Presseerklärung, 11.12.2003
Gegen diese EU-(Militär-)Verfassung!
von: Uwe Reinecke / Tobias Pflüger | Veröffentlicht am: 11. Dezember 2003
An diesem Wochenende soll in Rom bei der EU-Regierungskonferenz die neue EU-Verfassung abschließend abgestimmt werden, Außenminister Joschka Fischer gibt dazu heute im Bundestag eine Regierungserklärung ab, dazu erklärt die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. * aus Tübingen:
„Friedenspolitisch ist der Konventsentwurf einer EU-Verfassung eine Katastrophe!“, so Uwe Reinecke, Pressesprecher der Informationsstelle Militarisierung.
– So fordert Artikel I.40 in Absatz 3: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Es wird ein ‚Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten‘ eingerichtet. …“ Reinecke: „In der weltweiten Geschichte des Ver-fassungsrechts war eine konstitutionelle Festschreibung von Hochrüstung bisher völlig unbekannt. Dies ist nichts anderes als eine Aufrüstungsverpflichtung!“
– Artikel III.210 Absatz 1 schafft ein weiteres Novum des Verfassungsrechts: „Die in Artikel I.40 Abs. 1 vorgesehenen Missionen … umfassen … Kampfeinsätze“. Das Grundgesetz stellt dagegen in Art. 87a klar fest: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ „Wir befürchten, dass die Regelung von 1956 im Grundgesetz – die Festschreibung der Landesverteidigung – mit der neuen EU-Verfassung dann endgültig hinfällig wird“, so Tobias Pflüger, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung.
„Wir fordern die Rücknahme dieser EU-Verfassung!“, sagt Tobias Pflüger und fügt hinzu: „Dies ist eine Militärverfassung, wie die sehr detaillierten Regelungen in diesem Bereich zeigen“ und Uwe Reinecke meint: „Der bisherige Konvents-Entwurf taugt nicht mal als Diskussionsgrundlage.“
Auf dem EU-Gipfel in Rom soll auch die gestern beschlossene Militärstrategie der EU offiziell verab-schiedet werden. Im vom EU-Gipfel von Thessaloniki gebilligten Text heißt es u.a.: „Wenn wir es ernst meinen mit den neuen Bedrohungen, brauchen wir den Aufbau von mobilen flexiblen Einsatzkräf-ten.“ Und: „Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen.“ Das ist die von der Bush-Doktrin her bekannte „Präventivkriegsstrategie“, analysiert Pflüger. Die EU, wolle zudem „Einfluss im Weltmaßstab“. „Hier soll eine zweite militärische Weltmacht EU entstehen mit den gleichen falschen Mitteln und Methoden wie die andere Weltmacht,“ so Pflü-ger, „das lehnen wir ebenfalls ab.“
Jürgen Wagner, weiteres Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung, weist darauf hin, dass es offiziell „Übersetzungsprobleme“ mit dem ursprünglichen Begriff des „präemptiven“ Engagements gab, deshalb heiße es nun im Militärstrategiepapier „präventives“ Engagement. „Dies hat allerdings weniger mit vorbeugender Prävention als eben mit Präventivkriegen zu tun.“ „Deutlich wird dies spätestens dann, wenn Solana von einer präventiven Strategie der EU gegenüber Konflikten spricht. Damit ist der Ansatz des Präventivkrieges schön getarnt“, so Uwe Reinecke ergänzend.
„Die EU-Militarisierung der letzten Jahre muss rückgängig gemacht werden“, meint Reinecke, die neue Militärstrategie der EU und die neue EU-Verfassung gehen in die völlig falsche Richtung.
Rückfragen bei: – Uwe Reinecke: 0551-378129 – Tobias Pflüger: 0174-7650483
Die Informationsstelle Militarisierung hat eine Reihe von Analysen und „Standpunkten“ zu den obigen The-men verfasst. Besonders empfehlen wir die IMI-Analyse 2003/036: „Eine Militärverfassung für die Europä-ische Union – oder auch die EU ist auf Kriegskurs“ (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=711 ), die inzwischen schon von Freiwilligen in sieben EU-Sprachen übersetzt wurde und die Erklärung: „Gegen diese EU-Verfassung – für ein Europa, das sich dem Krieg verweigert“ (https://www.imi-online.de/2003.php3?id=741), die am Wochenende auf dem Kasseler Friedensratschlag verabschiedet wurde. Alle Informationen finden sich auf www.imi-online.de
* Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. ist eine unabhängige Einrichtung, die sich sowohl der Friedens-bewegung als auch der kritischen Friedensforschung zurechnet. Weitere Informationen unter: www.imi-online.de
Der Text als PDF: http://imi-online.de/download/EU-PM.pdf