IMI-Studie 2010/10

Globalisierung, Armut und Krieg

Die Krise des Neoliberalismus und die militärischen Reaktionen des Westens

von: Jürgen Wagner | Veröffentlicht am: 30. Juni 2010

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Das Thema Globalisierung und Krieg ist vielschichtig, es berührt mindestens fünf Bereiche, die hier behandelt werden sollen. Erstens geht die beobachtbare Erosion der westlichen Vorherrschaft mit wachsenden Konflikten mit den „neuen Rivalen“ (China und Russland) einher. Diese Auseinandersetzungen drehen sich ganz wesentlich auch um die Frage, wer künftig die Regeln der Weltwirtschaftsordnung bestimmen wird; zweitens ist die vom neoliberalen Weltwirtschaftssystem verursachte Armut ein wesentlicher Faktor für Kriege und Konflikte in der so genannten Dritten Welt. Diese müssen aus westlicher Sicht immer häufiger militärisch „stabilisiert“ werden, bevor sie außer Kontrolle zu geraten drohen (und hierdurch ggf. westliche Interessen gefährden); drittens haben sich Art und Charakter westlicher Militärinterventionen fundamental verändert. Nicht mehr der Sieg über eine feindliche Armee steht heute im Vordergrund, sondern die langfristige Besatzung und der Umbau der Gesellschaftsordnung der okkupierten Länder. Da dies einen ungleich höheren Personalbedarf erfordert, als „klassische“ Militärinterventionen, wird derzeit an Strategien gefeilt, die Techniken zur effektiven Besatzung und Aufstandsbekämpfung zu verfeinern; viertens werden im Zuge westlicher Militärinterventionen die jeweiligen Länder im Rahmen militärischer Besatzungen einem radikalen neoliberalen Umbau unterzogen, der die soziale Lage weiter verschlimmert; schließlich führt dies fünftens dazu, dass der Widerstand immer weiter zunimmt, weshalb sich der Westen auf wachsende Auseinandersetzungen vorbereitet. Folgerichtig rückt die Aufstandsbekämpfung immer weiter ins Zentrum der Militärplanung – und zwar für das Ausland, wie auch für das Inland, denn auch dort wird davon ausgegangen, dass die immer krasser werdenden sozialen Gegensätze im Notfall den Einsatz des Militärs zur Absicherung der herrschenden Ordnung erfordern werden.

1. Staatskapitalismus als Systemkonkurrenz

Auch wenn es womöglich noch zu früh ist, bereits das Ende der westlichen Vorherrschaft im internationalen System zu prognostizieren, wie dies gegenwärtig viele tun[1], so stellt der unübersehbare machtpolitische Aufstieg Chinas (und mit Abstrichen auch Russlands) doch eines der wichtigsten Phänomene der heutigen Zeit dar. Dabei mehren sich die westlichen Stimmen, die hierin den Vorboten einer neuen epochalen Konfrontation, einem Neuen Kalten Krieg zwischen „Demokratien“ (USA und EU) und „Autokratien“ (China und Russland) sehen. Wahlweise wird dabei eine „Rückkehr der Geopolitik“ (Robert Kagan), eine „globale Großkonkurrenz“ (Nikolaus Busse) oder ein „Weltkrieg um Wohlstand“ (Gabor Steingart) vorhergesagt.[2]

Am deutlichsten warnten die US-Geheimdienste in einer gemeinsam verfassten Studie namens „Global Trends 2025“ im November 2008, der Aufstieg Russlands und Chinas werde schwere Konflikte mit dem Westen verursachen. Liest man dieses Dokument sorgfältig durch, so findet sich darin – neben dem obligatorischen Verweis auf wachsende Auseinandersetzungen um knapper werdende Rohstoffe – eine hochinteressante Passage, worin hier die eigentliche „Gefahr“ gesehen wird: „Zum großen Teil folgen China, Indien und Russland nicht dem westlichen liberalen Entwicklungsmodell, sondern benutzen stattdessen ein anderes Model: ‚Staatskapitalismus‘. Staatskapitalismus ist ein loser Begriff, der ein Wirtschaftssystem beschreibt, das dem Staat eine prominente Rolle einräumt. […] Statt die westlichen Modelle politischer und ökonomischer Entwicklung nachzuahmen, könnten sich viele Länder von Chinas alternativem Entwicklungsmodell angezogen fühlen. Die Machtverschiebung stärkt Staaten wie Russland, die die westliche Ordnung in Frage stellen wollen.“[3]

Andererseits prognostiziert etwa auch Sergei Karaganov, ein führender russischer Politikwissenschaftler, bereits eine „Neue Ära der Konfrontation“: „Heftige Rivalitäten auf verschiedenen Ebenen – ökonomisch, geopolitisch, ideologisch – werden die Neue Ära der Konfrontation charakterisieren. Russlands Außenminister Sergei Lawrow hat dieses Merkmal der neuen Welt folgendermaßen beschrieben: ‚Das Paradigma der gegenwärtigen internationalen Beziehungen wird vom Konkurrenzkampf im weitesten Sinne dieses Begriffs bestimmt, insbesondere, wenn sich dieser Konkurrenzkampf auf Wertesysteme und Entwicklungsmodelle erstreckt. Das Neue an der gegenwärtigen Situation ist, dass der Westen sein Monopol auf den Globalisierungsprozess verliert. Dies erklärt vielleicht am besten die Versuche, die augenblicklichen Entwicklungen als Bedrohung des Westens, seiner Werte und seiner Lebensart darzustellen.'“[4]

Tatsächlich ist die Verschärfung der machtpolitischen Auseinandersetzungen unübersehbar und lässt sich auf zahlreichen Ebenen feststellen[5] – ein ganz wesentlicher Faktor hierfür ist, dass China und Russland die bislang ausschließlich vom Westen bestimmten wirtschaftspolitischen Spielregeln in Frage stellen – und zwar in einer Phase, in der die Wirtschafts- und Finanzkrise die neoliberale Weltwirtschaftsordnung den letzten Rest an Glaubwürdigkeit gekostet hat und diese zunehmend instabil wird.

