Kein Recht auf Krieg

Tübinger artikel-9-Gruppe gegründet

von: IMI | Veröffentlicht am: 1. Januar 2003

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In Tübingen hat sich am 6.2.2008 eine Gruppe gegründet, die den Artikel neun der japanischen Verfassung erhalten will und seine Übernahme auch in anderen Verfassungen fordert. Sie sieht darin einen Schritt zur Abschaffung des Krieges.

Die japanische Verfassung ist ein Resultat des japanischen Militarismus und der japanischen Niederlage im Zweiten Weltkrieg. In welchem Maße sie von den USA diktiert wurde ist bis heute unklar. Ein „Recht des Staates auf Kriegsführung“ wird in ihr explizit „nicht anerkannt“. Sie legt fest, dass das japanische Volk „für alle Zeiten auf den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten“ sowie den Unterhalt von Streitkräften verzichtet. Gerade die USA sind es aber, welche die japanische Regierung dabei unterstützen, diesen Artikel ihrer Verfassung zu unterwandern und langfristig völlig abzuschaffen, da sie Japan als Verbündeten im Krieg gegen den Terror sehen wollen. Dies entspricht zwar den Wünschen einer nationalistischen Minderheit in Japan, trifft aber auch auf einen beachtlichen Widerstand in der überwiegend pazifistisch eingestellten Bevölkerung Japans.

„In Japan haben sich über 6.000 Gruppen gegründet, welche für den Erhalt des Artikel neun in der japanischen Verfassung eintreten. Wir wollen diese Initiativen unterstützen“, so Antje Kröger, eine Tübinger Japanologie-Studentin.
Die Idee zur Gründung einer Tübinger Artikel-9-Gruppe wurde von einem japanischen Politologen angestoßen, der hier vor drei Monaten einen Vortrag hielt und meinte, die japanische Friedensbewegung würde sich über internationale Unterstützung freuen. Mittlerweile sind weltweit entsprechende Gruppen entstanden. In Deutschland gab es bislang lediglich eine in Berlin.

„Es geht dabei aber um mehr, als nur die japanische Verfassung. Die globale Artikel-9-Kampagne hat nichts geringeres als die Abschaffung des Krieges zum Ziel“, so Antje Kröger weiter. Gelingen soll dies, indem die Gruppen auch in den anderen Ländern zur Übernahme eines entsprechenden Artikels gedrängt werden. „Das ist vermutlich illusorisch“, gibt Amely Bauer, ebenfalls Japanologin, zu. Letztlich ginge es aber um die Schaffung einer weltweiten pazifistischen Bewegung. Tatsächlich hat alleine die Ankündigung, in Tübingen eine Artikel-9-Gruppe zu gründen, die Initiatoren bereits mit Friedensbewegten in Japan und verschiedenen anderen Ländern in Kontakt gebracht. In Tokio wird vom 4. bis 6. Mai eine internationale Konferenz stattfinden, zu der auch die Tübinger Gruppe eine Delegation schicken will.

„Wir hoffen, dass sich in Deutschland und Europa noch mehr Gruppen dieser Kampagne anschließen“, sagt Christoph Marischka, Politikwissenschaftler und Mitarbeiter der Informationsstelle Militarisierung. Eigentlich sei es auch in Deutschland verboten, Angriffskriege zu planen und laut Verfassung ist die Bundeswehr nur zur Verteidigung da. Die Wahrheit sieht aber hier, ganz wie in Japan, anders aus. Mit dem neuen EU-Reformvertrag, der ja zuvor selbst als Europäische Verfassung bezeichnet wurde, werden die Mitgliedsstaaten sogar zur Aufrüstung verpflichtet, eine Rüstungsagentur wurde eingerichtet und Auslandseinsätze sollen zum Alltag werden.

„Leider wird das ja heute so dargestellt, als ginge der Krieg lediglich von irgendwelchen ´Barbaren´ aus und die staatlichen Armeen seien quasi das Allheilmittel gegen Gewalt“, so Marischka. Die Kampagne hingegen geht davon aus, dass es bedeutend weniger Kriege und auch sonstige Gewalt gäbe, wenn die Staaten keine Armeen und keine Rüstungsindustrien unterhalten würden. „Die Regierungen sollten sich lieber mal Gedanken machen, wie sie ohne uniformierte und schwer bewaffnete Männer mit Konflikten umgehen können“, so der Politologe Martin Quack. Erste Eckpunkte hierzu hat die weltweite Kampagne bereits formuliert (siehe http://www.article-9.org/en/global/index.html).

Tübinger und Reutlinger Friedensinitiativen haben der Gruppe bereits ihre Unterstützung zugesagt. Eine Veranstaltung mit Prof. Antoni von der Japanologie an der Universität hatten die Initiatoren bereits organisiert. Nun wollen sie weiter über die Kampagne und den japanischen Artikel neun informieren. Unter anderem planen sie eine Party mit dem Motto: „Kein Recht auf Krieg!“ Außerdem müssen sie Geld sammeln, um eine Delegation nach Tokio schicken zu können. Diese soll dann anschließend auf mehreren Veranstaltungen über die Konferenz berichten und die dort getroffenen Vorhaben nach Tübingen tragen. „Dann geht es erst richtig los“, so Amely Bauer.

Weitere Informationen zur Kampagne:
(dt):
https://www.imi-online.de/seite.php3?id=15
(engl):
http://www.article-9.org/en/index.html

(jp):
http://www.article-9.org/jp/index.html

Spendenkonto
Tübinger Artikel-9-Gruppe:
Kto.Nr. 2867014, KSK Tübingen
BLZ: 641 500 20
Informationsstelle Militarisierung
Stichwort: Artikel 9