IMI-Aktuell 2025/064

Star Wars 2.0

von: 1. Februar 2025

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Die Financial Times berichtet, US-Präsident Donald Trump habe das Pentagon angewiesen, innerhalb von 60 Tagen einen Plan für die Aufstellung eines umfassenden Raketenabwehrschildes vorzulegen. Ziel sei eine Art „Iron Dome für die USA“ habe Trump verlautbaren lassen. Beim israelischen Iron-Dome handele es sich allerdings um ein System zur Abwehr von Kurz- und Mittelstreckenraketen in einem vergleichsweise kleinen Land. Trumps in der Anordnung scheinbar schon relativ konkreten Vorstellungen zielten allerdings auf Interkontinentalraketen (und damit im Wesentlichen auf China und Russland) und seien – insbesondere auch, weil Abfangraketen im Weltraum stationiert werden sollen – viel näher an dem Star-Wars-Programm seines Vorgängers Ronald Reagan (offiziell: Strategic Defense Initiative, SDI). Aufhorchen lässt der Satz, die Abfangraketen sollten auch zur Zerstörung gegnerischer Abschussanlagen in der Lage sein, faktisch also die Stationierung offensiver Fähigkeiten im Weltraum, der dadurch eine weitere dramatische Militarisierung erfahren würde: „In addition, it [Trumps order] demands ‚capabilities to defeat missile attacks prior to launch‘ — in other words, a system that destroys the archer, not just the arrow.“

Die Kosten können nur vage geschätzt werden. Die Financial Times verweis auf eine Untersuchung der National Academy of Science aus dem Jahr 2012, derzufolge selbst System mit eingeschränkten Fähigkeiten mit 650 Satelliten rund 300 Mrd. Dollar kosten würde. Neuere bei Defence and Peace Economics erschienene Berechnungen gehen von Kosten zwischen 430 Mrd. Dollar und 5.300 Mrd. Dollar aus.

Grundsätzlich haben Raketenabwehrsysteme nicht nur defensive, sondern – zumindest auch – offensive Eigenschaften. Sie eröffnen die Möglichkeit mit einem Erstschlag das feindliche Potenzial auszuschalten und etwaig übrigbleibende Raketen mit dem Schild zu neutralisieren. In dieses Bild würde auch die angestrebte Fähigkeit passen, mit den „Abwehrsystemen“ vom Weltraum aus gegnerische Startanlagen zerstören zu können. Die Financial Times zitiert dazu den MIT-Experten Eric Heginbotham: „‚It is an offensive threat that major power rivals cannot and will not ignore […]. Our intent may be defensive . . . but whatever the intent, if the capabilities are real, this will be regarded as a critical offensive threat‘.”

China, Russland und ggf. auch andere Staaten werden sicher alles daran setzen, um ihre Zweitschlagfähigkeit aufrecht zu erhalten – weiteres Öl ins Feuer des nuklearen Wettrüstens. Und es ist auch davon auszugehen, dass ihnen dies gelingen dürfte, da der Ausbau des Waffenarsenals weitaus „kostengünstiger“ ist als der Aufbau eines Abwehrschildes, der zudem vor immensen technischen Schwierigkeiten steht. Das Star-Wars-Programm wurde jedenfalls nachdem es zweistellige Milliardenbeträge verschlungen hatte, aufgrund technischer Schwierigkeiten stillschweigend beerdigt. Zumindest einer aber dürfte sich in jedem Fall über die präsidiale Anordnung freuen: „The space-based part of the programme would require hundreds of carrier satellites to be launched — a market currently dominated by Elon Musk’s SpaceX.“ Update: Fabian Hoffmann rechnet bei hartpunkt.de mit Kosten von 126 Milliarden US-Dollar, wenn es „nur“ darum ginge, Chinas Atomwaffenarsenal zu neutralisieren; im Falle des russischen Arsenals wären es 336 Milliarden US-Dollar; und beide zusammen werden auf 462 Milliarden US-Dollar geschätzt – mit dem Zusatz: „Und dies ist eine äußerst konservative Schätzung.“ (jw)