in: Telepolis 08.07.2002
Informationen in Echtzeit
US-Regierung und Pentagon wollen Informationsfluss verbessern und beschleunigen
von: Dirk Eckert | Veröffentlicht am: 9. Juli 2002
Im „Krieg gegen den Terror“ haben die USA Informationen und ihre Nutzung als kritisches Moment entdeckt. „Eine der Lektionen des 11. September ist, dass Informationen ungenügend ausgetauscht wurden unter den Bundes-, Einzelstaats- und lokalen Behörden“, [1]befand Steve Aftergood von der Federation of American Scientists ( [2]FAS.
Um hier Abhilfe zu schaffen, hat das Repräsentantenhaus am 26. Juni den [3]Homeland Security Information Sharing Act verabschiedet, der es Bundesbehörden erlaubt, klassifizierte Informationen an Regierungspersonal, vom Gouverneur bis zum Bürgermeister, weiterzugeben. Das Gesetz muss allerdings noch durch den Senat. „Wir sind in diesem Land sehr erfolgreich, geheime Informationen zu sammeln, aber nicht darin, diese Informationen zu teilen“, sagte der Republikaner Saxby Chambliss, einer der Autoren des [4]Gesetzes.
Generalstaatsanwalt John Ashcroft sieht das ähnlich. „Information ist die Freundin der Prävention“, gab Ashcroft als [5]Motto aus. Auf seine Anweisung hin sollen jetzt Verfahren entwickelt werden, wie die oft miteinander konkurrierenden Behörden auf Informationen über terroristische Aktivitäten gemeinsam zurückgreifen bzw. wichtige Informationen weitergeben können.
Ein besonderes Problem bei der Verbreitung von Informationen stellen die Streitkräfte dar. Diese brauchen einerseits für die Kriegführung grundsätzlich möglichst viele Informationen. Andererseits konkurrieren auch hier die verschiedenen Teilstreitkräfte miteinander und zusätzlich mit den Geheimdiensten. Die Sorge von Jim Saxton (Republikaner), dass das Militär mit den Geheimdiensten, namentlich dem CIA, nicht genügend Informationen austauscht, erwies sich bei einer Anhörung des „Special Oversight Panel on Terrorism“ des Repräsentantenhauses am 28. Juni in Washington als [6]nicht unbegründet.
So sagte Joseph Krol Jr. (Navy) vor dem Panel aus, die Navy erhalte zwar Informationen, die von Geheimdienstmitarbeitern gesammelt wurde. Aber oft sei deren Quelle völlig unklar, was die Navy daran hindere, die Informationen schnell in die eigenen Operationspläne einzuarbeiten. Seiner Meinung nach müssten Informationen besser unter den verschiedenen Akteuren verteilt werden. Das gilt auch für die Verbündeten im Krieg. Die Zusammenarbeit mit ihnen funktioniere zwar, müsse aber ebenfalls besser werden.
Emil Bedard, ebenfalls ein Marine-Offizier, gab an, dass die Verteilung von Aufklärungsergebnissen in Echtzeit sich während des Afghanistan-Einsatzes verbessert habe. Ein Marine-Kommandeur in Afghanistan habe komplette Einsatzpläne aus den USA in weniger als vier Stunden erhalten. Mit unbemannten Flugzeugen vom Typ Predator könnten schnell und erfolgreich Beobachtungen durchgeführt werden. Die Aufklärungsergebnisse liegen den Truppen vor Ort aber noch nicht „in Echtzeit“ vor.
Im Afghanistan-Einsatz setzte das US-Militär erstmals eine [7]Web-Datenbank ein. Über eine geheime und gesicherte Website wurden Befehle weitergeleitet, neue Meldungen waren abrufbar, genau so wie Karten und Frontverläufe. Näheres ist über das System noch nicht bekannt, etwa ob die Soldaten die aktuellen Meldungen wirklich völlig ungefiltert bekommen oder ob Meldungen, die die Moral der Truppe untergraben könnten, aussortiert werden.
Die Nutzung des Internet birgt aber auch Risiken. Das Netz muss mit Firewalls gesichert werden, was bisher angeblich gut gelang. Um etwaigem Datenverlust vorzubeugen, bedarf es zudem Sicherheitskopien. Deshalb hat das Militär am 29. Mai 50 Mio. Dollar [8]zugesagt, um Backup-Seiten des „Army Knowledge Online“-Portals zu erstellen, das momentan nur Chatrooms, Email-Dienste und Fernkurse anbietet, aber ausgebaut und für die meisten internen Angelegenheiten benutzt werden soll. Die Militär-Techniker hatten 100 Mio. Dollar beantragt.
Links
[1] http://www.fcw.com/fcw/articles/2002/0415/news-doj-04-15-02.asp
[2] http://www.fas.org
[3] http://www.house.gov/harman/terrorism/infosharing.html
[4] http://www.fcw.com/fcw/articles/2002/0624/web-info-06-27-02.asp
[5] http://www.fcw.com/fcw/articles/2002/0415/news-doj-04-15-02.asp
[6] http://www.fcw.com/fcw/articles/2002/0701/web-navy-07-01-02.asp
[7] http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=926&item=192008
[8] http://www.fcw.com/fcw/articles/2002/0603/web-ako-06-03-02.asp
Erschienen in: Telepolis, http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/12852/1.html