in: Neues Deutschland, 01.08.2002

Warten auf den Panther

2004 soll der Marder abgelöst werden, der Nachfolger steht noch nicht fest

von: Dirk Eckert | Veröffentlicht am: 3. August 2002

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Wenn alles glatt geht, verkündet der Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) nächste Woche, dass der neue Kampfpanzer der Bundeswehr doch aus Deutschland kommt. Das hofft zumindest die Wehrtechnische Industrie, und dabei besonders das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall und der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW).

Ein neuer Panzer soll 2004 kommen, soviel scheint sicher zu sein, genügend offene Fragen für Diskussionen gibt es dennoch. Beide Unternehmen beraten derzeit mit dem Verteidigungsministerium, welcher Panzer den alten „Marder“ ersetzen soll, den die Bundeswehr seit 1971 nutzt. Gerne hätten Rheinmetall und KMW das Modell „Panther“ für die Bundeswehr gebaut. Es ging um einen Großauftrag von möglicherweise 400 Panzern bis 2008, wenn der Panzer voraussichtlich fertig gewesen wäre. Doch daraus wurde nichts. In den letzten Tagen der Amtsführung von Rudolf Scharping (SPD) war es im Verteidigungsministerium zu einem regelrechten Hin und Her um das Panzerprojekt gekommen.

Waren Anfang Juli noch alle in Berlin davon ausgegangen, dass der „Panther“ definitiv gebaut wird, so kippte diese Entscheidung Mitte Juli innerhalb weniger Tage. „Die Entscheidung, einen neuen Schützenpanzer für das Heer bereits 2004 verfügbar zu machen, ist getroffen und wird aufrechterhalten“, hieß es jetzt aus dem Verteidigungsministerium. Da es nötig sei, auf „die Risiken in den Einsatzgebieten schnell zu reagieren“, will die Bundeswehr nicht bis 2008 auf einen neuen Panzer warten, der im Gegensatz zum „Marder“ minensicher sein soll. Damit blieben drei Optionen übrig: Den „Marder“ nachrüsten, den schwedischen Panzer ?CV 90? in Lizenz produzieren und nachrüsten oder eine billigere und schon 2004 fertige Eigenproduktion bauen, sozusagen einen „Panther light“, der dann aber kein gänzlich neues Fahrzeug sein würde.

Das Aus für den „Panther“ als Neuentwicklung stieß auf heftige Kritik bei Union und wehrtechnischer Industrie, der ein sicher geglaubter Großauftrag abhanden kam. Der „Panther“ sei die „einzige Neuentwicklung für die deutsche Landsystem-Industrie“, so ein KMW-Sprecher. Scharping sah sich am 15. Juli veranlasst zu versichern, dass auch die deutsche Industrie noch nicht aus dem Rennen sei. Allerdings müssten zeitliche und technische Standards erfüllt werden. Vier Tage später war er schon nicht mehr Minister.

Vom neuen Verteidigungsminister Struck forderte Paul Breuer, der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, eine Rücknahme der „völlig verkorksten Panther-Entscheidung Scharpings“. „Die Truppe braucht Technologie von morgen, ein überzeugendes sowie langfristig angelegtes Konzept statt kurzsichtiger Flickschusterei“, so Breuer. „Mit der Entwicklung dieses hochmodernen modularen Waffensystems werden zudem die Position Deutschlands im Panzerbau in der Weltspitze und hochqualifizierte Arbeitsplätze nachhaltig gesichert.“

Tatsächlich werden mit der Wahl des Panzers auch die Weichen für die Zukunft der europäischen Rüstungsindustrie gestellt. Im Unterschied zur Luft- und Raumfahrtindustrie, wo mit der EADS ein europäischer Rüstungskonzern ins Leben gerufen wurde, existieren bei der Heeresindustrie noch die verschiedenen nationalen Industrien nebeneinander. Dementsprechend sollen in Europa fünf verschiedene neue Panzer produziert werden.

Eine Vergabe des Panzerauftrags an Rheinmetall und KMW könnte hierzulande zu einer nationalen Konsolidierung führen. Politik und Industrie würden das wohl begrüßen, vor allem, weil US-amerikanische Rüstungsunternehmen als interessiert gelten. So hatte die amerikanische Firma General Dynamics schon den spanischen Panzerhersteller Santa Barbara übernommen und dadurch Zugriff auf den deutschen Panzer Leopard II bekommen, der in Spanien in Lizenz produziert wird.

Rheinmetall und KMW haben inzwischen immerhin eine gemeinsame Projektgesellschaft namens Panther-System-Management GmbH (PSM) zur Entwicklung eines abgespeckten Modell des „Panther“ gegründet. Der Panzer soll bereits 2005 einsatzbereit sein, statt wie bisher geplant erst 2007. „Die Industrie macht ihre Hausaufgaben“, hieß es von KMW.

Eine Arbeitsgruppe aus den beteiligten Unternehmen und dem Verteidigungsministerium soll jetzt endgültige Klärung bringen. Bis Ergebnisse vorliegen, herrscht Schweigen bei allen Beteiligten. Nur Peter Struck hat mehrmals klargestellt, dass noch keine Entscheidung gefallen sei. Womit also die deutsche Rüstungsindustrie wieder im Geschäft wäre.

Auch: http://www.dirk-eckert.de/texte.php?id=291