle über die abtrünnige Region Südossetien wiederzuerlangen.“[45]
Schon kurz nach Beginn der Offensive wendete sich das „Kriegsglück“ für Georgien. Russische Truppen eilten der südossetischen Bevölkerung und den eigenen UN-Verbänden zur Hilfe, und schlugen den georgischen Vormarsch zurück. Zugleich bombardierten russische Kampfflugzeuge Stellungen im georgischen Kernland. Im Schwarzen Meer kam es zudem zu bewaffneten Auseinandersetzungen der russischen und georgischen Marine. Bereits am 10. August 2008 musste sich die georgische Armee vollständig aus Südossetien zurückziehen. Die russische Armee setzte ihren Vormarsch bis 25 Kilometer vor Tiflis fort. Nach unbestätigten Berichten von Human Rights Watch setzte neben der georgischen auch die russische Seite Streubomben ein. Auch georgische Stellungen in der Stadt Gori wurden bombardiert. Bei den Angriffen wurden auch Zivilisten getötet, flächendeckende Zerstörungen wie in Zchinwali gab es nach Angaben von Beobachtern aber nicht. Pikant ist, dass westliche Medien von einer völlig zerstörten Stadt Gori berichteten, während die EU-Kommission von einem notwendigen Aufbau weniger zerstörter Häuser in Gori spricht. In den folgenden Tagen wurden georgische Truppen aus der Kodori-Schlucht in Abchasien vertrieben. Das russische Militär dehnte seine Einsätze auf die Region um die Provinz Abchasien aus und versuchte, weiteren Nachschub über den Hafen Poti zu unterbinden, wie auch die Waffen aus den wichtigsten georgischen Militärstützpunkten unter Kontrolle zu bringen.[46]
Der Krieg war somit für Georgien ein völliges Debakel, das darüber hinaus auch noch zahlreiche Menschenleben gekostet hat. Offiziellen georgischen Angaben zufolge wurden 180 georgische Soldaten und Zivilpersonen getötet, unabhängige Schätzungen sprechen laut AP indes von bis zu 400 vermissten oder toten Soldaten. Zudem seien zahlreiche Militärstützpunkte zerstört worden, darunter Senaki im Westen des Landes oder Wasiani, wo die Georgier von den US-Militärausbildern trainiert wurden.
US-Militärs scheint klar gewesen zu sein, dass die Offensive keinen Erfolg haben konnte: „Nach dem, was ich gehört habe, hat es die 4. Brigade ziemlich hart erwischt“, sagte Rachel Dejong, eine 24-jährige Sanitäterin der US-Marine. Der georgische Kommandeur, der mit Barta für das Training verantwortlich war, wurde bei den Kämpfen getötet. Es habe ihnen nicht an Kampfgeist gefehlt, so die US-Ausbilder. Die Defizite der Ausbildung waren jedoch offenbar zu groß.“[47] Am georgischen Kriegseinsatz wurde von den US-Ausbildern zudem kritisiert, dass nicht die modernen US-Sturmgewehre M-4, sondern die alten sowjetischen Kalaschnikows benutzt worden wären. Auch sei das georgische Kommunikationssystem durch den Gebrauch abhörbarer Handys sehr schnell zusammengebrochen.[48] Auch hier stellt sich somit die Frage, weshalb die Offensive nicht verhindert wurde und man stattdessen die georgische Armee sehenden Auges in ihr Verderben rennen ließ.
8. Kontroverser Waffenstillstand
Am 12. August 2008 kam es schließlich nach einem Besuch des französischen EU-Ratspräsidenten in Moskau und Tiflis zur Unterzeichnung eines Waffenstillstands zwischen Russland und Georgien. Bereits unmittelbar nach der Unterzeichnung brach Streit über die Inhalte des Abkommens aus. Bis heute (18. September 2008) waren lediglich die 6. Hauptpunkte des Vertrags veröffentlicht worden. Unmittelbar nach der Unterzeichnung versuchten sowohl der georgische Präsident als auch der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy die Vereinbarung einseitig zu verändern.
