Pressebericht

Indien überdenkt Beteiligung an Galileo

Lebenslüge Galileos wird öffentlich

von: Pressebericht / Susanne Härpfer / Die Welt | Veröffentlicht am: 19. Januar 2007

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in: Die Welt vom 16.01.2007

Indien überdenkt Beteiligung an Galileo

Die Finanzierung wird des Satelliten-Navigationssystems wird immer unsicherer: Indien will möglicherweise nicht mehr mitmachen – die europäischen Steuerzahler sollen stattdessen einspringen. Derweil wird über eine militärische Nutzung von Galileo nachgedacht.

Berlin – Indiens Einstieg in das europäische Satelliten-Navigationssystem Galileo steht offenbar auf der Kippe. Wie die „Times of India“ berichtet, soll Indien Sicherheitslücken fürchten. Daran könnten die Verhandlungen scheitern.

Vor einem Jahr hatte das Land eine Kaufoption unterschrieben, die jetzt bei einem Treffen zwischen Premierminister Singh und Vertretern der EU spezifiziert werden sollte. Stattdessen meldete Indien jedoch Bedenken an, sensible Daten könnten in unbefugte oder sogar gegnerische Hände fallen. Immerhin versuchen die Betreiber Galileos, das System weltweit zu vermarkten, damit es sich rentiert. EU-Sprecherin Marja Quillinan wollte in Brüssel keine Stellungnahme abgeben.

Bei einem Ausstieg Indiens würde sich die finanzielle Situation Galileos weiter zuspitzen. Seit längerem schon verlangen die Betreiber Galileos, die Länder, also die Steuerzahler, sollten die immer weiter steigenden Kosten für das Satelliten-Navigationssystem übernehmen. So waren bereits im Jahr 2005 die 150 Mio. Euro, die Galileo Industries von der ESA erhalten hatte, aufgebraucht. Allein die Kosten der Startphase wurden 2005 auf 1,4 Mrd. Euro geschätzt.

Dennoch drängen Bundeswirtschaftsministerium und Bundesregierung jetzt darauf, auch Mehrkosten zu übernehmen, da andernfalls das ganze Projekt gefährdet sei. Davor hatte das britische Unterhaus bereits vor zwei Jahren gewarnt: Der Verkehrsrat dürfe keine übereilte Entscheidung treffen, aus Angst, das Projekt würde sich weiter verzögern. Die britische Regierung sollte sich so lange mit weiterer Unterstützung zurückhalten, bis eine unabhängige Kosten-Nutzen-Analyse vorliege.

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Die Befürworter Galileos berufen sich auf die Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers (PWC), die zum Ergebnis kommt, den Kosten von insgesamt 3,9 Mrd. Euro stehe ein Nutzen von 17,8 Mrd. Euro gegenüber. Immer mehr Experten zweifeln indes an dieser Untersuchung. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass die Kosten und Vorteile wirklich seriös ermittelt wurden“, folgerte das britische Unterhaus. Auch die Vereinigung der Europäischen Luftfahrtunternehmen AEA fordert seit drei Jahren dazu auf, die PWC-Studie kritischer zu betrachten. Ebenso warnt EU-Verkehrsminister Jacques Barrot vor kaum kalkulierbaren Budgetrisiken.

Je unsicherer die zivile Finanzierung erscheint, desto mehr umgarnen Politiker nun das Militär. Ende Oktober war es in Brüssel zum Eklat gekommen, weil EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot erstmals die militärische Option Galileos öffentlich eingeräumt hatte. „Damit wird jetzt die Lebenslüge Galileos öffentlich“, sagt der Koordinator des Verteidigungsausschusses der Linksfraktion „GUE-NGL“ im Europaparlament Tobias Pflüger. Bislang wurde in der Öffentlichkeit immer betont, Galileo sei eine rein zivile Technik. So versicherte der ehemalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig noch 2002: „Galileo ist ein ziviles Projekt unter ziviler Kontrolle. Das ist die Grundvoraussetzung.“

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