Pressebericht - in: indymedia.de, 14.10.2003 03:01

ESF 2003 und Asymetrische Bedrohung, Bericht

In einer Kirche fand heute die vom Berliner Sozial Forum organisierte Infoveranstaltung zum ESF in Paris statt. / Tobias Pflüger im Interview (Link auf MP3-Datei)

von: The great GATSby / indymedia.de / Pressebericht / Dokumentation | Veröffentlicht am: 15. Oktober 2003

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So oder ähnlich muß sich wohl die Oppositionsbewegung in der ehemaligen DDR angefühlt haben, nicht nur wegen dem Ort, der Bandbreite der Teilnehmenden von 20 bis „Open End“, dem Ort, einer Kirche in Berlin-Kreuzberg, der Atmosphäre, dem Namen (klingt für meine Ohren ein Wenig nach „Neues Forum“).

Doch diesmal ist alles größer, weitreichender, es geht nicht mehr nur um einen Teil der Welt, es geht um Alles und ein einen relativ großen Schritt vorwärts zu einer anderen Welt, dem 2. Europäischen Sozial Forum, einer Art Plattform auf der die gesamte Bandbreite der Bewegung der Bewegungen agieren soll.

Knapp 400 Menschen waren anwesend um den Podiumsgästen zuzuhören, alle waren sie da, außer den jüngsten vielleicht die die aktivsten waren bei den Protesten gegen den Irak-Krieg. Haben die Schüler und Schülerinnen keinen langen Atem? Ansonsten war das Publikum zweigeteilt, eine Hälfte „Twens“ un der Rest „Erwachsene“ aller anderen Altersstufen.

Die etwas unglücklich gewählte Form der Experten-Runde die oben an den Mikros sitzt und zu dem passiven Publikum spricht konnte nur ausreichend überwunden werden (ein Paar Fragen wurden angenommen). Es ist zu hoffen, daß bei der geplanten Asemblea, einer Art Vollversammlung all derer die kommen und mitentscheiden wollen die Hürde für die Basisdemokratie nicht so hoch ausfällt. Auch war der Eintrittspreis für eine Infoveranstaltung meines Erachtens ungewöhnlich. Auch das Einsammeln von Spenden erinnerte mich an das penetrante Geld sammeln auf den Friedensdemos wo aufgerufen wurde für die Organisation der horrend teuren Bühnen auf denen Prominente Reden hielten zu zahlen.

Eigentlich hatte ich etwas anderes erwartet als eine Podiumsveranstaltung aber ich habe einfach nicht richtig gelesen. Die Prominenten die hier anwesend waren, sind zumindest (noch) keine Würdenträger, was aber schnell werden kann wenn es sich herumspricht, daß zwei oder drei Personen „die“ Organisatoren des Berliner Sozial Forums sind. Dieser Eindruck entstand ein Wenig auch wenn es inhaltlich darum ging die Breite der beteiligten Gruppen darzustellen was auch gelang. Vielleicht mag ja irgendwer die Liste der Beteiligten Gruppen ergänzen.

Gesprochen haben eine Vertreterin aus Bangladesh, die erwähnte, daß dort inzwischen ganze Flüsse „privatisiert“ werden. Eine Aktivistin von Labournet sprach über den Unterschided von Gewerkschaften und der Gewerkschaftsbewegung (die einen vor allem in der BRD staatstragend, die andere nicht). Beide Sprecherinnen benutzen überraschend oft das Wort „Kapitalismus“ und daß dieser „abgeschafft“ werden soll. Die Lage in Frankreich wurde grob erklärt (massive Proteste gegen Sozialraub und dergleichen) sowie der Einfluß von politischen Parteien auf das ESF vor Ort (er ist stark vorhanden im Gegensatz zum Berliner Pendant).

Außerdem sprach Frau Giuliani, Autorin von „Un anno senza Carlo“. Die Namensgleichheit ist nicht zufällig, sie ist tatsächlich die Mutter des 2001 in Genua von der Polizei erschossenen Carlo Giuliani der sich an den dortigen massiven Protesten gegen die neoliberale/kapitalistische Globalisierung beteiligt hatte. So wurde ihr Redebeitrag auch ziemlich ergreifend, war sie stellenweise den Tränen nah. Sie betonte den Zusammenhang der Bewegung der Bewegungen (Movimiento del Movimienti).

Auch Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung, bekannt vor Allem dadurch, daß er bei der diesjährigen Nato-„Sicherheitskonferenz“ zur Desertion aufrief und prompt dafür von einem Greiftrupp festgenommen wurde, betonte die Zusammenhänge, vor Allem zwischen dem drastischen Sozialabbau (Hartz, Agenda 2010), den horrenden Militärausgaben und der neuen Europäischen Verfassung die unter Anderem Aufrüstung und Sozialraub festschreibt.

Beigefügt ist ein Interview mit ihm wo er das genauer erläutert. Er geht auch auf den in der neuen „Verteidigungpolitischen Richtlinie“ vorgesehenen Bundeswehreinsatz im Innern bei sogenannten (Neusprech) „Asymetrischen Bedrohungen“ ein.

Original: http://de.indymedia.org/2003/10/63347.shtml

Tobias Pflüger im Interview – mp3 9.0M