In der Erklärung des Rates heißt es, dass die Parteien „folgenden Grundsätzen zugestimmt“ hätten: „1) keine Anwendung von Gewalt; 2) endgültige Einstellung der Kampfhandlungen; 3) freier Zugang für humanitäre Hilfe; 4) die georgischen Streitkräfte müssen sich auf ihre gewöhnlichen Standorte zurückziehen; 5) die russischen Streitkräfte müssen sich auf die Linien zurückziehen, an denen sie sich vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten befunden haben. Die russischen Friedenstruppen werden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen durchführen, bis ein internationaler Mechanismus vereinbart ist; 6) Aufnahme internationaler Gespräche für die Modalitäten für die Sicherheit und die Stabilität in Abchasien und Südossetien.“[49] Insbesondere die letzten beiden Aspekte waren bzw. sind, trotz der Unterzeichnung durch beide Seiten, der Streitpunkt. Punkt 5 berechtigt die russischen Truppen bis zu einer Einigung weiterhin in Georgien militärisch präsent zu sein. Offensichtlich unter Druck der USA, Polens und der baltischen Staaten versuchte sich Präsident Sarkozy an einer einseitigen Klärung des Waffenstillstandsabkommens. Er übersandte dem georgischen Präsidenten seine Interpretation von Punkt 5 am 14. August 2008 per Brief, der zwei Tage später von der französischen Seite veröffentlicht wurde. Dies darf nicht gerade als die hohe Schule der Diplomatie gewertet werden. Die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen, so schreib er an Saakaschwili, dürften sich ausschließlich auf die unmittelbare Umgebung Südossetiens beziehen, zudem dürften diese Maßnahmen nur in einer Zone „von einigen Kilometern“ rund um Südossetien stattfinden, kein größeres urbanes Zentrum dürfte davon betroffen sein, insbesondere die Stadt Gori nicht, aber auch nicht die Ost-West-Straßen- und Eisenbahnverbindung Georgiens. Zudem dürften diese Maßnahmen nur in der Form von Patrouillen durchgeführt werden und hätten „provisorischen“ Charakter bis zu einer Übereinkunft der OSZE und der UN. Diese Präzisierungen verband er mit der Bitte an den georgischen Präsidenten, den Waffenstillstandsplan zu unterzeichnen. Dann, so hätte ihm dies der russische Präsident zugesichert, würden die russischen Truppen zurückgezogen. Dabei handelte es sich wie gesagt um eine einseitige Präzisierung, der die russische Seite nicht zugestimmt hat. Nahezu der gesamte Streit Russland mit dem Westen dreht sich in der Folge, um die Auslegung der Waffenstillstandsvereinbarung.[50]
Während die russische Seite ihre Verpflichtungen nach dem 6-Punkte-Plan als erfüllt ansieht, fordern EU und NATO einen vollständigen Abzug mit der Einschränkung der einseitigen Präzisierungen Sarkozys. Auf ein besonders pikantes Detail wies u.a. die FAZ hin: „Der Originaltext des Abkommens ist öffentlich nicht zugänglich, er liegt nicht einmal in den Außenministerien anderer EU-Staaten vor.“[51] Weiter merkt die FAZ an: „Diese Abmachungen wurden in der NATO mit Überraschung aufgenommen. Diplomaten berichteten, auf einer Sondersitzung der NATO-Außenminister am Dienstag sei das nicht zur Sprache gekommen. Allgemein sei davon ausgegangen worden, dass Russland sich auf die Stellungen von vor dem Krieg zurückzuziehen habe, insbesondere Kerngeorgien verlassen werde. Die offizielle Erklärung der NATO- Außenminister vom Dienstag nimmt ausdrücklich Bezug auf den französischen Friedensplan, ist aber offenbar fehlerhaft. In einer Fußnote ist von einem Brief Sarkozys an Saakaschwili am 16. August 2008 die Rede, obwohl nur einer vom 14. August bekannt ist. Außerdem wird Bezug auf ’nachfolgende Korrespondenz‘ genommen.“[52] Daraus wird klar, dass die Auslegung der Waffenstillstandsvereinbarung in der NATO selbst umstritten ist und deshalb die nötigen Präzisierungen von Frankreich verlangt wurden. In öffentlichen Verlautbarungen ging man sogar in der Folge noch weiter und verlangte den bedingungslosen Abzug der russischen Truppen aus Georgien. Über die Russland zugestandene Militärpräsenz in Georgien wurde die Öffentlichkeit fast gänzlich im Unklaren gelassen. Denn nur so ließ sich Russland als rückzugsunwilliger Aggressor porträtieren, was wohl ohnehin eines der Hauptziele des ganzen Prozedere darstellen dürfte.
