IMI-Standpunkt 2008/042 - in: Schwäbisches Tagblatt, 18.07.2008

Nein meint Nein


von: Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 19. Juli 2008

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Am 12. Juni hatte die Bevölkerung in Irland bei einem Referendum den Lissabonner Vertrag mehrheitlich abgelehnt. Sehr gut. Dafür hatte auch ich seit Jahren gekämpft, dass dieses Vertragswerk endlich ad acta gelegt wird. Zuerst wurde es als EUVerfassungsvertrag bei den Referenden in Frankreich und den Niederlanden verworfen und nun der leicht veränderte zweite Aufguss als Lissabonner Vertrag in Irland erfreulicherweise abgelehnt.

Normal wäre: Wogegen dreimal gestimmt wurde, hat sich erledigt, nicht so bei der Europäischen Union. Die „EU-Eliten“ (zumindest halten sie sich dafür) betrieben Wähler/innen-Beschimpfungen und halten einfach am Lissabonner Vertrag fest. Notfalls müssten Irland oder andere Länder, die ihn nicht ratifizieren, eben aus der EU ausgeschlossen werden. Ich kann Burkhard Hirsch nur zustimmen, der diese Woche in einem lesenswerten Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung“ schrieb: „Sollten die Iren nun mit dem Rauswurf bedroht werden, dann wäre diese Erpressung ein Akt der organisierten Kriminalität“.

Gesagt wird, die meisten EU-Länder hätten den Lissabonner Vertrag schon ratifiziert und ein Land könne den Prozess in der EU nicht aufhalten. Bedauerlicherweise durfte nur in Irland die Bevölkerung über den Lissabonner Vertrag abstimmen, überall sonst wurden Referenden versagt, so auch in Deutschland. Hat jemand Angst vor der Bevölkerung?

Immer wieder kommt, dieser EU-Vertrag sei alternativlos, wer gegen ihn sei, sei gegen Europa. Genau das Gegenteil ist richtig: Nur eine EU, die eine echte Mitwirkung der Menschen ermöglicht, erhält Akzeptanz. Eine kalte, unsoziale EU von oben stößt ab und wird gerne für alles Ungemach verantwortlich gemacht.

In Irland gab es inhaltliche Debatten über den EU-Vertrag, das habe ich bei meinem Besuch auf Einladung der progressiven NEIN-Kampagne (www.CAEUC.org) vor dem Referendum direkt erlebt. Zentrale Punkte waren neben der Festschreibung des undemokratischen Charakters der EU vor allem die Kritik an
der mit dem Lissabonner Vertrag einhergehenden Militarisierung der EU und damit der Aushöhlung der irischen Neutralität.

Nicolas Sarkozy kündigte für die französische EU-Ratspräsidentschaft an, es müsse in Irland einfach noch mal abgestimmt werden. Abstimmen, bis es passt?

Diesen Sonntag bin ich erneut nach Irland eingeladen, zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Nein meint Nein“. Hoffen wir, dass die „EU-Eliten“ nicht durchkommen und dieser unsägliche EU-Vertrag beerdigt wird.