2. Bekämpfung der Armen, statt Armutsbekämpfung

Weit gehend unstrittig ist, dass das neoliberale Weltwirtschaftssystem zu einer massiven Verarmung weiter Teile der Weltbevölkerung geführt hat.[6] Dennoch deutet wenig darauf hin, dass auch nur die leiseste Bereitschaft besteht, an den Grundprinzipien der Weltwirtschaftsordnung, die letztlich nichts anderes als die fortgesetzte Ausbeutung und Verarmung der Dritten Welt zur Folge haben, irgendetwas zu verändern.[7] Diese – bewusste – Entscheidung hat wiederum immense Auswirkungen auf die Frage von Krieg und Frieden in der Welt.

Denn entgegen dem gängigen Mediendiskurs sind nicht Habgier, ethnische bzw. religiöse Konflikte o.ä. der ausschlaggebende Faktor für den Ausbruch von Bürgerkriegen, sondern Armut: „[Es] ist in der Kriegsursachenforschung unumstritten, dass Armut der wichtigste Faktor für Kriege ist. Armut steht als Indikator für wirtschaftliche als auch für soziale Benachteiligung, bis hin zum Mangel an Möglichkeiten, das eigene Leben in Würde zu gestalten. Die Kriege der Zukunft werden immer häufiger Kriege um Wohlstand und Würde sein – und zumindest jenen, die sie betreiben, rational erscheinen.“[8] Selbst Studien der Weltbank bestätigen mittlerweile im Einklang mit zahlreichen anderen Arbeiten diesen Befund.[9]

Wer also an den ausbeuterischen Grundlagen der herrschenden Weltwirtschaftsordnung nichts verändern will, dem wird wenig anderes übrig bleiben, als die Folgen dieser Entscheidung in Form zunehmender Konflikte notfalls mit militärischer Gewalt notdürftig zu unterdrücken. Überdeutlich benennt bswps. ein Beitrag in einem Sammelband der wichtigsten EU-eigenen Denkfabrik als Priorität künftiger EU-Militärpolitik: „Abschottungsoperationen [Barrier operations] – die globalen Reichen von den Spannungen und Problemen der Armen absichern. Da der Anteil der Weltbevölkerung, der in Elend und Frustration lebt, erheblich bleiben wird, werden die Spannungen und Spillover-Effekte zwischen ihrer Welt und der der Reichen weiter zunehmen. Weil wir wahrscheinlich dieses Problem bis 2020 nicht an seiner Wurzel gelöst haben werden, […] müssen wir unsere Barrieren verstärken.“[10] Doch nicht nur die „Festung Europa“ soll – etwa in Form eines Ausbaus der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX – höher errichtet werden, „Operationen mit Bodentruppen“ („Boots on the Ground Operations“) und „social engineering“ seien ebenfalls in zunehmendem Maße erforderlich, um „die Ströme der Globalisierung“ zu schützen. Dies erfordere „globale militärische Kapazitäten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.“[11]

Kasten: Globalisierungskonflikte: Das Beispiel der Piraten vor Somalia [nur im PDF]

Hieraus ergibt sich jedoch ein vollständig neues Anforderungsprofil für Auslandsinterventionen. Nicht mehr der Sieg auf dem Schlachtfeld steht mittlerweile im Vordergrund, „sondern die politische und soziale Kontrolle der Bevölkerung.“[12] Eine „erfolgreiche“ Stabilisierung (sprich: Kontrolle) einer Krisenregion erfordert dabei aus westlicher Sicht eine langfristige Besatzung und den Umbau der Gesellschaftsordnung entlang westlicher Ordnungsvorstellungen (Nation Building). Vor diesem Hintergrund stellt sich ein Kapazitätsproblem, das vom geopolitischen US-Altmeister Zbigniew Brzezinski in gewohnt drastischen Worten folgendermaßen beschrieben wurde: „Früher war es einfacher, eine Million Menschen zu kontrollieren als sie zu töten; heute ist es unendlich viel einfacher, eine Million Menschen zu töten als eine Million Menschen zu kontrollieren.“[13] Auch die „Long Term Vision“, ein Dokument der EU-Rüstungsagentur, unterstrich den veränderten Charakter des neuen Interventionismus ebenso, wie den sich hieraus ergebenden größeren Personalbedarf: „EU-Einsätze werden […] künftig eher auf die Ziele ‚Sicherheit‘ und ‚Stabilität‘ als auf ‚Sieg‘ fokussiert sein. […] Vor diesem Hintergrund wird die benötigte Truppenstärke, um dieses Ziel zu erreichen, in einigen Szenarien erheblich sein.“ [14]

Dementsprechend kalkuliert das US-Militär, dass für eine „erfolgreiche“ Stabilisierung eines gescheiterten Staates 20 Soldaten auf 1.000 Einwohner in Form eines fünf bis acht Jahre andauernden Einsatzes notwendig sind.[15] Die hierfür erforderlichen Kapazitäten sind also enorm, allein die „Stabilisierung“ eines Landes wie der Kongo würde 1,2 Mio. Soldaten erfordern. Gleichzeitig wächst aber der „Bedarf“ nach solchen Einsätzen, wie der „European Council on Foreign Relations“ (ECFR) ausführt: „Jüngste Untersuchungen legen nahe, dass die Zahl an Bürgerkriegen erneut ansteigt und die Europäische Union davon ausgehen kann, vermehrt dazu aufgefordert zu werden, Soldaten in Ländern oder Regionen zu stationieren, die gerade einen Konflikt hinter sich haben.“[16] So besehen besteht aus westlicher Sicht die dringende Notwendigkeit, Interventionen zur „Stabilisierung“ gescheiterter Staaten effektiver zu gestalten.

