Pressebericht - in: junge Welt, 15.10.2003
Sozialen Kahlschlag verhindern
Podiumsdiskussion des Sozialforums Berlin zur Vorbereitung des 2. Europäischen Sozialforums in Paris
von: Till Meyer / junge Welt / Pressebericht / Dokumentation | Veröffentlicht am: 16. Oktober 2003
Das neu gegründete Sozialforum Berlin hatte zu einer ersten Veranstaltung am Montag abend in die Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche geladen, und gut 380 Personen waren der Einladung gefolgt. Thema der Podiumsdiskussion waren die Vorbereitungen des 2.Europäischen Sozialforums in Paris vom 12. bis 15. November und Erfahrungsberichte über die Arbeit anderer Europäischer Sozialforen. Auf dem Podium diskutierten u.a. Farida Akhter aus Bangladesch, die Industriesoziologin Mag Wompel aus Bochum und Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung.
Für das Sozialforum Berlin begründete Dieter Hartmann die Notwendigkeit der Vernetzung der international agierenden Antiglobalisierungsbewegung mit lokalen, linken Basisgruppen im gemeinsamen Kampf gegen den sozialen Kahlschlag. Es gäbe bereits eine Vernetzung mit allen Sozialforen in Europa, allein in Frankreich seien inzwischen 150 Foren in allen großen Städten vorhanden.
Auch Tobias Pflüger begrüßte die Gründung von Foren in Deutschland und wies darauf hin, wie wichtig es sei, die Antikriegsbewegung mit in den Kampf gegen den Sozialabbau einzubeziehen. Pflüger: »Die Kehrseite von sozialer Verelendung ist immer auch Aufrüstung und Krieg.«
Farida Akhter sprach über die Situation der Textilindustrie in ihrem Land. Die Welthandelsorganisation WTO wolle diesen Industriezweig zerschlagen: Zu alt, zu unproduktiv. »Das bedeutet für neun Millionen Menschen, vor allem Frauen, in Bangladesch die totale Armut.« Die Sozialforen in ihrem Lande seien bei der Organisierung des Widerstandes und bei der Betreuung und Beratung der Betroffenen engagiert.
Die Industriesoziologin Mag Wompel sprach über ein Thema, das zu hitzigen Diskussionen führte: Wie halten wir es mit den Gewerkschaften, sollen, können sie Teil der Sozialforen werden? Für Mag Wompel war es im Gegensatz zu anderen Teilnehmern der Veranstaltung, die eine Vereinnahmung des Sozialforums durch die Gewerkschaften befürchteten, klar – sie können. Es gäbe eine Gewerkschaftsbewegung, die immer eine soziale Bewegung war und ist, und es gäbe die Funktionäre und den Gewerkschaftsapparat. Die Sozialforen sollten auch mit der Gewerkschaftsbewegung auf lokaler Ebene kooperieren.