Mittlerweile wurde die Auseinandersetzung um den wirklichen Inhalt des Waffenstillstandsabkommens weiter bereichert. So erklärte der französische EU-Ratsvorsitz Anfang September, es handele sich im Hinblick auf den Ursprung des Konflikts um einen Übersetzungsfehler. In der russischen Übersetzung hieße es Sicherheit „für“ Südossetien und Abchasien, in der französischen hingegen Sicherheit „in“ Südossetien und Abchasien“, so der französische Außenminister Bernhard Kouchner.[53] Diese Formulierung ist allerdings ganz entscheidend, wenn es um den russischen Anspruch auf Pufferzonen rund um die beiden Gebiete und um die Frage des Abschlusses des russischen Abzugs geht. An einen Übersetzungsfehler mag man bei der erfahrenen französischen Diplomatie kaum glauben. Vieles weist darauf hin, dass die französische Variante bzw. Übersetzung erst nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands durch den georgischen und den russischen Präsidenten fabriziert wurde, da die vertragliche Garantie für das Verbleiben russischer Truppen rund um Südossetien und Abchasien vor allem in den USA auf Kritik gestoßen war. Dieser Kritik versuchte die französische Diplomatie in der Folge dann durch eine einseitige Abänderung des Texts gerecht zu werden. Es darf festgehalten werden, dass dies das Vertrauen Russlands in vom Westen ausgehandelte und unterzeichnete Verträge nicht gerade stärken dürfte.
9. Perspektive Kalter Krieg
Ziel der von den USA vorangetriebenen Politik in Georgien ist es, einen neuen Kalten Krieg gegen Russland auf den Weg zu bringen. Mit NATO-Erweiterung und der Raketenstationierung in Polen und der Tschechischen Republik soll Russland mittels einer Politik der Nadelstiche herausgefordert werden. Durch die Störung der Wirtschaftsbeziehungen mit Westeuropa will Washington Russlands weltpolitischen Einfluss zurückdrängen und seinen Aufstieg zur neuen Industriemacht verhindern. Sollte dieses Szenario gelingen – und alles spricht im Moment dafür -, wäre zugleich gewährleistet, dass die NATO-Verbündeten im Westen Europas mit in eine gemeinsame Eskalationsstrategie eingebunden werden könnten und sich noch stärker auf militärische Energiesicherungsprojekte einlassen müssten. Deutschland spielt dabei im Moment eine Doppelrolle. Während man auf der einen Seite noch auf den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland setzt, unterstützt man, wenn auch in vorsichtigerer Form als dies bisher insbesondere Polen und die baltischen Staaten vorantreiben, eine Strategie der Spannung im Rahmen von EU und NATO. Eine weitere Zwischenetappe dieser geopolitischen und geostrategischen Herausforderung an Russland war die Eröffnung einer privilegierten Partnerschaft am 9. September 2008 auf dem EU-Ukraine-Gipfel. Die geplante Stationierung von EU-Beobachtern in Gesamtgeorgien und die trotz des georgischen Angriffs auf Südossetien bedingungslose Unterstützung des NATO-Beitritts Georgiens und der Ukraine durch Bundeskanzlerin Angela Merkel – der von nahezu 60% der Bevölkerung in Deutschland abgelehnt wird -, die „militärische Wiederaufbauhilfe“ der NATO für Georgien und die permanente Präsenz einer NATO-Kriegsflotte im Schwarzen Meer lassen für die Zukunft eine weitere Zuspitzung der Lage befürchten. Georgien