in: Schwarzwälder Bote vom 16.03.2002

Scharpings Ladehemmung

Tobias Pflüger kritisiert Informationspolitik in Sachen KSK

von: Bernd Schiel / Dokumentation / Pressebericht | Veröffentlicht am: 16. März 2002

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Wann immer Tobias Pflüger vor der Calwer Kaserne auftaucht, leisten ihm Soldaten Gesllschaft. Aber nicht, weil sie ihn so sonderlich gut leiden mögen. Pflüger ist Friedensaktivist, naturgemäß also einer, dessen Anwesenheit dort oben ungern gesehen wird.

Auch diesmal, Pflüger hat zu einer Pressekonfeenz vor der Kaserne eingeladen, schauten die etwa 50 Meter weiter weg postierten Feldjäger düster drein. Irgendwie passend zum nasskalten Wetter. Davon lässt sich Pflüger aber ebensowenig beeindrucken wie seine Handvoll Mitstreiter von der IMI (Informationsstelle Militarisierung).

Seelenruhig pinselt Claudia Haydt auf eine Leinwand: „Krieg = Terror“, und darunter: „KSK auflösen!“. Darum geht es heute unter anderem bei der Pressekonferenz. „Diese Truppe muss augelöst werden“, sagt Pflüger einmal mehr. Er schweigt kurz, um der Aussage das hohe Gewicht zu geben, das er ihr beimisst. Denn wenn das KSK existiert, fährt er fort, werde es auch eingesetzt.

Den Soldaten der Spezialeinheit legt er nahe, den Dienst zu quittieren, wegen „der dubiosen Rechtslage“.

Dubios findet Pflüger allerdings nicht nur die Rechtslage, sondern auch die Informationspolitik der Regierung, die der Friedensaktivist als „Geheimniskrämerei“ einstuft. „Rudolf Scharping soll offen sagen:<< Wir beteiligen uns an einem blutigen Kampfeinsatz>> „. Nichts anderes sei die Operation „Anaconda“, in deren Verlauf nach Angaben der USA etwa 800 Gegner der Allierten getötet worden seien. „Das KSK ist beim Kampf Mann gegen Mann an vorderster Front beteiligt“, sagt Tobias Pflüger.

Die in den Augen der IMI dürftigen Informationen über den Einsatz des KSK – Pflüger: „Scharping hat Ladehemmung uns mitzuteilen, was in Afghanistan passiert“ – schürten Angst und Unruhe. Und eröffneten Raum für Spekulationen. „Wenn das KSK so eingesetzt wird, wie Scharping sagt, werden Gefangene gemacht“, erklärt Pflüger.

Diese müssten nach dem Kriegsvölkerrecht als Gefangene behandelt werden, mit Rechten unter anderem auf medizinische Betreuung und Aussageverweigerung. Allerdings sind die deutschen Soldaten gehalten, Gefangene an die US-Streitkräfte zu übergeben, bei denen die Gefangenen als „unrechtmäßige Kämpfer“ ohne Rechte behandelt werden. „Damit ist das Kriegsvölkerrecht gebrochen“, sagt Tobias Pflüger. So viel zur bereits erwänten „dubiosen Rechtslage“.

Schuld seien nicht die Soldaten. Das sagt Pflüger klar. Schuld sei die Regierung, die die Männer in einen Krieg schicke, in dem die eingesetzten Thermobaric-Bomben keinen Unterschied zwischen schuldig und unschuldig machen. Die Abgeordneten im Bundestag „wussten nicht, was sie da entscheiden, oder wollten es nicht wissen“ sagt Pflüger und schüttelt den Kopf.

Der Einsatz des KSK sei durch die Abstimmung im Bunderstag voll gedeckt. Auch das sagt Pflüger klar. Allerdings seien viele, als sie den Finger zum „Ja“ erhoben, davon ausgegangen, die Soldaten stünden unter deutschem Oberbefehl (Pflüger:“eine Lüge“) und hätten polizeiliche Aufgaben zu erfüllen. Kampfeinsätze in dieser Art und Weise gehörten nicht dazu.

Die Leinwand nehmen die Friedensaktivisten nach dem Gespräch wieder mit, die Feldjäger sind erlöst.