3. CIMIC und SSR: Optimierung der Interventionsstrategien

In vielerlei Hinsicht ist Afghanistan der Prototyp der neuen westlichen Interventionsstrategie. Dort soll exemplarisch eine Gesellschaft – nach einem bewaffneten Eingriff und im Rahmen einer westlichen Besatzung – von Grund auf neu errichtet werden, wobei der neoliberale Umbau der Wirtschaftsstrukturen im Vordergrund steht (s.u.). Den Vorbildcharakter des Einsatzes am Hindukusch verdeutlicht etwa der im Auftrag des NATO-Generalsekretärs im Mai 2010 vorgelegte Entwurf für ein neues Strategisches Konzept: „Angesichts des komplexen und unvorhersagbaren Sicherheitsklimas, das höchstwahrscheinlich in den nächsten Jahrzehnten vorherrschen wird, ist es unmöglich, eine NATO-Teilnahme an ähnlichen (hoffentlich weniger ausufernden) Stabilisierungseinsätzen auszuschließen.“[17]

Aufgrund des hierfür erforderlichen immensen Personalbedarfs wird derzeit innerhalb der westlichen Militärplanung fieberhaft über Strategien zur Optimierung derartiger „Stabilisierungseinsätze“ nachgedacht. Am wichtigsten ist hier einmal, dass man sich von so genannten „Sicherheitssektorreformen“ (SSR) künftig eine deutliche Entlastung erhofft. Über den Aufbau von Repressionsapparaten (Armee und Polizei) sollen pro-westliche Machthaber in die Lage versetzt werden, sich möglichst ohne allzu große direkte Unterstützung am Ruder halten zu können. Inzwischen sind die USA, vor allem aber auch die Europäische Union mit zahlreichen solcher Ausbildungsmissionen auf der ganzen Welt tätig.[18]

Darüber hinaus haben die bisherigen Erfahrungen, insbesondere in Afghanistan und im Irak auch gezeigt, dass dem Militär wesentliche Fähigkeiten für die Bevölkerungskontrolle und den Umbau von Gesellschaften im Zuge von direkten Besatzungen fehlen. Hierfür sind zahlreiche zivile Kompetenzen und Akteure erforderlich: Juristen, Ingenieure, Agrotechniker, Verwaltungsexperten, Brunnenbauer, Polizisten, etc. Vor diesem Hintergrund kristallisiert sich derzeit mit der „Vernetzten Sicherheit“ – oder im NATO-Jargon: dem „Comprehensive Approach“ – ein neues außen- und sicherheitspolitisches Leitbild heraus, das künftig in sämtlichen westlichen Einsätzen zur Anwendung kommen soll. Ziel ist es dabei, über die Zivil-militärischen Zusammenarbeit (CIMIC) zivile Fähigkeiten und Akteure für die Optimierung von „Stabilisierungseinsätzen“ – de facto Besatzungs- und Aufstandsbekämpfungsoperationen – nutzbar zu machen. Schon in der Europäischen Sicherheitsstrategie vom Dezember 2003 wurde argumentiert: „Bei nahezu allen größeren Einsätzen ist auf militärische Effizienz ziviles Chaos gefolgt. Wir brauchen eine verstärkte Fähigkeit, damit alle notwendigen zivilen Mittel in und nach Krisen zum Tragen kommen. […] Die Union könnte einen besonderen Mehrwert erzielen, indem sie Operationen durchführt, bei denen sowohl militärische als auch zivile Fähigkeiten zum Einsatz gelangen.“[19]

Eine – im Wortsinne – zivile Außenpolitik, die sich als grundsätzliche Alternative und nicht als bloße Ergänzung zur militärischen Durchsetzung von Interessen versteht, rückt hiermit in weite Ferne. Nicht von ungefähr wird diese Strategie von vielen Nichtregierungsorganisationen (NROs) scharf kritisiert, die hierdurch die Unabhängigkeit ihrer Arbeit und im Endeffekt sogar ihre Sicherheit gefährdet sehen. So schreibt VENRO, der Dachverband der deutschen entwicklungspolitischen NROs: „Das Konzept der ‚Vernetzten Sicherheit‘ – im NATO-Jar­gon ‚Comprehensive Approach‘ – bedeutet in der Konse­quenz, dass die staatliche Entwicklungszusammenarbeit und Aufbauhilfe den militärischen Zielen im Sinne einer ‚Aufstandsbekämpfung‘ untergeordnet ist. […] Für die Hilfsorganisationen bedeuten die genannten Tendenzen zur zivil-militärischen Zusammenarbeit und zur Unterordnung der Entwicklungshilfe unter politisch-militärische Zielsetzungen eine deutliche Erschwerung und Einschränkung ihrer Arbeit. Sie schaden dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit der NRO als unabhängige und unpar­teiliche humanitäre Akteure. Im Extremfall führt dies dazu, dass Hilfsorganisationen von Teilen der Bevölkerung als Parteigänger des Militärs gesehen und von Aufständischen als vermeintlich legitime Angriffsziele eingestuft werden.“[20]