wird dabei weiterhin eine Schlüsselstellung zukommen. So versprach US-Vizepräsident Dick Cheney bei seinem jüngsten Besuch in Tiflis Finanzhilfen von 1 Mrd. Euro. Vom IWF sind 570 Mio. Euro zugesagt worden und die EU wird sich in der Höhe von fünfhundert Millionen Euro an der Stabilisierung Georgiens als anti-russischem Frontstaat beteiligen. Auch die NATO goss neues Öl ins Feuer und beschloss am 15. September 2008 die Einrichtung einer Kommission zur Vertiefung der Beziehungen zu Georgien. Mit ihr soll die „militärische Wiederaufbauhilfe“ für das Land koordiniert werden. Zudem hatte Kurt Volker, US-Botschafter bei der NATO, am 3. September 2008 einen NATO-Verteidigungsplan für die baltischen Staaten[54], angemahnt. Am 10. September 2008 forderte der US-Botschafter in Schweden Michael M Wood die schwedische Regierung öffentlich dazu auf, die deutsch-russische Ostseepipeline zu stoppen. [55] Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen ist, dass die Politik der Nadelstiche und Provokationen an den Grenzen Russlands sehr bald auch an anderer Stelle zur Eskalation gebracht werden wird. Es gilt jetzt die Kette der Beschwichtigungen, dem sei nichts so, zu zerreißen. Die Anti-Kriegsbewegung wird sich den Realitäten des neuen Kalten Krieges stellen müssen. Der Strategie des Imperialismus von NATO und EU muss hier und jetzt besonnen entgegengetreten werden.
Stand: 18. September 2009. Eine gekürzte Fassung dieser Studie erschien in der Jungen Welt: http://www.jungewelt.de/2008/09-18/009.php
Martin Hantke ist Beirat der Informationsstelle Militarisierung
Endnoten
[1] Einstürzende Neubauten: Nagorny Karabach, URL: http://www.lastfm.de/music/Einst%C3%BCrzende+Neubauten/_/Nagorny+Karabach
[2] Brzezinski, Zbigniew: Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft, Berlin 1997.
[3] Conolly, Kate: Obama adviser compares Putin to Hitler, The Guardian, 12.08.2008.
[4] Nabucco: Projekt unrealistisch durch Georgien-Krise?, euractiv, 25.08.2008.
[5] Energie-Agentur sagt wachsende EU-Abhängigkeit von Importen voraus, Yahoo News Finanzen, 04.09.2008, URL: http://de.biz.yahoo.com/04092008/36/energie-agentur-wachsende-eu-abhaengigkeit.html
[6] Nabucco: Projekt unrealistisch durch Georgien-Krise?, euractiv, 25.08.2008.
[7] Ebd.
[8] Ebd.
[9] Rosenbaum, Kaspar: Südossetien: Der Westen in der Propagandaschlacht, ef-online, 11.08.2008, URL: http://www.ef-magazin.de/2008/08/11/539-suedossetien-der-westen-in-der-propagandaschlacht
[10] Gian, Albertine: Stehen die Armenier Dschawachetiens mit dem Rücken zur Wand?, 18.12.2005, URL: http://www.caucaz.com/home_de/breve_contenu.php?id=110&PHPSESSID=3e4c23c2f3eb309b197fc121d50d3d9c
[11] Demirden ipekyolu“nun temeli atıldı, CNN Türk, 24.07.2008, URL: http://www.cnnturk.com/TURKIYE/haber_detay.asp?PID=318&haberID=484397
[12] Die überraschende Ankündigung der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien steht vor diesem Hintergrund vermutlich im Zusammenhang der Eröffnung einer Alternativroute zu Georgien für Energie und Transport nachdem Abdullah Gül als erster türkischer Staatspräsident den jahrzehntelangen Erzfeind Armenien am 6. September 2008 besucht hatte Vgl. Türkei und Armenien nähern sich mit Fußball-Diplomatie an, Reuters, 07.09.2008.
