IMI-Mitteilung - in: AUSDRUCK (Juni 2013)
Feministische Drohnenkritik – ein Interview über unbemann_te Luftfahrzeuge
von: IMI/ AGFA-V – AG feministisch*antimilitaristische Vernetzung | Veröffentlicht am: 5. Juni 2013
Ein Interview mit Leuten von AGFA-V – AG feministisch*antimilitaristische Vernetzung
1.Redaktion des AUSDRUCKs: Ihr habt auf dem 35. Kongress der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) in München einen Workshop zu „feministischer Drohnenkritik“ veranstaltet. Was ist denn an Drohnenkritik feministisch?
Für uns gibt es verschiedene Formen der Kritik an einer tödlichen Technologie wie die der Drohnentechnologie. Uns ist wichtig, die Wirkung einer Technologie auf das Alltagsleben der Menschen zu reflektieren, zu begreifen, dass eine Überwachungstechnologie, die das Potential zum Töten hat, über den einzelnen Tötungsakt hinaus, soziale Verhältnisse strukturiert, diese terrorisiert und damit zerstört. Offene gastfreundliche Gesellschaften verkehren sich zum Gegenteil. Angsträume entstehen und haben damit auch einen erheblichen Einfluss auf die Geschlechterverhältnisse. Feministisch bedeutet für uns, den Blick auf die Technologie zu werfen und sie in ihrer patriarchalen Struktur zu kritisieren, als auch die sozialen Auswirkungen ihrer Anwendung zu benennen. Das Denken in Dichotomien, die Abspaltung des Körpers vom Geist, von Gefühlen und Erleben von der Ratio sind abendländische Denkweisen, die Grundlagen kapitalistischer Produktions- und Lebensweisen darstellen und für uns im Fokus der Kritik stehen.
2. Wie ist der Workshop dann konkret abgelaufen, gab es Rückmeldungen und/oder Kritik und wie bewertet Ihr den Ablauf und die Reaktionen?
Die Stuhlreihen waren im Kreis angeordnet, es gab kein Podium, die Referent_innen saßen zwischen den Teilnehmer_innen verteilt.
Wir haben den Workshop auf vier Säulen aufgebaut:
– Erstens gab es einen dialogischen szenischen Input, zwei Feministinnen unterhalten sich über das Buko-Programm und die feministischen Alltagserfahrungen in der linken Szene.
– Zweitens wurde ein Beitrag über unser feministisches Selbstverständnis in Bezug auf Drohnen vorgetragen.
– Drittens wurde ein literarischer Beitrag über den Drohneneinsatz in Pakistan und die Wirkung auf die Bevölkerung dargeboten.
– Viertens wurde ein Beitrag über die Wurzeln der patriarchalen Technologieentwicklung und ihre Verwurzelung in der antiken Philosophie gehalten.
Es gab einen ständigen Wechsel der Vortragenden, auch inhaltlich wurde eine Patchwork-Decke gewoben, Drohnenkritik aus verschiedenen Blickwinkeln vorgestellt.
Es kamen fast 60 Personen zum Workshop, mit solch einem breiten Interesse hatten wir nicht gerechnet, es hat uns allerdings sehr erfreut und es zeigt, dass es ein Interesse an feministischen Fragestellungen gibt. Leider war unseres Wissens nach dieser der einzige Workshop auf dem Kongress mit explizit feministischer Sichtweise. Alle sind bis zum Schluss geblieben, es gab eine offene angeregte Diskussion danach und hinterher weitere Gespräche und viel Lob: über die angenehme abwechslungsreiche Art der Präsentation, über die darstellenden aber nicht bewertenden Positionierungen, über die anregenden Gedanken, die zum Weiterdenken animieren, über die Freude, eine feministische Position zu erleben, etc.
3. Als Veranstalter_in des Workshops wurde eine „AG feministisch*antimilitaristische Vernetzung“ genannt. Was hat es damit auf sich und was versprecht Ihr Euch aus der Verknüpfung beider Perspektiven?
Aufgrund eines Schwerpunktes Antimilitarismus in dem Buch „Darum Feminismus!“ (Affront (Hg.) Unrast Verlag, 2011), in dem sich zwei Artikel mit antimilitaristischen Fragen beschäftigen, kam es zu der Idee, zu diesem Thema einen Diskussionszusammenhang zu schaffen, aus dem dieser Kreis entstand. Die Aktivist_innen kommen aus verschiedenen Kontexten von Antimilitarismus über feministische Theorieentwicklung bis hin zu feministischer Politik. Gemeinsames Interesse war und ist, das zarte Pflänzchen des Antimilitarismus mit feministischen Ideen zu bereichern und es somit wirkungsvoller werden zu lassen. Wir sind der festen Überzeugung, dass eine feministische Position zum Antimilitarismus gehört, wie auch kein Feminismus ohne eine grundlegende Kritik am Militarismus auskommt.
4. Habt Ihr vor, Euch weiterhin auf das Thema Drohnen zu konzentrieren, oder was sind sonst die weiteren Pläne?
Die Drohnen sind ein lohnendes Thema, wir beschränken uns aber nicht darauf. Sie sind exemplarisch für uns und durch die Entscheidung keine EuroHawks zu kaufen, keineswegs ad Acta gelegt. Die sogenannte zivile Überwachungstechnologie steht erst am Anfang ihrer Ausbreitung. Aber unser Ansatz ist weiter gefasst und wir sind experimentierfreudig bezüglich unserer Diskussionen.
5. Wer und wie könnte bei Interesse bei Euch mitmachen und wie könnte man mit Euch in Kontakt treten?
Wir freuen uns, wenn sich Menschen von unserer Arbeit angesprochen fühlen und Interesse haben, in diesem Kontext mit uns zum Diskutieren und weitere Ansätze zu entwickeln. Erreichbar sind wir unter agfa-v[at]gmx.de.
Redaktion: Vielen Dank für Eure Antworten.