Dennoch wird derzeit fieberhaft an der Institutionalisierung des Comprehensive Approach gearbeitet – sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch der NATO.[21] Einen schaurigen Blick in die Kristallkugel, wohin eine solche Instrumentalisierung ziviler Akteure im schlimmsten Fall führen könnte, liefert eine Studie der regierungsnahen „Stiftung Wissenschaft und Politik“. Sie trägt den bezeichnenden Titel „Aufstandsbekämpfung als Auftrag“ und fordert eine neue strategische Planungseinheit im Auswärtigen Amt: „Ihre Aufgabe wäre es, die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Aspekte der Aufstandsbekämpfung zusammenzuführen. […] Mit Hilfe dieser Planungseinheit ließe sich kontinuierlich eine gemeinsame zivil-militärische Strategie für alle laufenden Auslandseinsätze erarbeiten und realisieren.“ Weiter plädiert die Denkfabrik dafür, dass das Militär bei konkreten Einsätzen die alleinige Kontrolle übernehmen soll: „Auf operativer Ebene sollte die Integration ziviler und militärischer Mittel innerhalb der Einsatzführungsstrukturen des Verteidigungsministeriums erfolgen. […] Es sollte generell erwogen werden, das Personal der mit Auslandseinsätzen befassten zivilen Ministerien für die Dauer der Einsätze in die Strukturen des Verteidigungsministeriums einzugliedern.“[22]

4. Neoliberaler Kolonialismus

Wie bereits angedeutet, streben heutige Militärinterventionen nicht nur den Sieg über eine feindliche Armee an, sondern den kompletten Umbau der Gesellschaftsordnung im Rahmen eines neokolonialen Besatzungsregimes. In den Worten Carlo Massalas, Professor an der Bundeswehr-Universität in München: „Protektorate sind in. Von Bosnien über Kosovo, nach Afghanistan bis in den Irak, das Muster westlicher Interventionspolitik ist immer dasselbe. Nach erfolgreicher militärischer Intervention werden die ‚eroberten‘ Gebiete in Protektorate umgewandelt und die westliche Staatengemeinschaft ist darum bemüht, liberale politische Systeme, Rechtsstaatlichkeit und freie Marktwirtschaft in diesen Gebieten einzuführen.“[23]

Zahlreiche Studien haben sich inzwischen kritisch mit diesem neoliberalen Nation Building auseinandergesetzt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass marktradikale Konzepte untauglich sind, um die soziale Lage der Bevölkerung zu verbessern, sie in den meisten Fällen die Armut sogar noch vergrößern.[24] Dennoch versucht der Westen in allen großen Besatzungseinsätzen dasselbe radikalliberale Wirtschaftsprogramm durchzusetzen. Der Wahnsinn hat also Methode: Verschleuderung des Staatseigentums durch umfassende Privatisierungen, Öffnung für ausländische Investitionen und Güter, Steuererleichterungen für ausländische Unternehmen, etc.

Im Irak waren es die US-Besatzungsbehörde, die „Coalition Provisional Authority“ (CPA), die gleich in ihrem ersten – bindenden – Erlass (De-Ba’athification of Iraqi Society) die komplette Macht im Land an sich riss: „Die CPA vereinigt auf sich sämtliche exekutiven, legislativen und judikativen Kompetenzen, die notwendig sind, um ihre Ziele zu erreichen.“ Anschließend machte sich die Behörde an den zielstrebigen neoliberalen Umbau des Iraks. So sah Erlass Nr. 12 (Trade Liberation Policy) die Abschaffung sämtlicher Zölle, Handelsbarrieren und Subventionen vor; Erlass Nr. 17 (Status of the CPA) garantierte CPA-Mitarbeitern Immunität vor irakischen Gerichten; Order 37 (Tax Strategy for 2003) dekretierte die Einführung einer allgemeinen Flat-Tax von 15% für Einzelpersonen und Unternehmen; Order 39 (Foreign Investment) erlaubte es ausländischen Konzernen, einen Anteil von 100 Prozent an irakischen Betrieben zu übernehmen und die aus ihren Geschäften resultierenden Gewinne zu ebenfalls 100 Prozent aus dem Land zu transferieren; Order 40 (Bank Law) eröffnete erstmals die Möglichkeit, das Bankenwesen zu übernehmen; schließlich stellte Order 100 (Transition of Laws) sicher, dass der Großteil der Verordnungen auch nach der irakischen „Unabhängigkeit“ in Kraft bleiben.[25]

Auch für Afghanistan holte der Internationale Währungsfond (IWF) unmittelbar nach Kriegsende ein offenbar schon längst ausgearbeitetes Programm hervor, das den konsequenten neoliberalen Umbau des Landes vorsah.[26] Unter anderem wurde der Regierung von Hamid Karzai ein Investitionsschutzgesetz (Law on Domestic and Foreign Private Investment) diktiert, dessen Hauptelemente von der Bertelsmann-Stiftung folgendermaßen zusammengefasst wurden: „Im September 2002 ratifizierte die afghanische Regierung das law on domestic and foreign private investment in Afghanistan, das keine Unterscheidung zwischen ausländischen und inländischen Investitionen macht. Dieses Gesetz ermöglicht 100% ausländische Investitionen, den vollständigen Transfer von Gewinnen und Kapital aus dem Land heraus, internationale Schlichtungsverfahren sowie ’stromlinienförmige‘ Lizenzverfahren. Auch werden Ausländer, die Kapital nach Afghanistan bringen, für vier bis acht Jahre von Steuern befreit.“[27] Ferner wurde laut afghanischer Regierung auf Betreiben von IWF und Weltbank die Steuergesetzgebung „vereinfacht“, indem eine Flat-Tax von 20% auf Unternehmensgewinne eingeführt wurde.[28]

