Pressebericht in: Tagblatt online, 24.11.2006
Krieg kehrt zurück
Kampagne gegen Auslandseinsätze beschlossen
von: Tagblatt online / Dokumentation | Veröffentlicht am: 24. November 2006
TÜBINGEN. Rund 150 Besucher und Besucherinnen kamen zum 9. Kongress der Informationsstelle Militarisierung (IMI) am Wochenende in Tübingen. Thema war die Expansion des Militärischen in der Innen- und Außenpolitik. Mit den quasi-kolonialen Einsätzen der Bundeswehr kehre der Militarismus in Form von Bundeswehreinsätzen im Inneren und der Einschränkung demokratischer Rechte als Bumerang zurück. Deshalb beschlossen die Teilnehmer in der Abschlussdiskussion, eine Kampagne für die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr zu initiieren.
Nach einer multimedialen Auftaktveranstaltung am Freitagabend ging es am Samstag um die Frage, „wie der Krieg in die Welt kommt“. IMI-Vorstand Jürgen Wagner beschrieb die aktuellen Besatzungs- und Interventionsstrategien und folgerte daraus, dass sich das Land in einem Übergang vom Imperialismus zu einem „erneuerten Kolonialismus“ befinde. Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger ergänzte, dass es dabei keineswegs um den Export von Demokratie gehe, da das gewählte Mittel – das Militär – selbst eine anti-demokratische Institution sei und die parlamentarische Kontrolle der Armeen immer weiter eingeschränkt werde. Martin Hantke beschrieb die Ökonomie des erneuerten Kolonialismus anhand der Interventionen in Afghanistan und der Demokratischen Republik Kongo. Im Abendvortrag gab der Völkerrechtler Prof. Gregor Schirmer eine Einführung ins Völkerrecht.
Am Sonntag wurden die Folgen von Militarisierung und des globalem Kriegszustands für die hiesigen politischen Systeme analysiert. Christoph Marischka und Claudia Haydt warnten vor der Militarisierung der Innenpolitik hinsichtlich des so genannten „Kampfes gegen die illegale Migration“ und durch die Aufstellung einer gemeinsamen Gendarmerie Force der EU unter anderem für Aufstandsbekämpfung im In- und Ausland. Auch die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke warnte vor der Gleichsetzung von Innen- und Außenpolitik und dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren (das TAGBLATT berichtete).
Abschließend wurden explizit zivile Mittel für den Katastrophenschutz gefordert. Der Krieg nach Außen sei auch im Kontext des Sozialabbaus zu sehen sei. Die Hochrüstung entziehe nicht nur Gelder für dringend benötigte Sozialausgaben; durch die immer repressiver werdende Sozialpolitik würden auch mehr und mehr Jugendliche förmlich zum Dienst in der Armee als einzige Berufsperspektive gezwungen.