IMI-Standpunkt 2010/051 - in: Ossietzky 20/2011
Der Tod kommt aus der Luft
Drohnenkrieg über Pakistan und Afghanistan
von: Claudia Haydt | Veröffentlicht am: 20. Oktober 2011
Präsident Barak Obama hatte bereits zu Beginn seiner Amtszeit Afghanistan und Pakistan zu einem zusammenhängenden Krisen- und Kriegsgebiet erklärt („AfPak“). In beiden Teilgebieten spielen ferngesteuerte unbemannte Flugkörper, so genannte Drohnen oder UAVs, eine zentrale Rolle. Während in Afghanistan Drohnen meist zur Überwachung dienen und die Daten für Angriffe durch bemannte Flugzeuge oder für Bodentruppen liefern, sind im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan überwiegend bewaffnete Kampfdrohnen vom Typ „Predator“ („Räuber“) oder „Reaper“ („Sensenmann“) unterwegs. Aufklärung und Exekution sind dabei direkt mit einander verknüpft. Trotz der drastischen Namen versuchen westliche Kriegsherren den Eindruck zu erwecken, es handele sich hier um eine Art saubere, chirurgische Kriegsführung. Drohnen sorgen meist tatsächlich dafür, dass die Zahl der Opfer auf der eigenen Seite gering bleiben während diejenigen, die ins Visier der High Tech Waffensysteme geraten, einen hohen Preis zahlen. Im August dieses Jahres trug die kritische Journalistenvereinigung „Bureau of Investigative Journalism“ aus öffentlich zugänglichen Quellen die Zahl der Opfer in Pakistan zusammen. Deren vorsichtige Schätzungen sind erschreckend. Etwa 2.800 Menschen sind in den letzten Jahren in Pakistan (aus Afghanistan liegen keinerlei belastbare Angaben vor) durch Drohnenangriffe gestorben, tausende Menschen wurden verletzt. Die Zahlen haben sich seit Obamas Amtsantritt vervielfacht. Mindestens bei jedem dritten Drohnenangriff sind Kinder ums Leben gekommen. Niemand kann sagen, wie viele der erwachsenen Opfer Zivilisten waren.
Wer gerät ins Visier der Drohnen? Afghanische, pakistanische und internationale Geheimdienste und Spezialeinheiten tragen Daten über ihre militärischen Gegner und deren Organisation zusammen, daraus entstehen Todeslisten. Auch der BND und deutsche Spezialkräfte haben in der Vergangenheit (und wahrscheinlich auch heute noch) zu diesen Datensammlungen beigetragen. Häufig genügt ein Verdacht, um „zum Abschuss freigegeben“ zu werden. Niemand wird darüber informiert, dass er auf den Listen aufgeführt wird, es gibt keine Einspruchsmöglichkeit und in den Regionen, die häufiger von Drohnenangriffen heimgesucht werden, hat es sich herumgesprochen, dass das dumpfe Dröhnen in der Luft den Tod bringen kann. Nicht nur Kinder leiden deswegen und Schlaflosigkeit und anderen Stresssymptomen.