Im Kosovo war es die UN-Besatzungsbehörde UNMIK, die ähnlich wie im Irak, gleich mit ihrer ersten Anordnung die vollständige Kontrolle des Landes übernahm: „Alle legislativen und exekutiven Autoritäten mit Blick auf den Kosovo inklusive der Justizverwaltung vereinigen sich auf die UNMIK und werden vom Hohen Repräsentanten ausgeübt.“ Per Anordnung 2001/9 wurde der Provinz eine „Provisorische Verfassung“ oktroyiert, die die Einführung der freien Marktwirtschaft vorsah und dem Hohen Repräsentanten der Vereinten Nationen die Verantwortung für die Geld- und Wirtschaftspolitik übertrug. Innerhalb der UNMIK war die Europäische Union für den Bereich „Wiederaufbau und ökonomische Entwicklung“ und alle diesbezüglich umgesetzten Maßnahmen zuständig. Dazu gehörte u.a. eine radikale Senkung der Einführzölle: „Kosovo hat eines der liberalsten Handelsregime der Welt“, bilanziert die Weltbank, „mit zwei Zolltarifsätzen, einem 0%igen und einem 10%igen Tarif sowie ohne jede Mengenbeschränkungen.“[29]

Unter diesen Bedingungen waren aber die staatseigenen Betriebe und Genossenschaften gegenüber der übermächtigen ausländischen Konkurrenz nicht konkurrenzfähig, was wiederum die Legitimation für umfassende Privatisierungen lieferte. Hierfür wurde mit Anordnung 2001/3 (Regulation on Foreign Investment) ein Einfallstor für ausländisches Kapital geschaffen. Die wichtigsten Elemente der Verordnung beschrieb der ehemalige UNMIK-Chef Joachim Rücker folgendermaßen: „Wir [haben] sehr viele Regelungen, die fremde Investitionen möglich machen. Es gibt vor allem ein Investitionsschutz-Gesetz, das all die üblichen Rechtsstandards bietet, also Schutz vor Enteignungen, Gewinntransfer usw.“[30] Mit derselben Anordnung wurde die „Kosovo Trust Agency“ (nun: „Kosovo Privatisation Agency“) ins Leben gerufen, die mit dem Verkauf der Staatsbetriebe beauftragt wurde. In bislang 43 „Privatisierungswellen“, die letzte schwappte im Mai 2010 über den Kosovo hinweg, wurde mittlerweile der Löwenanteil zu günstigen Preisen veräußert.

Obwohl der Kosovo sich Anfang 2008 formal für unabhängig erklärt hat, steht er weiter unter internationaler Überwachung – und zwar solange, bis ihm die westlichen Besatzer die „Europatauglichkeit“ attestiert haben. Die Fremdherrschaft wird also fortdauern, bis die westlichen Vorgaben zur vollsten Zufriedenheit implementiert worden sind – das ist der Kern des so genannten Ahtisaari-Plans der Europäischen Union, der über der kosovarischen Verfassung steht.[31] Kein Wunder also, dass die wirtschaftsliberale Politik auch nach der „Unabhängigkeit“ ungebremst ihre Fortsetzung fand: „Knapp sechs Monate nach seiner Unabhängigkeit bekommt der Kosovo eine Flat-Tax. Die Regierung in Prishtina hat in ihrer heutigen Sitzung beschlossen den Steuersatz für Unternehmen von zwanzig auf zehn Prozent zu senken. Laut Lutfi Zharku, Minister für Handel und Industrie, wird auch die Einkommenssteuer herabgesetzt. Diese liegt nun zwischen 0 und 10 Prozent. Die Mehrwertsteuer wird hingegen von 15 auf 16 Prozent angehoben. […] Durch die Einführung der Flat-Tax unternimmt der Kosovo einen wichtigen Schritt in die Verbesserung der Investitionsrahmenbedingungen für ausländische Investoren.“[32]

5. Aufstandsbekämpfung im In- und Ausland

Ob im Irak, in Afghanistan oder im Kosovo, überall haben die neoliberalen Umstrukturierungsmaßnahmen dazu geführt, dass sich die humanitäre Situation der Bevölkerung weiter verschlechtert hat. Dementsprechend wächst die Zahl derjenigen, die – teils auch mit Waffengewalt – bereit sind, sich gegen die westlichen Besatzer zur Wehr zu setzen. In dem Maße aber, wie der Widerstand zunimmt, rückt die Aufstandsbekämpfung ins Zentrum westlicher Besatzungseinsätze.

Man solle sich die US-Kriegsführung im Irak als Vorbild für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan nehmen, forderte die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ bereits Anfang 2008. „Wie im Irak bestehen auch dort klassische Herausforderungen durch Aufständische, die möglichst wirksam bekämpft werden müssen. [Deshalb ist] die militärische Präsenz der Koalitionstruppen in der Fläche und die Durchführung gezielter offensiver Operationen gegen radikale Aufständische notwendig.“ Generell gehe es für Deutschland und die NATO darum, den „Operationsschwerpunkt Aufstandsbekämpfung“ in den Mittelpunkt der Planung zu rücken.[33]

