IMI-Standpunkt 2013/023
Kriegs-Zustimmungsforschung
von: Jürgen Wagner | Veröffentlicht am: 21. Mai 2013
Ein Artikel im Theoriemagazin ‚Zeitschrift für Internationale Beziehungen‘ (ZIB) beschäftigt sich mit der Frage, wie Entscheidungsträger die Zustimmung für Kampfeinsätze in der Bevölkerung ‚verbessern‘ können. Sich hiermit speziell zu befassen, sei besonders aufgrund der pazifistischen Einstellung hierzulande dringend erforderlich: „Die deutsche Bevölkerung vertritt mehrheitlich antimilitaristische Grundhaltungen und neigt dazu, konkrete Bundeswehreinsätze nicht vor dem Hintergrund situationsspezifischer Faktoren, sondern der kategorischen Ablehnung des Einsatzes militärischer Mittel zu beurteilen.“[1]
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der Artikel damit, wie diese ‚missliche‘ Situation überwunden werden könnte: „Ziel dieses Beitrags war es zu untersuchen, ob sich Bevölkerungsbewertungen in Deutschland zu militärischen Auslandseinsätzen mithilfe von Kommunikationsstrategien verschieben lassen.“ Dies sei möglich, so die Autoren, es lasse sich „nachweisen, dass Bevölkerungsbewertungen tatsächlich durch framing verschoben werden können.“ Die Untersuchung habe ergeben, dass es bei „Personen, die sich dem linken Lager zuordneten, zu besonders großen Verschiebungen kam.“
Das Mittel hierfür: „Obwohl die Deutschen einen solchen (multilateral geführten Kampf-)Einsatz vor allem im Lichte ihrer Grundüberzeugungen zum Einsatz militärischer Mittel bewerten dürften, würde der humanitäre Aspekt von den meisten Bürgern berücksichtigt und zu einer größeren Unterstützung führen.“ Auch wenn sich die Untersuchung auf die Einstellungen zum Libyen-Krieg beschränkte, sind die Autoren der Auffassung, dass sich die Ergebnisse verallgemeinern lassen: „Die Befunde dieses Beitrags legen nahe, dass eine derartige Kommunikationsstrategie auch in anderen, ähnlichen Fällen wirksam sein könnte.“
Allein auf die ‚humanitäre Karte‘ zu setzen, reiche aber nicht aus, um eine kritische Masse der Bevölkerung zur Kriegszustimmung zu bewegen: „ Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass sich Kommunikationsstrategien nicht ausschließlich auf ein Argument stützen sollten, wenn damit die Unterstützung breiter Teile der Bevölkerung gesichert werden soll. Offenbar verfangen nicht alle Darstellungen bei allen Bürgern gleich.“ Ergo gelte es ‚die anderen‘ mit einem ebenfalls ‚maßgeschneidertem framing‘ abzuholen: „Eine andere Darstellung des Einsatzes – möglicherweise der Verweis auf die Bündnispflichten – hätte möglicherweise das konservative Lager in stärkerem Maße angesprochen und dort zu einer stärkeren Verschiebung geführt als bei den Linken. Die Wirksamkeit dieser anderen Kommunikationsstrategie zu untersuchen ist eine Frage, mit der sich die Forschung in Zukunft befassen sollte.“
Ob die jeweils verwendeten Argumente wahr oder erstunken und erlogen sind, spielt in dem Beitrag keinerlei Rolle – untersucht wird lediglich, ‚was funktioniert‘. Es drängt sich somit der Verdacht auf, dass es hier vorrangig darum geht, bar jeglicher kritischen Distanz der Politik Kommunikationsstrategien an die Hand zu geben, wie am ‚effektivsten‘ eine Kriegszustimmung generiert werden kann.
[1] Matthias Mader/Harald Schoen: Alles eine Frage des Blickwinkels? Framing-Effekte und Bevölkerungsurteile über einen möglichen Bundeswehreinsatz in Libyen, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 1/2013, S. 5-34.