in. rosaluxemburgstiftung.de

Irak: Die Kurden und der Krieg

Auf Einladung der RLS und der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wurde am 5. Dezember der Versuch unternommen, heraus zu finden, ob die irakische Kurden gegen oder für die militärische Lösung der USA für den Irak sind.

von: Kambiz Behbahani / Rosa-Luxemburg-Stiftung / Dokumentation / Bericht | Veröffentlicht am: 18. Dezember 2002

Drucken

Hier finden sich ähnliche Artikel

Um die Beantwortung dieser Frage bemühten sich neben zwei kurdischstämmigen PDS-Abgeordneten aus dem Abgeordnetenhaus, Giyasettin Sayan und Evrim Baba (als Moderatorin), Ahmad Berwari als Repräsentant der Patriotische Union Kurdistans in Deutschland, der aus dem Irak stammende Prof. Dr. K. A. Habib, Tobias Pflüger (Informationsstelle Militarisierung, Tübingen) und Florian Weis (RLS) als zweiter Moderator sowie über 40 Gäste. Referenten und Gäste sprachen ihre Anerkennung dafür aus, dass den betroffenen Kurden die Gelegenheit geboten werde, ihre Position zur Frage eines Kriegs im Irak darzulegen.

Seit die USA und Großbritannien angekündigt haben, den irakischen Diktator Saddam Hussein zu stürzen, droht erneut Krieg im Irak. Das wäre eine Katastrophe für das Land, dessen Bevölkerung seit Jahren unter Krieg und Unterdrückung leidet. Kriege werden nicht von Völkern gewonnen. Nur von Regierungen.

Im Nordirak leben rund 3,7 Millionen Menschen, überwiegend Kurdinnen und Kurden. Sie streben nicht nach der Gründung eines unabhängigen Kurdenstaats. „Wir bevorzugen, unsere Ziele im Irak mit friedlichen Mitteln und Dialog zu erreichen. Wir würden es auch akzeptieren“, so der PUK-Vertreter Berwari, „wenn die jetzige irakische Regierung an der Formung des von uns vorgestellten neuen Iraks beteiligt wird. Das Regime von Saddam Hussein ist aber nicht fähig und willig, diese Prinzipien von Demokratie, Pluralismus, Föderalismus zu akzeptieren.“

Die Alternative wäre, zusammen mit der irakischen Opposition zu versuchen, die Lage im Irak zu ändern und Saddam Hussein zu entmachten. Dies könne man jedoch nur mit ausländischer Hilfe erreichen. „Eine militärische Operation einer US-amerikanisch geführten Koalition gegen den Irak werden wir nicht ohne weiteres unterstützen, wir können es jedoch nicht verhindern. Wir würden solch eine Operation nur dann bejahen, wenn dabei das Ziel, Hussein zu entmachten, klar definiert wird, und wir zusammen mit anderen irakischen Oppositionsgruppen an der Gestaltung des neuen politischen Systems im Irak nach der Entmachtung vom Saddam-Regime beteiligt werden.“

Einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung, die Zerstörung der Infrastruktur, die Ersetzung Saddam Husseins durch einen anderen Diktator oder die Besetzung und Errichtung einer Militärverwaltung in Irak lehne die PUK ab. Eine aktive Beteiligung der Kurden an einer ausländischen militärischen Operation komme nicht in Frage, weil sie die Sicherheit der Zivilbevölkerung in Irakisch-Kurdistan gegen mögliche Racheaktionen, wie Angriffe mit chemischen und biologischen Kampfstoffen, nicht schützen könne.

Prof. Habib betonte, das irakische Volk brauche auf keinen Fall einen neuen Krieg der USA und ihrer Verbündeten. Dieser Krieg werde das Leben Zehntausender unschuldiger Menschen kosten, die Infrastrukturen weitgehend zerstören, die Umwelt verschmutzen und zur Verstümmelung künftiger Generationen führen. Ein Krieg sei nicht im Interesse eines demokratischen Iraks, weder der arabischen Bevölkerung des Irak, noch der kurdischen, noch anderer Nationalitäten, so der eindringliche Appell Prof. Habibs.

Auch der PDS-Abgeordnete Sayan lehnte den Krieg schroff ab: „Die Kurden in der Türkei sind gegen den Krieg, das haben sie mit machtvollen Demonstrationen in der vergangen Woche manifestiert.“

Tobias Pflüger führte aus, dass ein Militärschlag gegen den Irak nicht die Bekämpfung des internationalen Terrors bezweckt, sondern die Durchsetzung der Hegemoniebestrebungen der USA über den Irak wegen seiner geopolitischen Lage und seiner Ölvorkommen. Es gehe den USA auch um die Kontrolle der künftigen Entwicklung im Irak. Er appellierte an die Kurden, sich noch zahlreicher an den Anti-Kriegs-Demonstrationen zu beteiligen.

Einige der Beiträge der Veranstaltung unter: http://www.rosalux.de/Einzel/Kurden_Krieg/index.htm