in: UZ 15.02.2002
Der Imperativ der Globalisierung heißt Krieg
Die Welt-Kriegselite tagte in München
von: Arno Neuber | Veröffentlicht am: 13. Februar 2002
Madeleine Albright – ausgerechnet (!) – sieht die Gefahr, dass international der Eindruck einer US-Regierung entstehen könnte, die in der Außenpolitik „ihren Verstand verloren“ hat. Dabei herrscht dort eher ein eiskaltes Kalkül vor. Dieses Kalkül besagt, dass die Hypermacht USA sich einen Dreck um Recht, Verträge oder die Befindlichkeiten von Verbündeten und Allianzpartnern zu scheren hat. So wurde denn auch das überschwengliche Lob auf die NATO, das der stellvertretende US-Außenminister Wolfowitz in München anstimmte, bei den europäischen Militärs als Gesang einer Spottdrossel interpretiert. Wolfowitz erteilte den „Partnern“ eine Lektion in Sachen Bündnisstrategie. „Eines unserer bedeutendsten Konzepte betrifft das Wesen von Koalitionen in diesem Feldzug“, dozierte er, „und die Idee, dass die Mission die Koalition bestimmen muss und nicht andersherum.“ Die USA sind entschlossen, ihre geostrategischen und militärischen Interessen durchzusetzen und nicht in irgendwelchen Bündnissen „auf den niedrigsten gemeinsamen Nenner“ herunterhandeln zu lassen. Und sie wollen sich dabei nicht lange mit feinsinnigen Unterscheidungen wie Angriff und Verteidigung aufhalten. „Wir befinden und im Krieg …. Die einzige Verteidigung gegen den Terrorismus ist, den Krieg zum Feind zu bringen.“ Und Wolfowitz lässt keinen Zweifel daran, dass „im Kampf zwischen Gut und Böse“ auch die Länder ins Visier von US-Bombern und Marschflugkörpern genommen werden könnten, die sich nicht vorbehaltlos den Forderungen der Bush-Krieger unterordnen.
„In dieser Zeit des Krieges“, zitiert Wolfowitz seinen Präsidenten, „haben wir eine große Chance, die Welt zu den Werten zu führen, die dauerhaften Frieden mit sich bringen werden.“ Also zu US-Kapital-Werten. Dafür heißt es klotzen, nicht kleckern. Bis 2007 soll der US-Rüstungshaushalt um 120 auf 451 Milliarden Dollar steigen. Dabei haben die us-amerikanischen Steuerzahler schon jetzt für 37 Prozent der Welt-Rüstungsausgaben aufzukommen.
US-Redner haben in München nicht mit Kritik an den angeblich zu niedrigen Rüstungsausgaben der NATO-Europäer gespart. Und dort scheint man immer stärker geneigt, bei einem Wettrüsten „unter Freunden“ mitzumischen. Die Rüstungsetats steigen und unmittelbar nach der Münchner Konferenz platzte der oberste EU-Außenpolitiker Solana mit der Ankündigung heraus, man wolle den Mazedonien-Einsatz „unter die politische Kontrolle und die strategische Führung“ der EU bringen, „um die Glaubwürdigkeit ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter Beweis zu stellen“ und nicht „in den Geruch eines Papiertigers“ zu kommen.
Gegenüber den Kriegstrommeln aus USA könnten die Töne, die Rudolf Scharping in München anschlug, als Neuauflage von „Ein bisschen Frieden“ angekommen sein. Ein klassisches Missverständnis. Wenn Scharping – ohne Ross und Reiter zu nennen – herausstellt, dass „nationale Alleingänge oder Ansätze, die allein auf eine Institution setzen“ schnell „an ihre Grenzen“ stoßen, dann geht es ihm nicht um eine Abkehr von der imperialistischen Kriegspolitik sondern um die stärkere Teilhabe daran. Scharping ließ es sich nicht nehmen, klarzustellen, was es mit dem vielzitierten „erweiterten Sicherheitsbegriff“ auf sich hat. Armut und Unterentwicklung bekämpfen? Ja, aber „längerfristig“ und alles zu seiner Zeit. „In der Welt der Globalisierung“ ist derzeit etwas anderes „imperativ“, nämlich die „potentielle Rolle leistungsfähiger Streitkräfte“ anzuerkennen und die Truppen als „kurzfristig wirksame Instrumente“ zum Einsatz zu bringen.
Arno Neuber, Beirat der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
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