Selbst im Kosovo, wo die albanische Bevölkerung die westliche Truppenpräsenz ursprünglich begrüßt hatte, nimmt der Widerstand zu. In einer Umfrage vom Frühjahr 2009 gaben 79% der Kosovaren an, sie seien aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage zur Teilnahme an Protesten bereit.[34] Seit 2007 mehren sich die Demonstrationen gegen die Besatzungsmächte, bei denen es sogar bereits zu Todesopfern kam. Reagiert wird hierauf jedoch nicht etwa, indem an der verfehlten Wirtschaftspolitik etwas verändert würde. Stattdessen haben die inzwischen im Kosovo aktive „zivile“ EU-Mission EULEX und die NATO-Truppe KFOR mit gemeinsamen monatlichen Übungen begonnen, um ihre Techniken in der Aufstandsbekämpfung zu verfeinern („Crowd & Riot Control Exercises“). Welche Szenarien man dabei im Auge hat, verdeutlicht die Beschreibung einer dieser Übungen überdeutlich: „Das Szenario basierte auf wahren Begebenheiten. Das Europäische Parlament fällte die Entscheidung, Gelder für den Kosovo vom Bau zweier Krankenhäuser hin zu einer Müllrecyclinganlage umzuleiten. Die lokale Bevölkerung war darüber empört. Als Reaktion rief die Gewerkschaft der Krankenhausarbeiter zu Demonstrationen und Aktionen gegen die EU und EULEX auf. […] Als Ergebnis der Übung lernten die Teilnehmer Wichtiges darüber, auf eine wütende Menge („furious mob“) vorbereitet zu sein, über die Fähigkeit zu antizipieren, was die Menge tun wird und schließlich darüber, ihre Techniken zur Bevölkerungskontrolle und Aufstandsbekämpfung („crowd and riot control“) anzuwenden.“[35]

Dies verweist auf einen letzten zentralen Aspekt. Die im Kosovo agierenden EU-Paramilitärs sind so genannte Dual-Use-Einheiten, sie können auch im europäischen Inland eingesetzt werden. Aus Sicht der Herrschenden ist dies auch dringend erforderlich, um gegebenenfalls in der Lage zu sein, auch hierzulande Proteste infolge der sich verschärfenden sozialen Gegensätze im Keim zu ersticken. So warnt etwa die Bundesakademie für Sicherheitspolitik: „Krasse Armutsunterschiede oder rasche Veränderungen in der Armutsstruktur, wie beispielsweise die Verarmung der Mittelschichten oder auch nur deren Angst davor, können unter bestimmten Umständen in Radikalisierung, Militanz und Bereitschaft zur Anwendung terroristischer Mittel umschlagen.“[36]

Der Einsatz von Militär im EU-Inland war lange Zeit verboten, was sich jedoch geändert hat, seit der Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist. Denn dessen „Solidaritätsklausel“ (Artikel 222) öffnet Militäreinsätzen im Inland Tür und Tor, indem es dort heißt: „Die Union mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel […] im Falle einer Naturkatastrophe oder einer vom Menschen verursachten Katastrophe einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen.“ Da diese Formulierung auch soziale Unruhen mit einschließt, betont EU-Militärstabschef Henri Bentégeat, das „originelle“ an der Solidaritätsklausel sei keineswegs die Möglichkeit für Inlandseinsätze zur Terrorabwehr: „Das zweite Element ist interessanter, da es den Einsatz militärischer Mittel auf dem Gebiet eines Mitgliedsstaates auf Anforderung seiner politischen Autoritäten vorsieht.“[37]

6. Fazit: No Justice, No Peace!

Die westliche Bereitschaft, Sozialproteste im Notfall auch militärisch zu unterdrücken wächst und zwar nicht nur in fern entlegenen Gebieten oder allenfalls an der EU-Peripherie, sondern zunehmend auch innerhalb des kapitalistischen Zentrums selbst, da sich auch dort die Auseinandersetzungen immer weiter verschärfen. Die Zusammenhänge zwischen Neoliberalismus und Krieg zeigen auch, dass eine radikale Veränderung der westlichen Wirtschaftsweise eine integrale Kernforderung der Friedensbewegung sein muss. Umso zynischer ist die Praxis westlicher Besatzungspolitik, die eben jene neoliberalen Umstrukturierungen – mit vorgehaltener Pistole – oktroyiert, die ganz wesentlich Teil des Problems, nicht der Lösung sind. Der Fisch stinkt vom Kopf, dem Wirtschaftssystem, und genau dort muss kluge Friedenspolitik ansetzen – nicht bei dem mühsamen Versuch, den Dampfkessel der Globalisierungskonflikte notdürftig militärisch unter Kontrolle zu halten. Insofern sind jegliche Versuche, die Interventionsstrategien zur „Stabilisierung“ des ausbeuterischen neoliberalen Systems zu optimieren – seien es Sicherheitssektorreformen oder die Zivil-militärische Zusammenarbeit – kompromisslos abzulehnen.

Zu warnen ist aber auch vor einem allzu großen Enthusiasmus gegenüber den „Herausforderern“ – Russland und China. Tatsächlich eröffnet deren eher staatszentriertes Modell den Entwicklungsländern Spielräume, wie sich derzeit u.a. anhand der chinesischen Politik in Afrika zeigt. Deren autoritären Kapitalismus deshalb jedoch als progressive Alternative hochzujubeln kann und darf keine linke Position sein. Auch dies zeigt die chinesische Afrika-Politik ebenso, wie die Versuche Pekings (aber auch Moskaus) Arbeiterproteste im eigenen Land ebenfalls militärisch zu deckeln.[38]

Vor diesem Hintergrund muss die Friedensbewegung auf einen stärkeren Schulterschluss mit anderen sozialen Bewegungen hinarbeiten. Sie muss aufzeigen, dass und wie Militarisierung und Ausbeutung miteinander zusammenhängen, ihre Bündnispartner bei den von dieser Politik betroffenen suchen und so einen Beitrag leisten, um den Widerstand sowohl gegen die wirtschaftliche als auch die militärische Seite der herrschenden Weltordnung zu stärken.

Anmerkungen:

[1] Vgl. bspws. Ferguson, Niall: The decade the world tilted east, Financial Times, 27.12.2009; Kishore Mahbubani: The New Asian Hemisphere: The Irresistible Shift of Global Power to the East, New York 2009; Zakaria, Fareed: The Rise of the Rest, Newsweek, 12.05.2008; Haass, Richard N.: The Age of Nonpolarity. What Will Follow US Dominance, in: Foreign Affairs, May/June 2008; Boris, Dieter/Schmalz, Stefan: Eine Krise des Übergangs: Machtverschiebungen in der Weltwirtschaft, in: Prokla, 4/2009, S. 625-643; Flemes, Daniel/Nolte, Detlef: Zukünftige globale Machtverschiebungen, Giga Focus 5/2008.

