Afghanistan-Opfer – Hände weg von Iran!

von: 15. August 2019

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(IMI-Aktuell 2019/478): Erstmals seit zehn Jahren töteten Regierungstruppen und ihre NATO-Verbündeten unter Führung der USA mehr afghanische Zivilisten als die Taliban und der Islamische Staat (IS) zusammen. Die UN assistance mission in Afghanistan dokumentierte im ersten Halbjahr 2019 über 700 zivile Opfer durch Angriffe der US-Luftwaffe und afghanische Regierungssoldaten. Über 500 zivile Opfer töteten die Taliban, der IS und andere Milizen, wie u.a. der Guardian berichtet. Dieses niederschmetternde Ergebnis der über 17 lange Jahre US-geführten Intervention in Afghanistan spricht gegen eine Eskalation am Persischen Golf und Militäroperationen gegen die herrschenden autokratischen iranischen Mullahs in Teheran.

Offiziell beendeten die USA ihren Militäreinsatz in Afghanistan 2014. Operativ sind allerdings immer noch US-Spezialkommandos am Boden und die US-Air Force in Afghanistan im Einsatz, um afghanische Regierungstruppen zu unterstützen. Es ist der von den USA geführten Militär-Allianz und der US-freundlichen Regierung in Afghanistan nicht gelungen, eine stabile Demokratie aufzubauen: vor wenigen Wochen wurde ein Wahlkandidat für das Amt des afghanischen Vizepräsidenten in der Hauptstadt Kabul Ziel eines Selbstmord- und Terroranschlags. Zwanzig Menschen wurden dabei getötet und fünfzig verletzt, der Wahlkandidat überlebte. Es ist zu befürchten, dass eine Intervention im Iran eine ähnlich instabile politische Lage provoziert.

Die USA führen derzeit in Katar mit den Taliban Friedensverhandlungen – ohne Beteiligung der afghanischen Regierung in Kabul. Sie machen mit diesem Alleingang deutlich, wie gering sie eine unabhängige, zivile und demokratische Entwicklung schätzen. Der iranischen Bevölkerung könnte eine ähnliche Bevormundung und Geringschätzung drohen, wenn die US-Administration und andere Regierungen ihre Militäroperationen am Persischen Golf weiter verschärfen. Die Militärmaschinerie Washingtons ist für zwei gleichzeitige internationale Kriegseinsätze ausgelegt – und fährt derzeit vermutlich mit deutlich unter 50 Prozent ihrer Kapazität. Wahrscheinlich also warten schon einige ehrgeizige US-Generäle auf den nächsten Krieg – sei es gegen ein angebliches Atombombenprogramm, für den freien Welthandel, aus „humanitären“ Gründen oder anders schöngeredet.

Saudi-Arabiens Regierung muss mit dem jüngst vollzogenen Abzug der Verbündeten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten vermutlich aufgeben, den Jemen-Krieg gegen die schiitischen Huthis zu gewinnen. Die Konfrontation der USA mit den schiitischen Mullahs im Iran könnte für die sunnitischen saudischen Herrscher die Gelegenheit sein, von der von Ihnen angerichteten Katastrophe im Jemen abzulenken und dazu Militäroperationen gegen die Golf-Nachbarn und Rivalen in Teheran zu befeuern.

In der Türkei, Griechenland und auch hier in der Bundesrepublik Deutschland würde bei militärischen Auseinandersetzungen im Iran vermutlich die Zahl geflüchteter Iranis steigen. Zu den Opfern eines neuen Golfkriegs dürfte auch die Umwelt zählen. Insbesondere könnte ein Krieg gegen die gut gerüstete Regionalmacht Iran Milliarden-Summen von Steuergeldern verbrennen, die dann für Investitionen gegen den Klimawandel fehlen. (jwi)