[13] Steinmeier vermittelt im Konflikt um Abchasien, Deutsche Welle, 16.07.2008.
[14] Chin, Larry: South Ossetia: superpower oil war, Online Journal, 13.08.2008, URL: http://onlinejournal.com/artman/publish/article_3615.shtml
[15] Stratfor: Russland hat Stärke gezeigt und wird nur auf Stärke hören, RIA Novosti, 11.08.2008.
[16] Bush äußert Besorgnis über Russlands Vorgehen in Georgien, RIA Novost, 12.08.2008.
[17] „Ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbständiger Mittelpunkt der Weltpolitik nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands vereinigen wird.“ Wladimir Putin: Rede vor dem deutschen Bundestag am 25. September 2001. Vgl. Ritzenhofen, Medard: Kerneuropa eurogaullistisch denken?“, in: Dokumente, 4/2003, S. 30-36.
[18] Brzezinski, Zbigniew, Eine neue Ära der Solidarität?, FAZ, 11.11.2001.
[19] Vgl. Wagner, Jürgen: Der Russisch-Europäische Erdgaskrieg: NABUCCO, die Gas-OPEC und die Konturen des Neuen Kalten Krieges, Studien zur Militarisierung EUropas 30/2007.
[20] Außerordentliche Tagung des Europäischen Rates, Brüssel den 1. September 2008, 12594/08, URL:
http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/ec/102548.pdf
[21] Ebd.
[22] Ebd.
[23] Pflüger, Tobias: EU eskaliert den Konflikt mit Russland weiter, IMI-Standpunkt 2008/052.
[24] Statistisches Bundesamt, 17.06.2008.
[25] Pressemitteilung Ost-Ausschuss, 05.06.2008.
[26] Ebd.
[27] European Commission, European Neighbourhood and Partnership Instrument: Georgia. Country Strategy Paper 2007-2013 and International indicative Programme 2007-10, URL: http://ec.europa.eu/world/enp/pdf/country/enpi_csp_georgia_summary_de.pdf
[28] Europäische Nachbarschaftspolitik: Aktionsplan EU-Georgien, URL: http://ec.europa.eu/world/enp/pdf/action_plans/georgia_enp_ap_final_de.pdf
[29] Keine Erklärungen für deutsche Waffen in Georgien, Reuters, 22.08.2008.
[30] „Immenser politischer Sprengstoff“, Süddeutsche.de, 18.08.2008.
[31] Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre 2006 (Rüstungsexportbericht 2006), URL: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Weltwirtschaft/Downloads/Ruestungsexportbericht2006.pdf
[32] Wein ist immer georgisch!, Führungsakademie der Bundeswehr, 07.01.2008, URL: http://www.fueakbw.de/index.php?ShowParent=3157&show_lang=de
[33] „Im Rahmen des Übungsszenarios, einer fiktiven Naturkatastrophe, sollen die teilnehmenden Luftfahrzeugbesatzungen mit ihren Starr- und Drehflüglern gemeinsame Operationen durchführen und sich an einem NATO-geführten Einsatz nach einer Naturkatastrophe beteiligen, der unter anderem auch das Absetzen von Lasten vorsieht.“, so die Darstellung der Bundeswehr. Vgl. Hochrangige Delegation aus Georgien zu Gast in Hammelburg, Heeresamt, 11.06.2007, URL: http://tinyurl.com/6oyf7c
[34] Deutsche Transall in Georgien, Luftwaffe, 16.07.2007, URL: http://tinyurl.com/636vc7
[35] Bonse, Eric: Streit über Georgien spaltet die NATO, Handelblatt, 28.03.2008. Merkel selbst äußerte sich noch im März 2008 folgendermaßen: „Länder, die selbst in regionale oder innere Konflikte verstrickt sind, können aus meiner Sicht nicht Mitglied der NATO sein. Wir sind ein Bündnis zur Verteidigung der Sicherheit und kein Bündnis, in dem einzelne Mitglieder noch mit ihrer eigenen Sicherheit zu tun haben.“ Vgl. Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf der 41. Kommandeurtagung der Bundeswehr am 10. März 2008 in Berlin, URL: http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Bulletin/2008/03/23-2-bk-kommandeur.html
[36] Friedmann, Matti: Sie waren nicht bereit für den Krieg mit Russland, AP, 19.08.2008, URL: http://www.epochtimes.de/articles/2008/08/19/328084.html
[37] Ebd.