[2] Kagan, Robert: Die Demokratie und ihre Feinde, Bonn 2008; Busse, Nikolaus: Entmachtung des Westens: die neue Ordnung der Welt, Berlin 2009; Steingart, Gabor: Weltkrieg um Wohlstand: Wie Macht und Reichtum neu verteilt werden, München 20082; vgl. auch Wijk,Rob de: The consequences for Europe of the global crisis, in: Europe’s World, Autumn 2009; Lucas, Edward: The New Cold War: How the Kremlin Menaces Both Russia and the West, Basingstoke 2008; Gat, Azar: The Return of Authoritarian Great Powers, in: Foreign Affairs, July/August 2007.

[3] National Intelligence Council: Global Trends 2025: A Transformed World, November 2008, S. vii; iv. Auch der Bundesnachrichtendienst speiste Anfang 2009 ein Papier in die Debatte ein, das den deutschen Eliten als Richtschnur für das künftige Handeln dienen soll. Ein Artikel zu dieser BND-Studie zeigt, dass hier ähnliche Überlegungen wie bei den US-Nachrichtendiensten angestellt werden: „Die Politik sollte sich deshalb nachdrücklich […] geostrategischen Krisenabwägungen zuwenden. Denn es ist offensichtlich, dass derzeit noch längst nicht alle möglichen Auswirkungen der Wirtschaftskrise mitgedacht werden. [Besonders] betrifft dies das ideologische Ringen zwischen Demokratien und Autokratien, wer das attraktivere Zukunftsmodell für die Entwicklung von Gesellschaften liefern kann. Eine ganze Generation westorientierter Regierungschefs in Entwicklungsländern könnte in die Defensive geraten, wie ihre Länder trotz schmerzhafter Reformen in wirtschaftliche Turbulenzen stürzen.“ Siehe Rinke, Andreas: Metamorphose der Geopolitik, in: Internationale Politik, Juni 2009, S. 38-43, S. 43.

[4] Karaganov, Sergei: A New Epoch of Confrontation, in: Russia in Global Affairs, Nr. 4, October-December 2007.

[5] Vgl. ausführlich Wagner, Jürgen: Metamorphose der Geopolitik: Westlicher Vormachtanspruch und der drohende Neue Kalte Krieg, in: Krisenmanagement: „Sicherheitsarchitektur“ im globalen Ausnahmezustand, Tübingen, April 2010, S. 5-14.

[6] Vgl. Nel, Philip: The Return of Inequality, in: Third World Quarterly, No. 4/2006, S. 689-706; Stiglitz, Joseph: Die Schatten der Globalisierung, Berlin 2002; Chang, Ha-Joon: Kicking Away the Ladder: The „Real“ History of Free Trade, Foreign Policy in Focus, Special Report, December 2003.

[7] Exemplarisch seien hier die Aussagen von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso in seinen „Politischen Leitlinien für die nächste Kommission“ vom 3. September 2009 angeführt: „Der erfolgreiche Abschluss der Doha-Runde hat auch weiterhin oberste Priorität. Aber wir müssen uns auch für Freihandelszonen und Handelsvereinbarungen einsetzen und sicherstellen, daß bei Handelsrunden die Interessen der EU gewahrt werden. […] Wir müssen daher stärker als bisher alle Register unserer Außenpolitik ziehen, um so mit ’sanfter Gewalt‘ solide Ergebnisse für die EU-Unternehmen und -Bürger zu erzielen. Das europäische Interesse muss in kohärenter Weise entschlossen geschützt und gefördert werden.“

[8] Brzoska, Michael: Wie werden wir die nächsten hundert Jahre überleben?, Zeit Online, 17.08.2006.

[9] Vgl. Collier, Paul: Breaking the conflict trap, World Bank Policy Research Report 2003; Congressional Budget Office: Enhancing US Security Through Foreign Aid, Washington, DC, April 1994; UN Millennium Project: Investing in Development, New York 2005; Nafziger, Wayne: Development, inequality, and war in Africa, in: The Economics of Peace and Security Journal, No. 1/2006, S. 13-19; Rice, Susan E./Graff, Corinne, Lewis, Janet: Poverty and Civil War: What Policymakers Need to Know, Brookings Working Paper, December 2006; vgl. für eine hervorragende Literaturübersicht Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung: Sicherheitsrisiko Klimawandel, Heidelberg 2008, S. 36ff.

[10] Ries, Thomas: The globalising security environment and the EU, in: Vasconcelos, Álvaro de (ed.): What ambitions for European defence in 2020?, Institute for Security Studies, Paris 20092, S. 61-74, S. 73.

[11] Ebd., S. 69.

[12] Zelik, Raul: Aufstandsbekämpfung und Besatzungskrieg, in: Peripherie, Nr. 116/2009, S. 425-447, S. 428.

[13] Brzezinski, Zbigniew: Major foreign policy challenges for the next US president, in: International Affairs, Nr. 1/2009, S. 53-60, S. 54.

[14] European Defence Agency: An Initial Long-Term Vision for European Defence Capability and Capacity Needs, Endorsed by the Steering Board on 3 October 2006.

[15] Vgl. Preble, Christopher /Logan, Justin: Failed States and Flawed Logic: The Case against a Standing Nation-Building Office, CATO Policy Analysis no. 560, January 11, 2006, S. 18. Manche Schätzungen liegen sogar noch höher. Vgl. Fick, Nathaniel/Nagl, John: Counterinsurgency Field Manual: Afghanistan Edition, in: Foreign Policy, Januar/Februar 2009.

