Pressebericht / in: junge Welt vom 13.01.2004

»Pioniertruppen« den Weg verstellen

»2. Münchner Antikriegskongreß« - Auftakt zur Mobilisierung gegen NATO-Sicherheitskonferenz

von: Tobias Hübner / junge Welt / Pressebericht / Dokumentation | Veröffentlicht am: 13. Januar 2004

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von Tobias Hübner

Im Gewerkschaftshaus in München fand am Wochenende der »2. Münchner Antikriegskongress« statt. Wie bereits im letzten Jahr markierte er den Auftakt der Mobilisierungsveranstaltungen für die Demonstrationen gegen die »NATO-Sicherheitskonferenz«, die in knapp vier Wochen zum 40. Mal in München tagen wird.

Unter dem Motto »Antikapitalismus globalisieren – gegen die Kriegspolitik von NATO, Militärmacht EU und USA« diskutierten von Freitag bis Sonntag rund 250 Teilnehmer in insgesamt zehn Foren und Veranstaltungen. Themen waren unter anderem die »Militärmacht EU und die Militarisierung der deutschen Politik«, »Lager/Grenzen/Flüchtlinge« sowie »Militarisierung und Patriarchat«. Die im letzten Jahr begonnene Debatte fortsetzen und nach praktischen Formen der Zusammenarbeit und politischen Organisierung suchen, das war der Anspruch der Veranstalter. »Durchaus gelungen«, lautet das Fazit von Matthias Weinzierl vom Bayerischen Flüchtlingsrat, Mitveranstalter des Kongresses.

So spannten am Samstag Michael Wendl (ver.di Bayern), Tobias Pflüger (Informationsstelle Militarisierung, IMI) und Dirk Wittenberg (Rote Aktion Kornstraße) den Bogen vom Sozialabbau hin zur Aufrüstung der Bundeswehr und zur deutschen Militärstrategie.

Deutschland sei auch 2003 wieder »Exportweltmeister« gewesen, so Michael Wendl, das Gerede von der Krise der deutschen Wirtschaft sei ein Vorwand für die »Umverteilung von unten nach oben«. »Deutschland befindet sich im internationalen Vergleich in einer hervorragenden Wettbewerbsposition«, bekräftigte Wendl. Die Bundesregierung setze vielmehr andere europäische Staaten unter Druck und sei so maßgeblich für die Verschärfung des Wettbewerbs auf internationaler Ebene verantwortlich. Eine These, an die Tobias Pflüger nahtlos anknüpfte: »Mit der Agenda 2010 soll Deutschland fit gemacht werden für die Führungsrolle innerhalb der EU, die sich deutsche Politiker erträumen«. Zum weltweit modernsten Wirtschaftsraum solle die EU gemacht werden und sich gleichzeitig politisch von den USA emanzipieren. Sozialabbau und massiver Ausbau der militärischen Fähigkeiten seien zwei Seiten derselben Strategie, legte Pflüger nach: »Deutschland und Frankreich bezeichnen sich als Pioniertruppen innerhalb eines Kerneuropas – und das ist durchaus militärisch gemeint«.

Den Zusammenhang zwischen neoliberaler Globalisierung und Krieg bzw. Militarisierung zu verdeutlichen, das war immer wieder der Kern, um den sich die Diskussionen drehten, entweder anhand von konkreten Beispielen – wie in den Referaten von Anne Jung (medico international) und Raul Zelik bezüglich des Kongo bzw. Kolumbiens – oder eher auf der theoretischen Ebene wie im Workshop »Militarisierung und Patriarchat«. Damit knüpfte der Kongreß dort an, wo er im letzten Jahr aufgehört hatte. Zentrales Anliegen sei das Zusammenbringen der Antikriegsbewegung mit der Bewegung gegen die neoliberale Globalisierung, sagte York Runte, Sprecher des »Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz« und Mitglied der Kongreß-Vorbereitungsgruppe. Der »2. Münchner Antikriegskongreß« wurde diesem Anspruch auf theoretischer Ebene weitgehend gerecht.

Wie erfolgreich die praktische Umsetzung ist, wird sich am 6. und 7. Februar auf den Demonstrationen gegen die »NATO-Sicherheitskonferenz« zeigen. Am Freitag (6.2.) sind Aktionen an den sieben möglichen Zufahrtswegen zum Tagungsort der »Sicherheitskonferenz« angemeldet. Der Zugang für die Konferenzteilnehmer würde dadurch bei ausreichender Teilnehmerzahl erheblich erschwert bzw. blockiert werden – so die Einschätzung des Aktionsbündnisses.

* Informationen unter www.no-nato.de

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Original-URL: http://www.jungewelt.de/2004/01-13/012.php