[38] Schröder gibt Saakaschwili die Schuld, Der Spiegel 16.08.2008.
[39] Grey, Barry: Bush verschärft Konfrontation mit Russland, World Socialist Web Site, 13.08.2008. Auch Israel war maßgeblich in die Aufrüstung Georgiens involviert. Es bestritt einen Großteil der Waffenlieferungen zur Aufrüstung der georgischen Armee. Nach Angaben des Spiegels hat Israel in der Vergangenheit Drohnen, Nachtsichttechnik und Raketen an Georgien geliefert. Außerdem arbeiten ehemalige Angehörige der israelischen Armee und der Sicherheitskräfte in Georgien als Berater. Angesichts der sich zuspitzenden Lage im Kaukasus hätte Israel die Lieferungen vor gut einem Jahr gekürzt. Um die Beziehungen zu Russland nicht zu gefährden, stellte Israel die Militärlieferungen am 5. August 2008 nach Angaben der israelischen Zeitung Maariv ein. Dies wurde allerdings umgehend vom georgischen Verteidigungsministerium dementiert. Nach dem bewaffneten Konflikt wurde berichtet, dass Israel seine Waffenlieferungen an Georgien nicht einstellen wird. Die Zeitung „Maariv“ schätzte das Volumen der militärtechnischen Kooperation beider Staaten seit 2004 auf bisher 300 Millionen US-Dollar. Vgl. Israel will weiter Waffen nach Georgien liefern, afp, 12.08.2008; Georgien: Israel liefert Waffen – USA Berater, russland.ru, 11.08.2008; Georgischer Minister dementiert Meldungen über Einstellung israelischer Waffenlieferungen, RIA Novosti, 05.08.2008.
[40] Schröder gibt Saakaschwili die Schuld, Der Spiegel 16.08.2008.
[41] Georgien stockt Armee mit Blick auf NATO-Beitritt deutlich auf – NATO-Manöver hat begonnen, russland.ru, 16.07.2008.
[42] Nuclear Nightmares: The Return of M.A.D., Huffington Post, 19.08.2008, URL: http://www.huffingtonpost.com/george-franco/nuclear-nightmares-the-re_b_119378.html
[43] Chin 2008 aaO.
[44] Diese und zahlreiche andere kritische Äußerungen Putins fielen in der ARD-Ausstrahlung der Schere zum Opfer. Ein vollständiges Transkript des Interviews findet sich unter http://www.spiegelfechter.com/wordpress/392/das-interview
[45] Friedman 2008 aaO.
[46] Thema u.a.: Georgische Armee zieht sich aus Zchinwali zurück, Focus, 10.08.2008.
[47] Friedman 2008 aaO.
[48] Ebd.
[49] Rat der Europäischen Union, Mitteilung an die Presse, 12453/08 (Presse 236), URL: http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressdata/de/gena/102364.pdf
[50] Lettre de M. Le Président de la République concernant la situation en Géorgie, 17.08.2008, URL: http://www.elysee.fr/documents/index.php?lang=fr&mode=view&cat_id=8&press_id=1682
[51] Busse, Nicholas: „Friedenssoldaten errichten Sicherheitszone“, FAZ, 21.08.2008.
[52] Ebd.
[53] Übersetzungsfehler in Georgien-Abkommen, orf.at, URL: http://orf.at/?href=http%3A%2F%2Forf.at%2Fticker%2F301459.html
[54] Blitz, James: NATO urged to bolster Baltic defence, Financial Times, 02.09.2008.
[55] USA wollen Ostseepipeline stoppen, Handelsblatt 11.09.2008.