Im Zuge des jährlichen deutsch-französischen Ministerratstreffens am heutigen Donnerstag reiste auch Ursula von der Leyen nach Paris und gab im Vorfeld schon einmal die Marschrichtung in einem Interview mit dem Bonner Generalanzeiger vom 12.7.2017 bekannt. Wieder einmal sind es die Themen 2% des BIP für Rüstung, projektierte Verteidigungsunion, gemeinsame Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern, Personalentwicklung, Rechtsextremismus in der Bundeswehr, für die wohlgesonnenen Reporter Fragen aufwerfen, die man auch aus den Werbebroschüren der Bundeswehr nicht besser hätte beantworten können:
2 Prozent: alter Hut noch von Grün-Rot und nur ein „fairer“ Beitrag; Verteidigungsunion: Europäer müssen ihre Probleme (in Afrika!?) selbst in die Hand nehmen, Verteidigungsfond ein wichtiger Schritt; gemeinsame Rüstung: Europa verzettelt sich und kann nur gemeinsam kostengünstig entwickeln; Personalrekrutierung: Trendwende geschafft, Bundeswehr ist ein attraktiver Arbeitgeber; Rechtsextremismus: Randerscheinung und ein neues Traditionsverständnis werden uns immunisieren. Ach ja, Ministerin wäre sie gern weiterhin…
Dass all diese Punkte durchaus strittig und mit erheblichen Nachteilen behaftet sind, kommt leider den Journalisten nicht in den Sinn – Hofberichterstattung nannte man das früher. Das ambitionierte Ziel der Erhöhung des Verteidigungsetats auf bald 70 Mrd. Euro, also fast eine Verdopplung, als „fairen Beitrag“ zu markieren, gleicht der Leugnung aller sozialen und sonstigen Probleme in Deutschland. Die zusätzlichen 35 Mrd. € sollten, statt in unproduktiver Rüstung zu verschwinden, gewinnbringend in Bildung und soziale oder gesundheitliche Projekte zu fließen, wo nicht nur mehr Arbeitsplätze geschaffen würden, sondern auch noch was für die Gesellschaft konkret bei rauskommt. Bei der Gelegenheit gälte es daran zu erinnern, dass die „Trendwende“ beim Personal der Bundeswehr mitnichten geschafft ist – mit Bezug zum Cyberthema wird auch deutlich warum: Noch kann die BW die hohen Löhne, die es für die Rekrutierung kompetenten Personals bedarf, gar nicht zahlen. Das wiederum räumt sogar der freundliche GA ein, der sich in einem anderen Artikel freut, dass Bonn mit der Stationierung des Kommandos Cyber- und Informationsraum einen „Hauptgewinn“ gezogen hätte.
Zitat: „‚Das Personal ist die zentrale Herausforderung‘, erklärt General Vetter. Eine Lösung: die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. ‚Was wir nicht selbst können, müssen wir uns kaufen‘, stellt Vetter fest. (GA, Kai Pfundt, 13.7.2017 „Hautgewinn für Bonn“).
Oder anders: Die fortschreitende Militarisierung des Cyberraumes geht mit der Militarisierung der IT-Branche einher – genug Platz, um 35 € Mrd. unproduktiv zu versenken. (AS)