[16] Korski, Daniel/Gowan, Richard: Can the EU rebuild failing states? ECFR Policy Paper, October 2009, S. 39.

[17] NATO 2020: Assured Security; Dynamic Engagement, May 17, 2010, S. 32.

[18] Schürkes, Jonna: Boots on the ground. Ausbildung und Ausrüstung von Sicherheitskräften in Drittstaaten, in: IMI (Hg.): Krisenmanagement: „Sicherheitsarchitektur“ im globalen Ausnahmezustand, Tübingen, April 2010, S. 31-41.

[19] Europäische Union: Ein sicheres Europa in einer besseren Welt. Europäische Sicherheitsstrategie, Brüssel, Dezember 2003, S. 11f.

[20] VENRO: Was will Deutschland am Hindukusch? Positionspapier Nr. 7/2009, S. 6.

[21] Vgl. Wagner, Jürgen: Prototyp Afghanistan: „Comprehensive Approach“ und Zivil-militärische Aufstandsbekämpfung der NATO, in: Becker, Johannes M./Wulf, Herbert (Hg.): Afghanistan: Ein Krieg in der Sackgasse, Münster 2010, S. 39-57.

[22] Noetzel, Timo/Zapfe, Martin: Aufstandsbekämpfung als Auftrag: Instrumente und Planungsstrukturen für den ISAF-Einsatz. SWP-Studie, Mai 2008, S. 24.

[23] Masala, Carlo: Managing Protectorates: Die vergessene Dimension, in: Politische Studien, Januar/Februar 2007, S. 49-55, S. 49.

[24] Vgl. zur Kritik des neoliberalen Nation Building Richmond, Oliver P./Franks, Jason: Liberal peace transitions: between statebuilding and peacebuilding, Edinburgh 2009; Chandler, David (ed.): Statebuilding and Intervention: Policies, Practices and Paradigms, London 2009; Newman, Edward/Paris, Roland/Richmond, Oliver P. (eds.): New Perspectives on Liberal Peacebuilding, Tokyo 2009; Paris, Robert/Sisk, Timothy D. (eds.): The Dilemmas of Statebuilding: Confronting the contradictions of postwar peace operations, London 2009; Pugh, Michael/Cooper, Neil/Turner, Mandy (eds.): Whose peace? critical perspectives on the political economy of peacebuilding, Basingstoke 2008; Barbara, Julien: Rethinking neo-liberal state building, in: Development in Practice, June 2008, S. 307-318; Lacher, Wolfram: Iraq: Exception to, or Epitome of Contemporary Post-Conflict Reconstruction?, in: International Peacekeeping, April 2007, S. 237-250; Chandler, David: Empire in Denial: The Politics of State-building, London 2006.

[25] Ötsch, Walter/Kapeller, Jakob: Neokonservativer Marktradikalismus. Das Fallbeispiel Irak, in: Internationale Politik und Gesellschaft 2/2009, S. 40-55, S. 47ff.; Kiechle, Brigitte: Das Kriegsunternehmen Irak. Eine Zwischenbilanz, Stuttgart 2006.

[26] Vgl. ausführlich Wagner, Jürgen: Testfall Afghanistan: Neoliberaler Umbau und Guerillakrieg, in: Wissenschaft & Frieden 3/2010.

[27] Bertelsmann Transformationsindex: Afghanistan: http://bti2003.bertelsmann-transformation-index.de/fileadmin/pdf/laendergutachten/asien_ozeanien/Afghanistan.pdf. Die Steuerbefreiungen wurden im Jahr 2005 teils modifiziert und etwas abgeschwächt. Vgl. World Bank: Afghanistan. Managing Public Finances for Development, Volume III, Report No. 34582-AF, December 22, 2005, S. 1.

[28] Afghanistan: Income Tax Law (consolidation to 31 March 2005), Article 3.

[29] Hofbauer, Hannes: Experiment Kosovo. Die Rückkehr des Kolonialismus, Wien 2008, S. 169.

[30] „Die Privatisierung im Kosovo kommt voran“, Interview mit Joachim Rücker, Deutsche Welle, 14.04.2005.

[31] Vgl. Wagner, Jürgen: Neue Kriege und Neoliberaler Kolonialismus: Systemadministration im Zeitalter des totalen Marktes, in: ÖSFK (Hg.): Söldner, Schurken, Seepiraten. Von der Privatisierung der Sicherheit und dem Chaos der „neuen“ Kriege, Berlin/Wien 2010, S. 180-200, S. 188ff.

[32] Kosovo führt Flat-Tax für Unternehmen ein, IPAK, 28.07.2008.

[33] Noetzel, Timo/Schreer, Benjamin: Strategien zur Aufstandsbekämpfung, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell, Januar 2008.

[34] Džihi, Vedran/Kramer, Helmut: Kosovo After Independence, Friedrich Ebert Stiftung, Juli 2009, S. 10.
[35] The Balkan Hawk 2009 CRC Exercises, NATO.int, 30.06.2009.

[36] Marischka, Christoph: Rüsten für den globalen Bürgerkrieg, IMI-Studie 2007/08, S. 3.

[37] Bentégeat, Henri: What aspirations for European defence?, in: Vasconcelos 2009, S. 97-106, S. 99.

[38] Vgl. Seifert, Andreas: Stabilität um jeden Preis? Umbau der Sicherheitsstruktur in der VR China, IMI-Studie 2009/08; ders.: China in Afrika. Zu einem anstehenden Paradigmenwechsel in der Frage der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten, IMI-Studie 2008/09.

http://imi-online.de/download/IMI-Studie2010-10.pdf