IMI-Standpunkt 2022/044

Deeskalation in der Ukraine!

Einer möglichen weiteren rechten US-Regierung vorbeugen - Friedenspolitische Vernunft in Zeiten kriegerischer Kurzsichtigkeit

von: Jens Wittneben | Veröffentlicht am: 24. Oktober 2022

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Berlin unterstützt Kiew mit Waffen und Geld, während sich in der öffentlichen Debatte unter dem Stichwort „Abnutzungskrieg“ die Einsicht durchsetzt, dass der Ukraine-Krieg nicht Monate, sondern Jahre dauern dürfte. (Vgl. auch IMI-Standpunkt 2022/038) Deswegen ist es wichtig, zu überlegen, wie die Konfliktkonstellation um diesen Krieg 2025 aussehen könnte, im Jahr nach der nächsten Präsidentschaftswahl in den USA. Hier in der Bundesrepublik haben wir wenig Einfluss auf die Kriegspolitik Moskaus, mehr hingegen auf westliche Regierungen und Washington.

Leider ist es möglich, dass Donald Trump oder ein anderer rechtsgerichteter Vertreter der Republikanischen Partei die nächste Wahl zum US-Präsidenten gewinnt. (Thomas Zimmer: „Republicans always choose radicalization to energize their electoral base“ The Guardian 22 Oct 2022) Will Berlin oder die Europäische Union riskieren, den Ukraine-Konflikt mit immer mehr und schwereren Waffen und der Co-Finanzierung des ukrainischen Staates weiterzuführen, auch wenn der wichtigste Verbündete USA 2025 wieder von einem rechten Präsidenten regiert werden könnte wie von 2017 bis 2021? Die Ampel-Koalition müsste, um Schaden von der deutschen und den europäischen Bevölkerungen abzuwenden, den Krieg in der Ukraine deeskalieren, um 2025 nicht womöglich mit einem fragwürdigen Verbündeten, einer rechtsgerichteten Supermacht USA in eine noch gefährlichere Konfliktkonstellation zu rutschen. Die Außenpolitik Trumps von 2017 bis 2021 liefert dafür viele Gründe.

Zwar tragen sowohl die demokratische Regierung unter Barack Obama als auch die jetzige von Joseph Biden durch ihren aggressiven Kurs eine Mitverantwortung für den von Russland begonnenen Krieg in der Ukraine. Unter einem Präsidenten Trump würde das Eskalationsrisiko wohl aber noch unkalkulierbarer: „Noch am Tag seiner Amtseinführung entließ Trump fristlos etwa 80 US-Botschafter.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Trump) Diplomatische Konfliktbearbeitung schien ihm offenbar vernachlässigenswert. Unter dem Republikaner Trump sind die USA aus den Pariser Verhandlungen zum Klimawandel ausgestiegen. (C.J. Polychroniou: „Noam Chomsky on Donald Trump and the “Me First” Doctrine“  https://truthout.org/articles/noam-chomsky-us-foreign-policy-under-trump-follows-me-first-doctrine/  May 24, 2018) Diese Absage an multilaterale Verhandlungen war typisch für die unilateralistische, isolationistische Trump-Regierung. (https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Trump) Auch den multilateralen Vertrag über die Begrenzung der Atomenergie in Iran hat die Trump-Administration gekündigt. „Der luxemburgische Außenminister kritisierte den US-Präsidenten (dafür) scharf. Trump habe sich einen „totalen Fehltritt“ geleistet, als er (…) aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen sei. Faktisch hätten die USA den Vertrag gebrochen. Das Abkommen von 2015 habe mehr Sicherheit für Europa und für die Welt gebracht, sagte Asselborn. („Iran-Konflikt: Ajatollah droht den USA mit Meer aus Blut“, Spiegel online, 06.07. 2019) Was, wenn ein rechter US-Präsident 2025 im Ukraine-Konflikt die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Europas erneut aufs Spiel setzt?

„Am 7. April 2017 ließ Trump (…) im syrischen Bürgerkrieg 60 Tomahawk-Marschflugkörper nach Syrien abfeuern, wodurch offenbar mehr als zehn Menschen getötet wurden (Luftangriff auf den Militärflugplatz asch-Schaʿirat)“. (https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Trump) Damals fürchtete ich, Putin könnte als Revanche für den Verbündeten Assad sein Militär in Syrien anweisen, US-Kriegsschiffe im Mittelmeer zu versenken, von denen aus die Marschflugkörper gestartet worden waren. Was, wenn ein weiterer rechter Präsident nach 2025 wieder im Alleingang einen russischen Militärflughäfen auf der Krim zerstört?

Am 13. April 2017 setzte das US-Militär, das der rechte Donald Trump befehligte, ihre größte nicht-nukleare Bombe in Afghanistan in der Provinz Nangarhar ein. Die 9800-Kilogramm-Bombe vom Typ GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast (MOAB) tötete über 90 islamistische Milizen in Tunnelsystemen und einige Zivilpersonen. (2017 Nangarhar airstrike https://en.wikipedia.org/wiki/2017_Nangarhar_airstrike) Was, wenn ein weiterer rechter Präsident nach 2025 mit MOABs eine Lücke in die russische Frontlinie im Ukraine-Konflikt sprengt?

Ein ums andere Mal hat Trump mit Unterstützung seiner Partei unter Beweis gestellt, dass er zu gefährlichen Alleingängen neigt. Bevor in Washington möglicherweise ein neuer oder der alte Präsident Trump die Macht ergreifen und die Ukraine-Krise noch unkalkulierbarer machen kann, muss dieser Konflikt deeskaliert werden. Wenn dies der Ampel in Berlin nicht gelingt, droht der Bevölkerung in der Bundesrepublik und Europa möglicherweise mehr als nur finanzieller Schaden.